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Estés: Tiefenpsychologie für Frauen und Lebensläufe in Märchen

Das Erkennen negativer Lebenssituationen - die Befreiung vom Terror-Mann oder von Terror-Müttern. Märchenbeispiele

3. Kapitel: Die Tatsachen herausfinden: Einweihung in die weibliche Intuition

von Michael Palomino (1994 / 2004)

Zusammenfassung aus: Clarissa Pinkola Estés: Die Wolfsfrau. Die Kraft der weiblichen Urinstinkte. Wilhelm Heyne Verlag, München, 1992

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3. Kapitel: Die Tatsachen herausfinden: Einweihung in die weibliche Intuition

Literaturbeispiel: Märchen: Vasalisa, die Weise [eine Puppe hilft bei der Bewältigung der Prüfungen, ein Totenschädel vernichtet die böse Stiefmutter und die Stiefschwestern]


Die Intuition der "wilden Frau"

Die Intuition der wilden Frau ist vergleichbar mit der Wünschelrute oder mit einer Kraft, durch die man in eine Kristallkugel schauen kann und dadurch hellseherische Offenbarungen hat.

Die Intuition ist eine weissagende, tonlose Stimme, die jede Frau unsichtbar begleitet und ihr mit nahezu unheimlich anmutender Präzision sagen kann, was Wahrheit und was Täuschung ist.

Die Intuition ist der innere Kompass, der einer Frau sagt, welche Richtung sie einschlagen soll.

Die Intuition ist die geheime Botschafterin, die uns direkten Zugang zum untrügerischen Orientierungssinn der wilden Frau in unserer Psyche verschafft.

Die Intuition spricht in Form von Eingebungen.

In der Intuition zeigt sich die "La Laba Que Sabe" [Die Laba, die viel weiss], die wissende Wolfsfrau.

Die Einweihung in das untergründige Reich der eigenen Intuition ist geschildert im russischen Märchen "Vasalisa, die Weise", auch im sonstigen Osteuropa bekannt unter dem Namen "Die Puppe" oder "Wassillissa, die Weise".

Literaturbeispiel: Märchen: Vasalisa, die Weise

Einleitungsformel: "Es war einmal und war auch nicht..." ist die Formulierung für einen zwischenweltlichen Bereich, wo nichts so ist, wie es zunächst erscheint. Vasalisas Mutter ist im Sterben, schenkt Vasalisa eine Puppe, die so aussieht wie die Tochter. Sie soll die Puppe füttern und immer bei sich behalten. Der Vater heiratet wieder, eine Frau mit schon zwei Töchtern. Die Stiefmutter und die Stieftöchter wollen Vasalisa ausgrenzen und quälen sie. Sie haben einen Vernichtungsplan: Vasalisa soll zur Hexe Baba Yaga in den Wald geschickt werden, um Feuer zu holen, das sie extra haben ausgehen lassen.

Vasalisa geht in den Wald, findet mit Hilfe der Puppe die Hexe Baba Yaga, die einen weissen, einen roten und einen schwarzen Reiter beherbergt. Vasalisa bekommt von der Hexe Aufgaben: das Haus putzen, den Weizen trennen, das Essen machen. Dann soll sie Mohnsamen aus einem Erdhaufen trennen. Die Puppe hilft immer.

Da fragt Vasalisa nach den Reitern und erfährt:
-- der weisse Reiter steht für den Tag
-- der rote Reiter steht für die Sonne
-- der schwarze Reiter steht für die Nacht.

Die Hexe warnt aber: Zu viel Wissen lässt den Menschen vorzeitig altern.

Die Hexe fragt Vasalisa nach ihrer Weisheit. Sie antwortet: "Der Segen meiner Mutter liegt auf mir."

