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Estés: Tiefenpsychologie für Frauen und Lebensläufe in Märchen

Das Erkennen negativer Lebenssituationen - die Befreiung vom Terror-Mann oder von Terror-Müttern. Märchenbeispiele

14.Kapitel: La Selva Subterránea: Einweihung in das Untergründige

von Michael Palomino (1994 / 2004)

Zusammenfassung aus: Clarissa Pinkola Estés: Die Wolfsfrau. Die Kraft der weiblichen Urinstinkte. Wilhelm Heyne Verlag, München, 1992

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14.Kapitel: La Selva Subterránea: Einweihung in das Untergründige

Literaturbeispiel: Märchen: "Die Jungfrau ohne Hände" (Hände ab und die teuflischen Kräfte von Neid und Verleumdung erkennen und überwinden lernen)

-- die Archetypen der Männer und Frauen
-- die Entwicklung des Lebens gemäss der Zahl 7



Die Jungfrau geht durch eine Serie von Härtetests

Die Jungfrau im Märchen muss einige Härtetests durchstehen, zum Beispiel im "unterirdischen Wald": Dort ist das urtümliche Instinktwissen der femininen Psyche beheimatet. Jeder Härtetest erfordert ein Opfer, gleichzeitig kommt eine neue Erhellung des Bewusstseins zustande, eine Erneuerung der Lichtkräfte, eine Abhärtung der Schwachpunkte.

Von dem Märchen gibt es mehr als 100 verschiedene Versionen. Dies ist die Lebensgeschichte aller Frauen, [denn sie müssen das Untergründige erfahren, weil sie Fruchtbarkeit und Abgeben der Fruchtbarkeit am eigenen Körper erfahren].

Am Ende der Schulung wird das Wesen gesund-wild und kann sich wehren.

Das Märchen: "Die Jungfrau ohne Hände"

Ein Müller verarmt und hat nur noch die leere Mühle, den Mühlstein und den Apfelbaum auf dem Hinterhof. Der Müller geht in den Wald Brennholz hacken. Da erscheint ein fremder Mann und verspricht ihm grossen Reichtum, wenn er das bekommt, was "hinter seiner Mühle steht." Der Müller meint, er tausche den Apfelbaum gegen Reichtum. Der Fremde sagt: "In drei Jahren hole ich mir, was mein ist", lächelt zum Schluss und humpelt davon.

Auf dem Nachhauseweg kommt die Müllersfrau dem Müller entgegen und berichtet, alle alten Möbel hätten sich in neue Möbel verwandelt und die Schränke seien voller Gold und Edelsteine. Sie bekommt edelsteinbesetzte Ringe an den Fingern, einen kostbaren Goldreif im Haar, und die alten Kleider des Müllers verwandeln sich in Seidengewänder. Die Müllersfrau will wissen, wie das möglich ist. Der Müller erzählt, er habe dem Fremden das versprochen, was "hinter seiner Mühle steht". Die Müllersfrau bricht zusammen, denn die Tochter fegte stundenlang den Hof. Der Müller hat seine Tochter verkauft.

Die Tochter bereitet sich 3 Jahre auf die Ankunft des Teufels vor, lehnt alle Liebeswerbungen von anderen ab. Am Tag der Ankunft vollzieht sie ein Ritual: Sie badet sich, legt ein weisses Kleid an und zieht mit Kreide einen weissen Kreis um sich. Der Teufel kommt und wird von einer unsichtbaren Gewalt zurückgeschleudert. Da fordert der Teufel, dass die Tochter sich nicht mehr bade oder wasche. Die Eltern überwachen die Tochter, sie darf mehrere Wochen lang nicht baden und sich nicht waschen, sie bekommt verfilzte Haare, eine schwarzgraue Haut und schmutzig verhärtete Kleider.

Als der Teufel erneut kommt, bricht die Tochter in Tränen aus, und die Tränen waschen ihre Hände, so dass sie wieder hell werden. Wieder wird der Teufel vom Zugriff abgehalten Da fordert er, dem Mädchen die Hände abzuhacken. Dies verweigert der Müller. Da droht der Teufel dem Müller und seiner Frau, "alles, was du im Umkreis von 100 Morgen siehst", umzubringen. Da bittet der Vater um Vergebung und hackt der Tochter die Hände ab.

Der Teufel kommt erneut, die Armstümpfe sind aber erneut von Tränen reingewaschen. Der Teufel wird wieder von einer unsichtbaren Macht weggeschleudert, weil die Tochter in einem Kreidekreis steht. Der Teufel verduftet und kommt nicht mehr. Er hat "seinen Anspruch auf die Jungfrau verwirkt". Gleichzeitig altern die Eltern in kürzester Zeit um 100 Jahre.

Die Familie bleibt reich, aber die Tochter will fort. Sie will lieber als Bettlerin leben, als vom Reichtum des Teufels zu leben. Die Tochter geht, kommt an einen königlichen Obstgarten mit goldig blinkenden Früchten im Mondlicht. Der Obstgarten ist durch einen Wassergraben geschützt, den die Tochter nicht durchqueren kann. Da schliesst ein weiss schimmernder Geist in der Nacht das Schleusentor, lässt das

Wasser abfliessen und die Tochter erreicht so die Birnbäume. Ein Ast senkt sich und die Tochter beisst ohne Hände von der Birne ab. Am nächsten Tag zählt der König die goldigen Früchte und stellt fest, dass eine Frucht fehlt. Der Gärtner berichtet von dem Vorfall. Der König beschliesst, die nächste Nacht selbst zu beobachten, zusammen mit dem Gärtner und dem Magier. Sie sehen dieselbe Szene noch einmal. Da beschliesst der König, die junge Frau zur Frau zu nehmen und zur Königin zu machen. Er lässt ihr silberne Hände schmieden und wird schwanger.

Da muss der König in den Krieg. Der König lässt die Königin mit seiner Mutter auf dem Königshof. Die Königin kann ein gesundes Königskind gebären. Ein Bote reitet aus, wird aber von Müdigkeit gepackt, schläft an einem Fluss ein, der Teufel erscheint und manipuliert die Botschaft ins Negative, die Königin habe einen Bastard halb Mensch halb räudiger Köter geboren. Der Bote merkt die Manipulation nicht, gibt die Botschaft dem König ab. Der König erschrickt, lässt melden, dass alle Untertanen sich um die Königin kümmern sollen. Der Kurier wird wieder müde, schläft wieder ein, und der Teufel manipuliert die Botschaft wieder ins Negative: "Tötet die Königin und ihre Kinder!"

