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Estés: Tiefenpsychologie für Frauen und Lebensläufe in Märchen

Das Erkennen negativer Lebenssituationen - die Befreiung vom Terror-Mann oder von Terror-Müttern. Märchenbeispiele

4. Kapitel: Der Partner: Vereinigung mit dem anderen

von Michael Palomino (1994 / 2004)

Zusammenfassung aus: Clarissa Pinkola Estés: Die Wolfsfrau. Die Kraft der weiblichen Urinstinkte. Wilhelm Heyne Verlag, München, 1992

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4. Kapitel: Der Partner: Vereinigung mit dem anderen

Literaturbeispiel: Sage: Manawee (ein Hund transportiert Namen von zwei Frauen für den "Herrn")


Die Hymne an den Wilden Mann

These:
Damit Männer Frauen verstehen, müssen die Frauen die Männer in ihre Geheimnisse einweihen.

Dagegen sagen viele Frauen, die Männer interessieren diese Geheimnisse gar nicht.
Tatsache ist: Die Wilde Frau sucht einen Wilden Mann. Es gilt der Babylonische Mythos:
Göttin Inanna empfängt ihren stierköpfigen Geliebten so: "Komm, bedecke mich mit deiner Wildheit."

Die Männer fragen sich dagegen: "Was will eine Frau wirklich?" Dazu passt die afro-amerikanische Sage von "Manawee".

Literaturbeispiel: Sage: Manawee

Manawee macht zwei Töchtern (Zwillinge) den Hof, will sie heiraten, der Vater gibt sie nur heraus, wenn Manawee die Namen der Töchter errät - Manawee rät viele Male vergeblich - einmal ist Manawee mit Hund unterwegs, der Hund bleibt stehen, Manawee geht weiter - der Hund lauscht dem Getratsche zu und hört, wie Manawee als "ach, so männlich" bezeichnet wird, der Hund fängt die Namen auf - der Hund auf dem Heimweg, findet einen Knochen, frisst ihn ab und vergisst dabei die Namen - zurück zu den Schwestern, die pflegen ihre Gliedmassen mit Balsam ein, da fallen wieder ihre Namen -. Hund läuft zurück, findet Kuchen mit Muskat, frisst Kuchen und vergisst dabei die Namen wieder - der Hund läuft noch einmal zurück und beobachtet eine Szene der Töchter: Die Töchter probieren Brautschmuck aus und da fallen wieder die Namen - der Hund erschrickt, es ist allerletzte Gelegenheit für Manawee, sonst nehmen die Töchter sich andere Männer - der Hund rennt nach Hause an allen Versuchungen vorbei - da kommen aus dem Hinterhalt zwei lange, schwarze Arme, packen das Hündchen an der Gurgel und ein grosser, fremder Mann schreit: "Sag die Namen, damit ich sie kriege." - Der Hund sagt nichts, kämpft wie wild, beisst sich an den Handgelenken fest - der Mann brüllt wie ein verwundeter Wasserbüffel, lässt los, der Hund verfolgt den Fremdling und rennt dann nach Hause, sagt die Namen - Manawee geht mit dem Hund zum Vater der Zwillinge, die haben auf Manawee gewartet - Manawee gewinnt zwei der begehrtesten Frauen im ganzen Tal für sich, leben glücklich und zufrieden zusammen.

Deutung des Märchens Manawee

Die Doppelnatur der Frauen

Wer das Herz einer Wilden Frau gewinnen will, muss ihre Doppelnatur von Grund auf verstehen lernen.

Zwillinge: Deutung: versinnbildlichen die zwei Urkräfte, die in einer Frau wirken [in einem Mann auch!].

Die ungezähmte Frau - die Doppelnatur

Eine Frau vereint zwei unterschiedliche weibliche Wesen in einem:
1. Wesen: das der äusseren Erscheinung: pragmatisch, menschlich, zivilisiert
2. Wesen: ist in einer verborgenen Welt, zeigt sich für kurze Zeit, verkündet etwas Originelles / eine Weisheit, die dann wieder verschwindet.

Dies ist das Paradox der weiblichen Zwillingsnatur.


Die Erkennungsmöglichkeiten:
-- wenn die erste Seite gefühlskalt ist, dann ist die zweite /andere Seite leidenschaftlich glühend, sehr tief empfindend
-- wenn die erste Seite anhänglich, kontaktfreudig ist, so ist die andere Seite unantastbar, schwer zugänglich.

Oft ist die erste Seite genügsam und angepasst, dann ist die andere Seite voller Sehnsucht nach etwas, was die Person selbst nicht weiss. Folge: Die Seele verzehrt sich.

Es sind tausendfach Kombinationen der Komponenten möglich.

Die Macht der zwei Kräfte: Jeder kann seine "Zwillinge" entwickeln

Beide Seiten müssen zusammen funktionieren. Wenn das Leben auf eine Seite beschränkt ist, so findet auch ein einseitig beschränktes Leben statt, und der Zugang zur gesamten Urkraft und Stärke ist versperrt, weil die andere Seite fehlt. Also ist es absolut notwendig, dass die betroffene Person beide Seiten entwickelt, also ihre "Zwillinge" gleich entwickelt.