Folge: Die Hexe wirft Vasalisa hinaus, gibt ihr einen Totenschädel mit Feuer drin vom Zaun. Vasalisa kommt nach Hause, macht Feuer, da hegen die Stiefmutter und die Stiefschwestern neue Vernichtungspläne. Der Schädel wird aber zum Verbündeten von Vasalisa und beobachtet alles. Am

nächsten Morgen ist von der Stiefmutter und von den Stiefschwestern nur noch ein Häufchen Asche übrig.

Deutung und Analyse

Die Intuition

Die Intuition der Mutter wird auf die nächste Generation übertragen, kann aber auch im Laufe der Generationen verschüttet werden, ist aber nie vernichtet. die Intuition ist je nach Kultur verschieden benannt als die "Wissende", die "Wahrsehende", die "Hellfühlende", "die innere Stimme der Eingebung".

Die urzeitliche Göttin

ist in jedem Märchen anders, hier als Baba Yaga: die urzeitliche Göttin, verfügt über mythische Kräfte, kann nach Belieben in Menschengestalt auftreten für die Wissensvermittlung. Hier: Auftreten als Zeremonienmeisterin.

Die Aufgaben zur Einweihung
1. Aufgabe: die allzu gute Mutter sterben lassen - die eigene Intuition in der Pubertät gewinnen

Die eigene Mutter stirbt. Also Aufgabe: Die Tochter muss selbständig werden, das eigene Bewusstsein entwickeln im Hinblick auf Gefahren, Intrigen und Manipulationen. Die Tochter muss die eigene Wachsamkeit entwickeln, muss lernen, für sich selbst zu sorgen. Die allen gute Mutter: Die Übervorsicht hindert die Tochter daran, neue Herausforderungen anzunehmen, verzögert die Entwicklung im Endeffekt.
Also: Die Puppe, die so aussieht wie die Tochter, wird auf den Weg der Individuation mitgegeben. Die Puppe stellt die Intuition selbst dar, die Essenz des intuitiven Urwissens.

Kinder haben noch keine Intuition, weil sie sich völlig auf die Eltern verlassen. Am Anfang der Pubertät stirbt die Mutterfigur ab. Die Kinder müssen eine neue innere Mutter bilden, die "eigene Intuition". In manchen Fällen wird die Intuition nicht ganz ausgebildet. Es folgt eine jahre- bis jahrzehntelange Suche nach jemandem, der ihnen die vollständige Einweihungserfahrung geben kann. Während der Suche basteln sich die Betroffenen den Zugang zu ihrer Intuition nach bestem Wissen selbst zurecht.

Gründe zur Unterbrechung des Einweihungsprozesses der Pubertät:
-- traumatische Ereignisse in der Kindheit
-- wenn in den frühen Lebensjahren keine konsistente oder herzlich genuge Bemutterung erfolgt ist
-- wenn zu wenig Widerstand gegen die allzu sorgenvolle Mutter entwickelt wurde: Dann halten die Kinder am "Gewächshaus" der Eltern fest.

Folge solcher Abläufe sind Ängstlichkeit, kein selbständiges Entdecken des Umfeldes, im Märchen als Wald dargestellt. Aber nur im "Wald" (in der Gesellschaft) können Jugendliche die eigenen instinktiven Selbsterhaltungskräfte erkennen und diese bewusst einsetzen lernen. Dies kann in jedem Alter gelernt werden.

In der Pubertät muss das Bild der beschützenden Mutter-Henne ersetzt werden durch das der Wolfsmutter, die einem einweihen soll. Beibringen der Intuition, so wird die Entfaltung möglich.

Bleibt die Mutter die Mutter-Henne, dann wird jeder eigene Schritt des Kindes mit Angst verfolgt, z.B.
-- wenn immer vor Gefahr auf jedem Weg gewarnt wird
-- wenn es zu Hause zu gemütlich wird
-- jede neue Idee des Kindes abgeschwächt oder missbilligt wird
-- wenn der "Ruf des Hauses" mehr gilt als die Ideen und Lebensweisen des Kindes.