Die Königin will eine Bestätigung der Botschaft, aber alle Kuriere werden manipuliert. Dies geht ein paar Mal so, so dass am Schluss der Befehl übermittelt wird, man solle dem König die Zunge und die Augen der Königin darbringen. Nun greift die Mutterkönigin ein und schlachtet ein Reh, verwahrt die Zunge und die Augen des Rehs und lässt die Königin mit dem Königskind an der Brust umgebunden verschleiert flüchten.

Die Königin gerät in einen dichten Wald. Da erscheint wieder ein weiss leuchtender Geist und leitet sie zu einer Waldherberge. Ein weisses Mädchen empfängt die verschleierte Königin und begrüsst sie mit ihrem Namen. Die Königin ist erstaunt, dass sie ihren Namen weiss. Das Mädchen antwortet, ihre Geschichte sei ihr bekannt. Die Königin bleibt 7 Jahre in der Waldherberge. Das Kind wächst heran und die Hände wachsen nach.

Der Krieg ist zu Ende und der König kehrt zurück. Erst bei der Rückkehr kommen alle Manipulationen ans Licht. Der König sucht die Königin im Wald 7 Jahre lang, isst nicht, trinkt nichts, wird von grösserer Macht am Leben gehalten. Nach 7 Jahren kommt er in der Waldherberge an, wo die Herbergsdame ihm im Schlaf einen Schleier übers Gesicht legt. Der Schleier wird von seinem Atem immer mehr weggepustet. Am nächsten Morgen sitzen seine Frau und das Kind neben ihm. Der König zweifelt aber, weil sie wieder Hände hat. Da zeigt die Königin die Kunsthände. Es kommt zum Waldfest, Triumphzug, zweite Hochzeit, und zur Gründung einer Grossfamilie.

Die Analyse der Entwicklungen:


1. Stufe: Der unwissentliche Pakt

Der Pakt mit dem Teufel: Tauschhandel: Reichtum gegen Tochter

Die Unvorsichtigkeit des Müllers ist Auslöser für das Drama, aber die Tochter und die Mutter lassen dem Geschehen zwischen dem Müller und dem Teufel ihren Lauf. Das Ursprüngliche, in diesem Fall eine Tochter, wird gegen etwas Äusserliches und Lebloses, den Reichtum, eingetauscht. Ein solcher Tausch ist immer ein Pakt mit dem Teufel.

Gemäss Estés lässt sich jede Frau [und auch die Männer!] über kurz oder lang auf einen solchen Handel ein, weil der Animus noch nicht entwickelt ist. Der väterliche Aspekt, der Animus, verkauft die Frau. Das Mädchen folgt noch einige Zeit lang den Anweisungen des Vaters.

In Realität verkauft sich die Frau selbst. Sie verspricht sich dadurch Sicherheit und Geborgenheit. Die Frau wird betrogen und muss sofort Gegenstrategien und ein eigenes Bewusstsein entwickeln.

Symbole: Müller und Mühle

-- beides repräsentiert den Vorgang des Mahlens und Zermahlens
-- beides repräsentiert Verwandlung von Rohmaterial in feine Nahrung
-- symbolisch wird in der Mühle psychische Information umgeformt in geistige Nahrung, die Mühle repräsentiert die Verarbeitung von Gedanken.

Die Situation des Müllers: Pleite und geistiger Stillstand

[-- nicht erwähnt: wieso ist der Müller bankrott gegangen?
-- hat er keine andere Möglichkeit zu Erwerb zu kommen?]

Szene im Märchen:
Die Mühle ist stillgelegt, der Müller ist arbeitslos, die Mühle produziert keine Nahrung mehr

Deutung:
-- die Psyche verarbeitet keine Informationen mehr
-- es herrscht geistige Leere.

Estés: Die geistige Verarbeitung stockt mit 11 Jahren

Gemäss der Erfahrung der Therapiearbeit von Estés stockt mit 11 Jahren die psychische Verarbeitung von Information:
-- die Kinder vergleichen sich nur noch
-- der Blick der Kinder wird abwesend, vorher hatten sie noch strahlende Augen
-- die Kinder werden oft verschlossen, gegen aussen sind sie "cool"
-- die Kinder sind dermassen mit Vergleichen und Abwägungen beschäftigt, dass sie auf geistige und psychische Prozesse nicht mehr ansprechbar sind
-- die Instinktnatur wird wie mit einem Schleier belegt
-- wenn ein Tauschhandel in diesem Moment angeboten wird, so greifen die Halbwüchsigen bedenkenlos zum Geld und geben den Lebensfaden her, sie sind verführbar, der "Verdunkelungsaspekt", der Teufel, hat die Unschuld geraubt.

Frauen lassen sich für Äusserlichkeiten ausnutzen

-- Frauen lassen sich gerne treiben und vom inneren Weg abbringen und vermeiden so, dass sie Nein sagen müssen
-- Frauen vermeiden damit auch, die Zuneigung von Mitmenschen aufs Spiel zu setzen
-- so verkaufen sich die Frauen aber permanent, statt dass sie nach ihren Instinkten leben.

Symbol: Apfelbaum im Frühling

Der Apfelbaum steht noch vor dem Austreiben, wie die Tochter mit 11 Jahren. Die Früchte und die Entwicklung stehen noch bevor.

Das Wesen des Müllers: ein Grobian

Szene im Märchen:
Der Müller geht Holz hacken und nimmt den Tauschhandel an, für einen Apfelbaum reich werden zu wollen.

Deutung:
-- Holz hacken: Dies ist die Art des Müllers, etwas an seiner Situation verändern zu wollen
-- das Geldangebot des Fremden lässt seine Energie verführen, er hofft auf ein "Wunder", dies ist sehr bequem, denn der Müller will nicht weiter an sich arbeiten

-- der Müller ist ein psychischer Grobian, gibt den Apfelbaum her, zieht das Geld der femininen Schöpferkraft vor und löst so bei der Tochter den Einweihungsprozess aus, der in verschiedenen Entwicklungsstufen verlaufen wird
-- im übertragenen Sinn gesagt: Der Müller ist so verblendet und für das Geld empfänglich, dass er das Kleingedruckte im Vertrag nicht liest.