Zwillingskinder

haben übernatürliche Kräfte, so der Volksglaube in allen Teilen der Welt. Zwillinge erziehen wird in manchen Kulturen als besondere Aufgabe angesehen. Die Kräfte von Zwillingen werden in manchen afrikanischen und karibischen Kulturen für destruktiv und gefährlich gehalten, in Tahiti dagegen für kostbar gehalten.

Wenn sich eine Doppelnatur ausgebildet hat, so hat die Frau gewaltige Kräfte, wenn die beiden Seiten bewusst wahrgenommen und als unzertrennliche Einheit verstanden werden. Die Macht der zwei Kräfte zusammen ist fast unschlagbar in dem Sinne wie: "Gemeinsam sind wir stark."

Das Zweiergespann: Manawee + der Hund wollen das Doppelwesen der Frau begreifen

Das Paar stellt die maskuline Dualität dar:
-- den "gutaussehenden Aspekt"
-- den "männlichen Aspekt".

Nur: Das reicht nicht aus, um die Namen herauszufinden. Der Hund ist das Symbol für Manawees Instinktnatur. Er hilft, die Namen zu finden. Dabei entwickelt sich auch der Hund. Er soll sich nicht mehr verlocken lassen, fällt dabei zweimal rein. Dies ist die Darstellung der Schulung des männlichen Instinkts: lernen zu widerstehen.

Jedes Mal, wenn der Hund der Versuchung nachgibt und die Namen vergisst, ist dies das Zeichen, dass Manawee noch nicht reif genug ist, aber lernwillig ist er, das Doppelwesen der Frau zu erfassen und die Aspekte zu begreifen und zu benennen.

Männer mit Blaubart-Energie zerstören Frauen, statt sie begreifen zu wollen

Blaubart-Männer können keine Zweiseitigkeit ertragen, streben nach absoluter Perfektion, suchen die absolute Wahrheit (für sie gibt es nur eine): die unveränderliche feminine Substanz. Folge: Eine der beiden Seiten in der Frau wird vom Mann ausgemerzt. Die Frau muss flüchten, sonst geht sie zugrunde.

Die Kraft des Namens - Manawees Instinktschulung

Die Namen haben bei naturverbundenen Völkern magische oder verheissungsvollen Sinn. Jede Sache hat ihren Namen, damit verbunden sind Eigenschaften, Charakter usw., dadurch ist Machtausübung möglich. Veränderungen bewirken die genaue Kenntnis der Definition.

Szene im Märchen
Manawee geht immer wieder hin zum Raten, ohne Erfolg, will seinen Instinkt schulen, um den Frauen ebenbürtig zu werden. Es ist Instinktschulung. Zuerst rät er planlos. Die Namen stehen für die zwei Naturen der Frau. Manawee rät ohne Erfolg, denn es sind für ihn nicht fassbare Namen.

Deutung
Er kann die Naturen nicht erfassen. Erst allmählich kommt das Erkennen des Grundmusters.

Die zwei Namen der zwei Wesen im Menschen

Man muss die Namen finden, denn sonst ist für den Rest des Lebens keine Handhabe bzw. Vereinigung der beiden Kräfte möglich. Dieses Benehmen und Vereinigen wird Eigenliebe genannt. Wenn es zur gegenseitigen Benennung der jeweiligen Wesen zwischen zwei Personen kommt, spricht man von Liebe.


Das Herausfinden der Namen

ist mit Ratio nicht möglich. Hilfe bietet nur der animalische Urinstinkt, im Märchen als Hund dargestellt (in diesem Fall noch gut abgerichtet). Der Hund stellt die Verbindung zwischen Ratio und Seelentiefe her. Die Frauen haben gleichzeitig Sehnsucht nach einem Partner, der seelisches Interesse hat. Ist ein solcher Mann gefunden, schenken sie ihm rückhaltlos ihre Liebe.

Szene im Märchen: Der Vater will, dass Manawee die Psychen der Töchter begreift
Der Vater stellt das Hindernis auf und verlangt die Namen. Er ist es, der die Entwicklung verursacht. Er will, dass der Bräutigam die Wesen seiner Töchter erkennt, bevor er sie heiratet. So muss sich der Werber entwickeln, so dass nachher die Psychen der Bräute nicht zersplittert werden. er fordert ein ausdauerndes Suchen, ein Heranschleichen, er fordert, dass sich Manawee in die Tiefen wagt, wo die wahren Namen enthüllt werden. Nur wer dazu bereit ist, kommt als Mann für die Töchter in Frage.

Der Hund ist der mediale Hörer

Der Hund ist sehr hartnäckig, mit zäher Ausdauer, stellt die Beziehung her zwischen den zwei isolierten Punkten. Der Hund ist Sinnbild für die Ergänzung des Mannes, die haarige Tierseite der männlichen Natur, der Spurensicherer, der sinnlich instinktive und wachsame Hellhörer im Mann.

Szene im Märchen: Der Hund wird gefüttert und von den beiden Zwillingen angelächelt, denn er hat weibliche Eigenschaften: Herzlichkeit, Treue, Verteidigungsbereitschaft bis in den Tod.