Der Ausbruch
Irgendwann erfolgt der Ausbruch aus dem "Gewächshaus". Der Schritt kann nie vollständig vorbereitet sein, ist nie perfekt ohne Fehler möglich, denn
-- die Erfahrung muss zuerst noch gesammelt werden
-- der/die Jugendliche / junge/r Erwachsene muss die Gesetze der Gesellschaft erst kennenlernen
-- der/die Betroffene muss zuerst die wilde Mutter der Geheimnisse des Lebens selbst werden
-- Erkennen der Kunststücke, Schleichwege, Mysterien des Dies- und Jenseits.

2. Aufgabe: den Schatten entlarven

In der Jugend lernen, eigenen Willen umzusetzen
Szene: Vasalisa wird ausgenutzt, wird zur Sklavin. Das neue Selbst muss jetzt erwachsen werden, damit das alte behütete Selbst (Liebsein, Nettigkeit, Fügsamkeit) endlich stirbt. Die Stiefmutter, die Stiefschwestern repräsentieren die vernachlässigten, unterentwickelten und provozierend niederträchtigen Elemente der Psyche, die Schattenseiten, die oft verneint werden.

Jedoch gerade in dieser Masse der verneinten, verdrängten Element ist auch die Weisheit und die Talente von Frauen eingedrängt vom Räuber bzw. der Genke [?].

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Psyche
Zu viel Anpassung hat Selbstverleugnung zur Folge. Wenn keine Anpassung passiert, ist die Folge Ablehnung und Ausgestossensein.

Die Rolle des Vaters
Der Vater merkt die Situation von Vasalisa nicht, hat keine eigene fertige Intuition, ist lieb wie die gestorbene Mutter und greift nicht ein.

Generell brauchen viele Töchter von naiven Vätern länger als gewöhnlich, um wach zu werden und die teilweise sehr schmerzhaften Tatsachen so zu sehen, wie sie in Wirklichkeit sind. Scharfsicht und Durchblicksvermögen werden so nicht geschult bzw. als fremde Elemente beim Kind unterdrückt.

Das Gehorsamsein ist out, die eigenen Interessen sind in. Bei den Eltern galt: Gehorchen, um etwas wert zu sein, später: Sachen vollbringen, um nach Anerkennung zu streben. Aber die Anerkennung in der Familie wird in der Aussenwelt nie mehr so kommen, denn es wird nie genug sein. So steht die gehorsame Vasalisa in einem Teufelskreis bis zur Erschöpfung. Die Stiefmutter wie die Stiefschwestern sind nie zufrieden. Jede neue Anpassung verzögert nur den Sprung zur Einweihung. Und Stiefmutter und Stiefschwester ist keine Demütigung stark genug.

Situation: Vasalisa wird zur Fremden im eigenen Haus und steht vor der eigenen Zerrissenheit dieser zwei Wege der Anpassung und Rebellion. Vasalisa geht an der Anpassung fast zugrunde, da erwacht die Intuition in der Not im Wald endlich, denn Vasalisa kann nicht ahnen, was sich da an negativen Stimmen und Energien zusammenbraut. Sie kann es nicht abschätzen.

Der Zustand der Hoffnungslosigkeit ist nötig, v.a. bei "netten" Frauen, bis sie ihre eigene Kraft wieder finden. Also kann man sagen: Vasalisa muss zur Hexe getrieben werden, damit sie endlich erblickt, was sie kann. Nur in der Einsamkeit lernt man selbst abzuschätzen, was gut und bös für einen ist. Vasalisa wird so vom Schicksal gezwungen, ihre unbewusste Lebenshaltung aufzugeben und eine neue, bessere Verhaltensform zu finden.

Die 3. Aufgabe: Das Finden des Weges im Dunkeln

Szene:
Das mütterliche Erbe weist der Tochter den Weg zur Wilden Frau: die Puppe.