2. Stufe: Die Zerstückelung

Symbol: Hände abhacken

Damit sind v.a. die inneren Hände gemeint. Sie sollen verkümmern.

Oft heiraten Frauen wegen des Geldes und geben dann ihre Kreativität auf. Sie hacken sich quasi selbst die Hände ab und lassen den Mann bestimmen, was sie zu tun haben. Sie lassen sich die eigenen "Hände" abhacken.

Die Patriarchatsgesellschaft: Die Frauen gehorchen und der Teufel herrscht

-- der Müller stimmt dem Tochteropfer zu, obwohl es auch ihn schmerzt
-- die Tochter kommt in eine geistige Wachstumsphase und hat dazu 3 Jahre Zeit
-- die Tochter ist psychisch absolut absorbiert und lässt keinen Bewerber an sich heran, sie erforscht sich selber, geht in sich, sie sammelt sich 3 Jahre lang
-- es ist die Vorbereitung, die "Unterwelt" der Psyche zu erforschen, wo kein Mann Platz hat, sie ist äusserlich absolut lustlos, sie ist kaum mehr produktiv und kann sich kaum noch konzentrieren.

Der Kult der Einweihung vor der Ankunft des Teufels

Szene im Märchen:
Die Tochter badet, kleidet sich in Weiss und macht einen weissen Kreidekreis um sich.

Deutung:
-- dies ist eine uralte rituelle Waschung der Göttinnen-Kulte
-- das weisse Gewand ist das Kleid für den Abstieg ins Totenreich
-- gleichzeitig erwartet das Mädchen den Schicksalsschlag.

Symbol: Die Tochter steht im weissen Kreis - der Teufel kann nicht in den Kreis

Szene im Märchen:
Der Teufel kommt, die Tochter steht im weissen Kreis und der Teufel wird von einer unsichtbaren Macht zurückgeschleudert.

Deutung:
-- es ist die Kraft in höchster Not, der Gedankenblitz
-- diese Kraft, die nur in tödlichen Situationen aufkommt, schleudert den Teufel zurück.

Symbol: der Kreidekreis

Deutung:
-- der Kreis ist das Symbol für die Seele selbst, und diese Seele ist unzerstörbar
-- das Wissen um die Unverletzlichkeit der Seele verleiht die Kraft der Immunität gegen das Böse.

Tränen retten das Mädchen vor dem Teufel

Szene im Märchen:

Der Teufel verlangt, dass die Tochter sich nicht mehr wäscht und badet.

Deutung:
Der Teufel will die Tochter aus der Zivilisation heraushalten und meint, sie sei dann eher für ihn zugänglich. Dies gelingt aber nicht: Die Psyche des Mädchens bleibt gleich stark. Dem Mädchen macht diese Vorschrift auch nicht viel aus, denn Frauen, die das Untergründige erkunden, sind oft so mit sich selbst beschäftigt, dass sie auf Äusserlichkeiten keinen Wert legen.

Szene im Märchen:
Die verwilderte Tochter im kreis. Die Tränen waschen ihre Hände und der Teufel kommt nicht ran.

Deutung:
Die Tränen kommen aus dem Urinnersten und das wildnatürliche Selbst wird immer stärker. Die Tränen sind wie Weihwasser, das den Teufel vertreibt.

Die Phase des Weinens bei Frauen

Frauen weinen gemäss Estés manchmal beim geringsten Anlass, ohne dass sie selber wissen warum. Es braut sich etwas zusammen, dringt an die Oberfläche, wird vom Tränenstrom an die Oberfläche gespült. Der Teufel oder Männer haben bei diesem Prozess nichts zu suchen. Die Seele erzeugt das "heilende Wässerchen" als Schutz gegen die Oberflächlichkeit.

Das Abhacken der Hände und die Neuorientierung für die Tochter weg von den Eltern

Szene im Märchen:
Der Teufel verlangt das Abhacken der Hände der Tochter und alles wird vernichtet werden, wenn die Hände nicht abgehackt werden.

Deutung:
Der Teufel verlangt, dass die Frau die psychischen Fähigkeit verlieren soll, etwas zu begreifen. Seine Drohung, im Umkreis von 100 Morgen alles zu vernichten, bedeutet, dass er die gesamte Psyche vernichten will.

Die Tochter ist im Animus noch zu schwach, um sich zu wehren. Der männliche, väterliche Aspekt ist noch nicht ausgebildet. Die Tochter sieht immer noch keinen Fluchtweg.

Szene im Märchen:
Der Müller hackt der Tochter die Hände ab und bittet dabei um Vergebung.

Deutung:
-- der Animus der Tochter lässt immer noch alles mit sich machen
-- der unterentwickelte Vater will seinen Reichtum retten, spielt mit und fleht gleichzeitig um Vergebung: Der psychische Vater in der Tochter schwingt das Hackbeil

Die Tochter ist sofort gezeichnet und ist nun voll im Drama der psychischen Unterwelt, sie wird vom bisherigen Leben getrennt und muss das Leben massiv umstellen. Es ist der Eintritt in ein anderes Leben. Dem Ego werden die Greifer abgetrennt. Das Ego muss sich nun psychisch orientieren.

Zum Teil wird bei Völkerstämmen das Silberbeil als ritueller Gegenstand verehrt, um sich von gewissen Lebensumständen zu trennen.

Die Tochter nimmt das Abhacken ihrer Hände hin und erklärt sich bereit, sich von der bisherigen Welt zu trennen. Es ist wie ein Blitzschlag, der einen Baum trifft. Egoistische Taten sind ab sofort unmöglich. Sie muss nun alle anderen Fähigkeiten entwickeln.

Szene im Märchen:
Die Eltern altern in kürzester Zeit um 100 Jahre.

Deutung:
Die Eltern haben für die Tochter ausgedient. Die Tochter bezieht sich ab sofort nur noch auf ihre Werte.