Deutung
Das Gehör eines Hundes ist viel empfindlicher als das des Menschen. Symbolisch hört der Hund medial alles, was in den Tiefen des Menschen raunt und spricht. Er lauscht den verborgensten Energien nach. Gleichzeitig ist er einfühlsam genug, um das Unbezähmbare, das Schattenhafte in einer Frau zu verstehen.

Die verlockenden Appetithappen: Knochen und Kuchen als störende Ablenkung - die Entwicklung des bewussten Verstandes

Deutung:
Die sinnlichen Gelüste rauben Zeit und Sinneskraft. Ziel muss sein, die menschliche Begierde unter Kontrolle zu bringen, so dass man nicht gleich nach jedem kleinen Knochen oder Happen schnappt,

v.a. wenn die animalischen Aspekte in der Psyche eines Menschen über längere Zeit hinweg unterdrückt wurden. Der Knochen stellt den Flirt, die Sexeskapade, den Ausflug, Arbeitsprojekte dar usw. Jeder Knochen lenkt von der Tiefenarbeit an sich selber ab oder wirft sie gar zurück. Die Knochen erzeugen eine Art Gedächtnisschwund und völligen Interessensverlust.

Es muss der richtige Genuss zur richtigen Zeit sein. Zudem braucht es immer wieder eine Reorientierungszeit. Dies kann Monate dauern und verzögert die Entwicklung.

Szene im Märchen
Zweimal wird der irdische Hunger befriedigt und nicht der Seelenhunger. Aber der Hund rennt dabei auch zweimal hin und her und zeigt diszipliniertes Durchhaltevermögen. Dieser Prozess symbolisiert den Weg zum bewussten Verstand. Gleichzeitig muss der Hund einsehen, dass diese negative Kraft besiegt werden muss, denn die dunkle Vergnügung erscheint manchmal faszinierender, als die Arbeit, das Unbekannte ans Licht zu ziehen. Also: Der Räuber in der Psyche muss besiegt werden. Der Hund ist für Manawee der Lichtbringer.

Todesmutige Inbrunst erzeugen - Todeskampf für die Priorität

Szene im Märchen:
Der Hund hat zum dritten Mal die Namen, und mit der Warnung vor dem Hochzeitsschmuck rast der Hund zu Manawee.

Deutung
Die Bewusstheit von Manawee nimmt zu und die Ablenkungen können umgangen werden. Der Instinkt hat sich beherrschen gelernt, hat sich konzentrieren gelernt, hat Prioritäten setzen gelernt.

Szene im Märchen:
Dann packt der Fremde den Hund, will eine Eroberung machen. Der Hund beisst und kommt frei.

Deutung:
Der Fremde ist der Einbrecher in der Aussenwelt oder in der Innenwelt. Im Kampf gibt der Hund die Namen nicht. Dies ist die erste bestandene Probe, nicht ins Unterbewusstsein abzugleiten. Die Priorität ist jetzt klar und für weitere Zukunft exemplarisch.

Schlussszene im Märchen:
Der Hund wird auf den Schultern getragen. Manawee sagt die Namen. Der Vater der Zwillinge sieht, dass die Entwicklung des Bewusstseins stattgefunden hat. Die Frauen waren allein auf ihn vorbereitet. Die Frauen haben nur auf seine Entwicklung gewartet.

Partnerwahl: Die zwei inneren Naturen vom wilden Mann und der wilden Frau

Konstellation: Wenn die Frau sich wegen eines Manns nervt, so etwa so: "Meine Güte, warum wissen die Kerle nicht von Natur aus, was in mir vorgeht und was ich wirklich will?"

Schliesslich geben die Frauen sich selbst auf. Der Ausweg: Frauen sollen Männer in die Geheimnisse ihrer Doppelnatur einweihen. Also: Der Mann soll die Einstellung erhalten, dass die Frau nicht nur eine doppelte Existenz führt, sondern dass man somit auch doppelt fragen kann, also so: "Was willst du?" und: "Was will dein tieferes Selbst?"

Die Partnerwahl nach äusserer Erscheinung führt immer ins Abseits. Eines Tages kommt die nicht harmonierte Wildnatur auf einen zu, hat Interessen, Gefühle und Ansichten, die z.T. völlig konträr sind, ist bei Frauen wie Männern so. Wenn der Mann die mysteriöse Wildnatur der Frau nicht liebt, so ist das so, wie wenn er sie auf einem Bein hinken lassen würde. Beide Naturen gehören zusammen.

Alle Menschen, die diese zwei inneren Naturen nicht akzeptieren, müssen bei der Partnerwahl aussortiert werden, denn diese Menschen sollen nicht dazulernen.
Wenn ein passender Partner gefunden ist, der die Zwillingsnatur versteht, ist es ein dauernder Forschungszustand zwischen beiden Partner, ein Fortschwemmen, Schockieren, Wachrütteln, Berauschen, gegenseitiges Verstehen von Leben und Tod, ein Verstehen von Entstehen und Verwesung.

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