3. Stufe: Die Wanderschaft

Die Wanderschaft: Suche nach dem eigenen Wesensgrund

ist die Suche nach Vereinigung mit dem wilden Selbst oder Wesensgrund. Die Tochter lehnt es ab, bei den Eltern als reiche Jungfer zu leben. Das Leben mit den Eltern stirbt, und das eigene Leben beginnt. Dies ist die Wiederauferstehung. Die Tochter wird zur archetypischen Wölfin, zur Einzelgängerin, lebt im Wald ausserhalb der "Zivilisations"-Norm. Sie folgt ihren eigenen inneren Seelen-Gesetzen. Sie steht dabei für alle Wahrheitssuchenden.

Das Matriarchat förderte die Suche nach dem eigenen Wesensgrund

Die Frauen wurden gezielt auf Wanderschaft und Suche nach dem König in der Unterwelt vorbereitet. Frauen, denen auch die Rückkehr in die Oberwelt gelang, wurden als Hohepriesterinnen und "Weltmütter" verehrt. Im Matriarchat wurde der Gang in die Unterwelt bei den Frauen erwartet und ohne dramatische Einschnitte vollzogen.

Der Abstieg in seelische Unterwelt

ist wie ein alchimistischer Verwandlungsprozess mit verschiedenen Stadien:
1. schwarzes, dunkles, auflösendes Stadium: der Pakt mit dem Teufel
2. rotes, blutopferndes Stadium: das Opfer, das Abhacken der Hände
3. weisses, wiederbelebendes Stadium: der Auszug von zu Hause auf den eigenen Weg.

Der Obstgarten des Königs mit den goldenen Früchten

Szene im Märchen:
Die Tochter wandert bis zum königlichen Obstgarten an den Wassergraben.

Deutung:
Der Appetit auf die "feinen" Dinge der "Zivilisation" ist der Tochter vergangen. Etwas Obst genügt. Alle Reize der äusseren Welt zählen nicht mehr. Die Tochter hat nach der langen Wanderung Hunger.

Symbol: Wassergraben als Trennung der verschiedenen Welten

Der Wassergraben ist in der griechischen Mythologie eine Trennlinie zum Totenreich: der Fluss Styx. Er ist der Gedächtnisfluss der ganzen Welt. Der Geist des Egos spukt dort noch herum, geht aber schlussendlich unter.

Szene im Märchen:
Der weiss leuchtende Geist erscheint als Hilfe, bedient die Schleuse und entleert den Graben.

Deutung:
Der weiss leuchtende Geist ist wieder "die mysteriöse Kraft, die in einem vollkommen wehrlosen Bewusstsein mobilisiert wird." Zur Überwindung des verwirrenden Styx ist ein Seelenführer notwendig, hier in Form des weiss schimmernden Geistes.

Seelenführer im Matriarchat / Altertum

Jeder Einweihungskandidat bekam mindestens einen Seelenführer. In der griechischen Mythologie kommen solche Seelenführer oft vor, z.B. Wolfsfrauen, Löwenfrauen und andere mystische Figuren. Navajos beschwören bei ihren Heilzeremonien und Einweihungsriten die Naturgeister als Leitpersonen herauf.

Unterwelt = "das Unbewusste im Menschen"

Die Unterwelt ist "ein feinstoffliches Gedanken- und Energiereich" mit allen möglichen Bildern, Archetypen, Verlockungen und Bedrohungen. Diejenigen, die die Unterwelt erstmals erforschen, können sich in hypnotischen Phantasiegebilden des Unbewussten verlieren. Deswegen ist ein Führer nötig.

Die handlose Tochter verkörpert eine ego-lose Tochter, die geführt werden muss.

Symbol: Birnbaum als Lebensbaum

Der Birnbaum ist für die Tochter ohne Hände der Baum des Lebens. Die Frucht gibt das tiefere Wissen und verleiht noch mehr innere Kraft. Der Ast beugt sich nach unten. Der Lebensbaum spendet willig dem ego-losen Menschen die Frucht des Lebens zur psychischen Regeneration, so viele Früchte, wie nötig sind.


4. Stufe: Liebe in der Unterwelt

Szene im Märchen:
Der König zählt die Früchte und stellt fest, dass eine fehlt. Der König will sehen, wer da Früchte klaut und beobachtet die nächste Nacht mit dem Gärtner und dem Magier denselben Vorgang noch einmal.

Die Archetypen der Männer und der Frauen
(Estés, S.434-436)

Tabelle: Die 3 männlichen Aspekte / Archetypen
Gärtner König Magier
= Kultivator, Hüter des seelischen Wachstums, wandelt Energie in Zyklen um, sät, hütet Setzlinge und erntet zur psychischen Erneuerung = Symbol für den eingeweihten Animus, hat grosses Wissen, setzt seine tiefinnersten Erkenntnisse leicht in Taten um, ist der Sohn der Königinmutter und eine der wichtigsten Vitalfunktionen in der Psyche.
Der König ersetzt in der Frau die alten Vorstellungen und "repräsentiert [...] die Erneuerung der vorherrschenden Ansichten und Gesetze in der Psyche einer Frau".
= Ratgeber des Königs bei unerklärlichen Ereignissen, steht symbolisch für die weiblichen Instinktnatur, für Hellsicht, für das emphatische / sich einfühlende Hellfühlen und Hellhörigkeit


Tabelle: Die 3 weiblichen Aspekte / Archetypen
Jungfrau Mutter / weise Frau weise Alte / weise Hexe
= die "Unschuld" in jungen Jahren, wo die Psyche noch schläft, dahinter steht die kühne Kriegerin mit Ausdauer und Zähigkeit einer Wölfin. Die Mutter befielt der Jungfrau / leitet die Jungfrau, und es gilt der Gehorsam. = der weiss schimmernde Geist, ist der gütige Seelenführer und Heilskünder, Weiss als Symbol für ungetrübtes Bewusstsein für Tod und Auferstehung;
Der weiss schimmernde Geist ist in der Psychiatrie der innere Wegweiser, eine Art Intuition.
= die Kraft, die das Mädchen / die Jungfrau meist auf die Probe stellt und die Tiefen der Seele aufzeigt, ist die feminine Autorität als fruchtbare Erdenmutter, sie ist der Urschlamm und gibt die auslösenden Lebensfunken.


Szene im Märchen:
Der Teufel stellt das Mädchen auf die Probe.

Deutung:
Der Teufel übernimmt die Rolle der weisen Alten. dadurch ist jede Doppeldeutung, die bei Hexen noch möglich wäre, ausgeschlossen.

Der Teufel

-- ist der innere Räuber, ist "der psychische Verdunkelungswille schlechthin"
-- die Betroffenen, die durch teuflische Mächte unterdrückt werden, sind gefordert, diese teuflischen Mächte zu durchschauen und entsprechend gescheiter zu werden.

Die Tochter ist zum 2.Mal im Obstgarten

Szene im Märchen:
Der Gärtner, der König und der Magier beobachten die Tochter und den Schutzgeist ein zweites Mal beim Obstklau.

Deutung:
Der Garten ist der Garten der Urmutter. Die verschiedenen Aspekte des Psyche drängen in der Tochter auf Synthese, auf die "Unio Mystica". Die Tochter nimmt von der Lebensenergie, um eine ausgeglichene Person zu werden.

Szene im Märchen:
Birnen essen.

Deutung:
Alle Früchte mit innerlichen Keimen sind Früchte des Lebens und Symbol für den Mutterschoss: Birnen, Äpfel, Feigen, Pfirsich u.a. Birne ist hier Symbol für die Gebärmutter, aus der ein neues Selbstverständnis erwächst.

Szene im Märchen:
Die Tochter klaut ein zweites Mal vom Lebensbaum.

Deutung:
Der König merkt, dass der Geist und die Tochter auch ein zweites Mal stärker sind als der Schutzgraben um den Garten, und der Magier steht beratend zur Seite. Die Tochter hat im Garten der Weisheit "Fuss gefasst".

Szene im Märchen:
Der weiss schimmernde Geist lässt das Wasser ablaufen.

Deutung:
Es hilft der Tochter enorm, dass das Wasser ganz abgelaufen ist und sie auf dem Grund den Garten erreichen kann. In anderen Märchen müssen die Frauen den Fluss durchwaten oder vom Wasser trinken, wodurch die Frauen immer die Vorstellung haben, sie müssten sterben oder untergehen. Diese Vorstellung ist hier vermieden.

Szene im Märchen:
Der Magier fragt, von welcher Welt die Tochter sei. Die Tochter antwortet: von dieser, und von einer anderen Welt.


Deutung:
Die Tochter kann sich noch nicht entscheiden, in welcher Welt sie leben möchte. Viele Menschen empfinden die weltliche Welt als zu trivial und wollen am liebsten vollends untertauchen. Die Spannung zwischen Ober- und Unterwelt ist aber genau die Bedingung, die den geistigen Lernprozess am meisten beschwingt: die "mystische Vereinigung aller vermeintlichen Gegensätze."

Szene im Märchen:
Der König verkündet, er wolle die Frau im Garten heiraten.

Deutung:
Auf diesen Moment, dass eine Frau seinen Garten ["zum Fressen"] gern hat, hat der König schon lange gewartet. Endlich ist jemand zugegen, der auf seine psychische Welt anspricht.

gemäss Estés ist es nur in dem Zustand im "Garten" der tiefen eigenen Psyche möglich, dass Männer einer Frau die ewige Liebe schwören, so dass eine psychische Vereinigung von männlicher und weiblicher Energie möglich ist.

Die Frau findet den König ihrer eigenen Psyche. Sie "verbindet in sich die hervorragendsten Eigenschaften beider Geschlechter, beider Welten, beider Ahnenlinien - der körperlichen und der seelischen."

Die Frau wird damit zur "zweimal Geborenen".

Die silbernen Hände für die Königsfrau

Szene im Märchen:
Der König lässt der Frau zwei silberne Hände schmieden.

Deutung:
Der König verschafft seiner neuen Frau neue spirituelle Hände zum besseren Begreifen und zum Umformen ihrer Innenwelten zur Transformation der Seele. Nun bekommt die Frau gegenüber der gesamten psychischen Welt "Hand und Fuss".

-- die Frau kann nun selbst wieder psychische Prozesse vornehmen
-- die Hände sind auch als heilende Hände zu verstehen, als Talent, das von der Königin der Unterwelt entwickelt wird
-- die silbernen Hände sind die Belohnung für den Abstieg in die Unterwelt, die Frau erhält neue Greifwerkzeuge
-- die heilenden Hände sind "eine Abwandlung der Königskrone", sind ein "Zeichen der königlichen Würde einer so tief gesunkenen, so hoch aufgestiegenen Frau"
-- der/die Betroffene ist zur "Königin über das Totenreich und als Auferstandene von den Toten gekrönt worden.

Die Vereinigung mit dem König ist erfolgt, aber der Abstieg ist erst halb geschafft. Es sollen noch weitere Tiefen der Unterwelt erforscht werden.


5. Stufe: Die tiefere Verbannung

Szene im Märchen:
Der König muss in den Kriegt ziehen und muss die schwangere Frau am Hof lassen.

Deutung:
-- dies ist die erste Belastungsprobe der Bindung

-- der Auszug des Königs von zu Hause ist universelles Leitmotiv
-- die Frau muss ohne den Schutz des Königs auskommen lernen und es beginnt ein neuer Abstieg in neue seelische Welten; neue Belohnungen und Erkenntnisse warten
-- die Frau kann aber nun mit einem erstarkten Selbst und mit dem königlichen, männlichen Prinzip arbeiten, mit der Erinnerung als Stütze, mit luxuriöser Versorgung, mit orgasmischen Energien, die allein schon durch die Erinnerung ausgelöst werden

Die Schwangerschaft als neues Moment im Frauenleben

-- die Schwangerschaft und das alleinige Arbeiten mit allen männlichen Aspekten ergibt neue Perspektiven und neue Pläne, es ist ein kompletter Interessenwechsel möglich, bei älteren Frauen ist eine drastische Umkehr und eine "Neugeburt" möglich
-- bis dahin hält die Frau einzelne Aspekte und Persönlichkeiten im Inneren für ständig ein- und auswandernde Eindringlinge.

Die Änderungen der Wertvorstellungen während der Schwangerschaft
(S.440-441)

Estés:
"Während der Schwangerschaft fallen viele Frauen in einen höchst befremdlichen Zustand, in dem die bisherigen Wertvorstellungen ihre Bedeutung verlieren."

Zusätzlich kommt es "in manchen Fällen" zu "neuen, in manchen Fällen extrem ungewöhnlichen Regungen."

z.B.
-- Ausbruch aus der Ehe, der bisherige Lebensstil, der bisherige Partner, der eigene Körper werden als unerträglich empfunden
-- die Frauen wollen alleine leben
-- die Frauen stiften Verwirrung und Unruhe mitneuen Emotionen gegen alle bisherigen Grenzen
-- es kommt eine rasende Sehnsucht und Heisshunger auf nach völlig neuen Gerichten und Tätigkeiten, auch in der Natur, die Schwangeren gehen im Wind spazieren, oder starren stundenlang in den Himmel, oder tanzen nackt im Regen, oder sitzen einfach still in der Ecke, oder backen mitten in der Nacht Käsekuchen oder etc. etc.

Estés meint, dies soll die Gesellschaft nicht sorgen:
"Kein Grund zur Sorge: Ein neues Selbst ist unterwegs."

Das ganze Innenleben der Frau wird umgekrempelt und neue Ziele werden definiert. Durch die Abkehr von der Oberfläche und durch die Zuwendung zur Unterwelt reift das kindliche Selbst heran. Estés:
"In den meisten Fällen wird die Geburt des Ersehnten in nächtlichen Träumen angekündigt; man träumt buchstäblich von einem neu geborenen Kind, einem neuen Haus, einem neuen Leben."

Dabei tritt der König in den Hintergrund, und die Mutter ist mit der Königinmutter zusammen, mit der alten Wissenden, mit der La Que Sabé, der Heilerin, Hexe und Urmutter zugleich.

[Im Märchen ist der König während des letzten Teils der Schwangerschaft gar nicht mehr da].


Die Geburt des Kindes als neues Moment im Frauenleben: absolute Selbstreflexion

Deutung:
-- die Geburt des Kindes ist für die Frau auch eine Geburt eines neuen psychischen Aspekts, ist die Geburt eines neuen "Bewusstseins eines einzigen, ungeteilten Selbst"
-- es ist eine Geburt von neuem Leben "in der Unterwelt"

-- es wird der Frau klar, dass alles, von dem sie bewegt und berührt wird, von ihr selbst stammt
-- aber die Frauen können oft nicht unterscheiden oder erkennen, dass es ihre eigenen Gedanken- und Gefühlskonstruktionen sind
-- die Herausforderung ist für die Frauen, dies erkennen zu lernen.

Der Erkenntnisprozess nach der Geburt

-- die Frau muss erkennen, dass sie in eine leichte oder schwerere Psychose geraten ist
-- die Frau muss erkennen, dass sie bestimmte Aspekte im Leben ablehnt und sich von den Aspekten abgespalten hat
-- eines Tages werden von den Frauen alle Teilaspekte der Psyche wahrgenommen und müssen einer inneren Ordnung unterstellt werden: Dies ist die innere Integrationsarbeit.

Die Verfälschungen von Botschaften durch den Teufel

Szene im Märchen:
Geburt des Königskindes. Der Bote, der die frohe Botschaft dem König überbringen soll, schläft am Ufer eines Flusses ein. Der Teufel kann die Botschaften vertauschen, so dass der König eine negative Botschaft von einem Kind halb Mensch halb Hund erhält.

Deutung:
-- der Kurier steht für die blitzschnelle, intrapsychische Kommunikation zwischen König und Königin
-- der Teufel ist der Neider und Miesmacher, [er repräsentiert die niedere Gesellschaft]
-- der Sendbote lässt sich hypnotisieren und vergisst seine Botschaft
-- das Kommunikationsnetz ist noch nicht ausgereift, kann der destruktiven Kraft in der Psyche noch nicht widerstehen

Der Hund-Mensch

Deutung einer Hund-Menschen-Geburt:
-- die Königin könnte mit einem Hund Sex gehabt haben und den König mit einem Hund betrogen haben
-- die Frau könnte ein satanisch-hundeartiges Wesen zur Welt gebracht haben.

Gemäss Estés wird hier klar, dass der Teufel eine später dem Märchen zugefügte Gestalt ist.

Deutung von Hund-Menschen: Die männlichen Religionen verfemen die Mensch-Tier-Wesen

Die ursprüngliche Bedeutung von Zwitterwesen zwischen Hund und Mensch war sehr positiv. In Göttinnen-Kulten Europas und Asiens galten diese Gestalten als heilig, z.B. Hund-Menschen, Menschen mit anderen animalischen Attributen, oder auch Frauen mit drei Tierköpfen als Verkörperung der Instinktnatur.

Erst die männlich bestimmten Religionen der westlichen Welt haben die Mensch-Tier-Figuren tabuisiert und damit auch das Wissen um die Sexualität tabuisiert und so die Aspekte des Lebens verzerrt, mit der Behauptung, es werde mit Tieren Sex getrieben, um die Menschen zu den patriarchischen Religionen zu treiben. Die alten weisen Glaubensrichtungen wurden abgedrängt. Sie wurden zuerst noch streng geheim praktiziert, dann gab es nur noch letzte Eingeweihte, dann nur noch die Legenden. Heute sind diese Weisheiten nur noch in Trancezuständen oder Traumsymbolen zu finden.

Der Teufel der patriarchalen Ein-Gott-Religionen wollen die Entwicklung der Frau verhindern: Manipulation der Botschaften

Der Teufel verkörpert die negative Energie der Ein-Gott-Religion. Dieser Teufel der Ein-Gott-Religionen will die Menschenentwicklung behindern und die Menschen gefügig machen: Estés:
"Der Teufel in diesem Märchen repräsentiert alles, was die tieferen Vorgänge in der Seele eines Menschen korrumpiert, ganz speziell das Seelenleben der Frau im Zuge der uralten, universellen Bewusstseinsentwicklung von der abhängigen Jungfrau zur vollreifen "zweimal Geborenen". (S.442)

Szene im Märchen:
Der Teufel tauscht die Botschaften aus.

Deutung:
Der Teufel stellt die rigiden Wertvorstellungen der patriarchischen Ein-Gott-Religionen dar. Die patriarchische Ein-Gott-Religion tut alles, um der Entwicklung der Königin zu schaden und verleumdet sie über alle Massen bis zum Aufruf zur Verstümmelung.

Estés:
"Wenn der Teufel die Botschaft des Kuriers vertauscht, tut er nichts anderes, als was oft tatsächlich noch geschieht: dass unsere Kultur (d.h. die Gemeinschaft mit ihren vorherrschenden Ansichten und Glaubensvorstellungen) sich immer noch teuflisch gegenüber psychischen Entwicklungsprozessen bei Frauen verhält, indem hier etwas abgeschnitten, dort etwas ausradiert und da ein Pflänzchen samt Wurzel ausgerissen wird." (S.442-443)

-- der Teufel versucht, die Geburt des kindlich-königlichen Selbst in ein zweifelhaftes Licht zu rücken
-- die Frau vergeht im Selbstzweifel und kann sich selbst nicht richtig bewerten, muss mit dem Strom irritierender Botschaften fertig werden
-- am Ende fordert der Teufel weitere Amputationen: Zunge weg, Augen weg, denn die frau soll die Wahrheit nicht sehen und auch nicht mehr sagen können.

Zustand des Königs und der Königin - die Königinmutter greift ein

-- der Teufel und seine Wertvorstellungen haben die Psyche und die ganze Kultur unterwandert
-- die Königinmutter durchschaut das Manöver und sorgt, dass die Befehle des Teufels keine Verstümmelung an Menschen mehr zur Folge haben.

Szene im Märchen:
Die Königinmutter schickt die Königin verschleiert mit dem Baby an der Brust weg in den Wald

Deutung:
-- die Königinmutter könnte selbst zum König reiten und die Missverständnisse klären
-- die Königin gerät in einen psychischen Urwald, mit neuen Lernprozessen und Erkenntnissen
-- der Teufel provoziert, dass die Königin nur noch gescheiter wird und noch mehr über die psychischen Manipulationen und über das Unbewusstsein und über das Tiefenbewusstsein erfährt.

Symbol: Schleier

Schleier als Symbol der Abschirmung
Der Schleier ist ein Symbol der alten Göttinnen-Kulte für Pilgerinnen, die auf der Wahrheitssuche sind. Sie wollen nicht erkannt werden und wollen von ihrem Vorhaben nicht abgebracht werden.

Schleier in der griechischen Kultur:
Auch die Einweihungskandidatinnen der eleusinischen Kulte in Griechenland sind so dargestellt: Die Frauen warten vor dem Abstieg in der Unterwelt im Schleier.

Der Schleier ist allgemein ein Symbol für Privatheit und Schutz vor den weltlichen, unbeherrschten Kräften

-- der Schleier dient dem Prozess, dass neu gewonnene Lebensenergie so lange "gekocht" werden muss, bis sie geniessbar ist [ganzheitliche Synthese], wie ein Hefeteig, der aufgeht: Die neue Wahrheit "geht auf", muss eine Zeit lang zurückgehalten werden und verdeckt werden

-- Menschen, die sich in psychischen Entwicklungsphasen befinden, sollen nicht jedem Bittsteller oder Fragesteller gegenübertreten müssen; der Schleier macht unantastbar, auch die verschleierte Psyche ist unantastbar

-- der Schleier ist ausserdem Symbol für Illusion, Täuschungsmanöver, Selbsttäuschung, für heranwachsendes Geheimwissen

Der zweite Gang in den Wald nach der Geburt

-- ist eine Phase ohne Euphorie und ist nur schwer zu ertragen
-- die Suche nach Selbsterkenntnis ist übermächtig, die Betroffene sucht nach noch tieferem Wissen
-- ist die Suche nach der Urheimat im Unbewussten
-- die Königin hat ausserdem neue Seelenfähigkeiten dazugewonnen
-- die Königin ist durch Verleumdungen eine Königin ohne Regierungsgewalt geworden.

Das zweite Blutopfer: das Reh

Deutung gemäss den tieferen Mysterien:
-- die Königin hat als Kandidatin für die Unterwelt die Energie eines geheiligten Rehs absorbiert
-- das Reh als Muttertier ist wieder eine Form der wilden Mutter, mit Eigenschaften wie Leichtfüssigkeit, Gewandtheit, Wachsamkeit, Sanftmut und scheu.


6.Stufe: Das Reich der wilden Frau

Szene im Märchen:
Ankunft in einer Waldherberge, Empfand durch ein weiss gekleidetes Mädchen, das die Königin sofort beim Namen nennt und über die Vorgänge Bescheid weiss, ohne dass die Königin sich vorstellen muss.

Deutung:
-- das weiss gekleidete Mädchen ist eine weitere Version der Seelenführerin und Wegbegleiterin, eine Version der weissen, wilden Frau, ein Aspekt der 3-köpfigen Göttin
-- in diesem Wald sind "die Bewohner über sämtliche Vorgänge im Königshaus der Psyche unterrichtet".

Szene im Märchen:
Die Königin lebt 7 Jahre im Waldhaus mit dem Kind, und die Hände wachsen schrittweise nach.

Deutung:
-- 7 Jahre lang verfestigt sich das neugeborene, kindliche Selbst
-- das neue Bewusstsein kann im unterirdischen Seelenreich der wilden Frau Wurzeln schlagen
-- die einzelnen Phasen der 7 Jahre sind im Märchen ausgelassen, gemäss Estés hat die patriarchale Ein-Gott-Religion-Zensur diese Entwicklungsphasen unterschlagen
-- Estés schätzt, dass das Mädchen in Weiss in der Herberge mit der Königin die 7 Wachstumsstufen durchlebt, eine pro Jahr [vielleicht auch mit Liebe von Frau zu Frau etc.]

Zweiteilung des Lebens
bis 40: viel Sex, viel rationales Denken, wenig feine Wahrnehmung
ab 40: weniger Sex, weniger rationales Denken, dafür erfolgen immer mehr feinere Wahrnehmungen im ätherischen Körper.


Am Ende der Entwicklung scheint die Seele durchzuscheinen, denn die Schutzschichten von Ego und Intellekt werden dünner und dünner. Die Regungen der Seele sind durch die Körper-Geist-Hülle nicht mehr verdeckt.

Szene im Märchen:
Die Hände wachsen schrittweise nach.

Deutung:
Allmählich lernt die Königin mit der unsichtbaren Seelenwelt umzugehen. Nach 7 Jahren hat sie "die Hände einer erwachsenen Eingeweihten, mit denen alles Nicht-Konkrete, alles Metaphorische, Seelische und Unaussprechliche erfasst wird

Das Begreifen geht unmittelbar und spontan vor sich. Das Begriffsvermögen wird grösser, und eines Tages wird "die Entwicklungsstufe des spirituellen Erwachsenseins" erreicht.

Auch das Kind-Selbst wird 7 Jahre älter und zusehends aktiver. Insgesamt ist es eine Zeit der "Irrungen und Wirrungen". Am Schluss "entsteht ein vereinigtes mütterliches und kindliches Selbst". Nun fehlt aber noch der König.


7.Stufe: Das wilde Brautpaar

Szene im Märchen:
Der König muss 7 Jahre die Königin suchen und isst und trinkt nicht, wird aber von einer grösseren Macht als der eigenen erhalten.

Deutung:
-- das Verhalten 7 Jahre nichts zu essen und zu trinken ist ein radikaler Purifikationsritus zur Vereinigung aller Aspekte
-- ist eine Reinigung und Transformation
-- ist eine Neuorientierung
-- der König muss den Weg der Königin nachvollziehen, um das Wissen der Königin zu stützen und an der Oberwelt zu manifestieren.

Gemäss Estés gehören auch hier eigentlich die 7 Stufen der männlichen Initiation ins Märchen, auch diese sind von der patriarchalen Ein-Gott-Religion-Zensur wegzensiert. Das Märchen unterschlägt die Zwischenziele und behauptet, dass der König 7 Jahre lang nur die Königin gesucht habe. Dies ist unmöglich.

Die Macht, die den König am Leben erhält:
-- kommt aus etwas Tieferem als den Triebkräften von Körper und Ego
-- der Animus wird gezwungen, seine Kraft aus dem reinen Sein zu beziehen
-- der König legt selbst schrittweise seinen Panzer der Zivilisation ab.

Szene im Märchen:
Der König erreicht die Waldherberge, schläft und bekommt einen Schlafschleier.

Deutung:
Auch dieser Schleier ist Inhalt der alten Mysterienschule. Die Augen werden verhüllt, um im letzten Schritt fällt dem König der letzte Schleier ab, als Frau und Kind neben ihm sitzen. Die letzte Hülle fällt von seinen Augen. Der König ist damit reif für seine wilde Frau geworden.


Die Einweihung als Gleichgewicht zwischen den Welten

Während und nach dem Einweihungsprozess ist die Frau unheimlichen Zerreissproben ausgesetzt. Sie erfüllen alle ihre Pflichten, sie behalten die Übersicht, sie lieben, haben Sex, gebären, backen, braten, kochen usw. Währenddem läuft ein seelischer Prozess in der Tiefe ab. Es besteht dabei die Verlockung, die Oberwelt zu verlassen. Aber meist besteht die Frau diese Belastungsprobe. Das ist die Einweihung selbst in das Verständnis eines ungetrennten Daseins in beiden Welten.

Der geheilte Animus - die Hochzeit zwischen Animus und Seele

Der geheilte Animus wird zum ebenbürtigen Partner der wieder ausgeglichenen, neugeborenen Frau. Zum Schluss findet die Heimkehr statt. Der Weg ist vollendet und beide Partner sind vollständig in die Welten des Unterbewusstseins eingeweiht. Es vollzieht sich die Hochzeit der vorher widersprüchlichen Aspekte. Dies ist die "mystische Hochzeit". Je tiefer der Einweihungsweg war, desto umfassender und nachhaltiger ist der Höhepunkt dieser Hochzeit, der innere Liebesakt zwischen männlich und weiblich, zwischen kindlich und uralt, innen und aussen, Diesseits und Jenseits.


Die Entwicklung des Lebens gemäss der Zahl 7
(S.447-448)

7 Tage für die "Schöpfung"
-- der Mensch kehrt über 7 Existenzbereiche zum göttlichen Ursprung der Seele zurück
-- 4mal 7 Tage sind ein Mondzyklus
-- eine Woche hat 7 Tage
-- ein Frauenleben [Männer auch?] hat 7 metaphorische / im übertragenen Sinne deutbare Stadien der Reife, ist ein von den patriarchalen Ein-Gott-Religionen ein jahrhundertelang unterdrücktes Wissen.

Tabelle: Die Entwicklungsreihe des Lebens gemäss der Zahl 7
(Estés, S. 447-448)

Jahr

Thema der Lebensperiode

0-7

Zeit der Körperlichkeit und unbewusste Sozialisierung

7-14

Zeit der Separation; Erweckung des rationalen Verstandes, verwoben mit Imagination

14-21

Zeit der körperlichen Erneuerung, Jungfräulichkeit; Erweckung und Entfaltung der Sexualität

21-28

Zeit der Entdeckung, Eroberung neuer Welten, neuen Wissens

28-35

Zeit der Mutter; die Bemutterung anderer und des Selbst

35-42

Zeit der Sucherin; beginnende Wahrheitssuche und Tiefenforschung

42-49

Zeit der ersten Seelenweisheit; die Weitblickende und Kraftspendende

49-56

Zeit der Unterwelt; vollständige Einweihung

56-63

Zeit der Entscheidung; die Wahl des dominanten Seinsbereichs und damit der zukünftigen Arbeit

63-70

Zeit der Beobachtung vom Wachtturm; alles Gelernte neu einordnen

70-77

Zeit der Verjüngung; die weise alte

77-84

Zeit der Nebelwesen; immer Grösseres im Geringen finden

84-91

Zeit der Grossen Weberin; das Gewebe des Lebens verstehen

91-98

Zeit der Feinstofflichkeit; weniger sagen, mehr sein

98-105

Zeit des Pneuma, des grossen Atems

105 +

Zeitlose Existenz


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