Die Aufgabe.

sich freiwillig in die dunklen, noch völlig unbekannten Tiefen der Psyche begeben - sich einzig an der eigenen Intuition orientieren (die Intuition ist die Puppe) - dafür ein Gespür entwickeln - lernen, auf welche Weise die Kräfte der Intuition gestärkt werden (die Puppe füttern lernen).

Somit stirbt das ängstliche, unbewusst gefallsüchtige Mädchen nach kurzem Tappen im Dunkeln langsam weiter ab. Der/die Betroffene/Vasalisa kann das eigene Kraftzentrum auf die eigene Intuition verlegen.

Die Puppe - die Intuition
Puppen stellen symbolisch verborgene oder unterentwickelte Aspekte im Menschen dar. Oft sind sie die Selbstdarstellung, die man weder in Worte noch in Gedanken fassen kann. Manche Völker glauben, dass handgemachte Puppen einen Teil der Lebensenergie des Herstellers in sich tragen und diese Energie ausstrahlen, noch lange nach des Herstellers Tod.

die Puppe von Vasalisa ist eine Nachbildung der instinktiven, weissagenden Hellsicht aller weiblichen Wesen von Beginn an.

Umsetzen der Intuition in der Erziehung
Die Eltern sollen das Gefühl vermitteln, dass ein Kind sich auf seine Intuition verlassen kann. Positive Kommentare wie
-- "Da siehst du ganz richtig"
-- oder Fragen, die die Intuition schulen wie : "Was steckt deiner Meinung nach dahinter?" etc.

So ist der Hinweis gegeben, dass die Intuition die Stimme der Seele ist und dass es erlaubt ist, das Gespür für den richtigen Entscheid selbst zu entwickeln. Durch die Intuition können unterschwellige Motive erfasst werden, dann folgt das Wählen des Weges, der die Psyche am wenigsten schädigt, denn die Intuition arbeitet immer in direkter Verbindung mit dem Selbsterhaltungstrieb.

Im Märchen von Vasalisa ordnet die Mutter an, die Puppe soll überall mit. So lernt die Intuition jede Lebenslage kennen, und das Mädchen lernt, sich in allen Lebenslagen auf die Intuition zu verlassen. Folge: Änderung der inneren Einstellung zur Aussenwelt. Vasalisa sieht nicht mehr nur: "Was sein muss, muss sein", sondern es entwickelt sich eine Sicht der Dinge wie: "Lass mich sehen, was auch immer es zu sehen gibt."

Wie der Intuition Nahrung geben?
-- dem Scharfsinn Aufmerksamkeit schenken
-- bewusst auf die Ideen des Kindes hören
-- bei jedem Zuhören wird die Intuition des Kindes etwas stärker
-- und dann das Kind danach handeln lassen oder selbst danach handeln.

so ist die Intuition eine Art Ebenbild von einem in Miniaturform, ein magisches Ich, das die Seele bewohnt.

Wenn die Intuition des Kindes aber dauernd abgelehnt wird und ohne Nahrung oder ohne ausreichende Betätigung bleibt, so verkümmert sie. Die Puppe weiss aber den Weg immer. Dies bedeutet: Die Intuition kennt den Weg zur Wilden Frau und weiss, wie man gehen muss, um ans Ziel zu gelangen.

Voraussetzung ist eine gewisse Reife der/des Betroffenen, um für die Intuition empfänglich zu sein: Die Betroffenen müssen empfänglich sein. Man/frau muss empfangen können, was man fühlt, aber nicht sehen kann. Dies braucht etwas Training, bis zum Hinhorchen bei jeder Wegegabelung.

Die 4. Aufgabe: der Wilden Alten entgegentreten

Aufgaben:
-- die Frau muss der weiblichen Urnatur entgegentreten und ihren Anblick ertragen können

-- eine Weile im Ursprünglichen sein, das oft abstossend und unzivilisiert wirkt
-- manche Werte der Wilden Alten müssen übernommen werden, also: Änderung an sich selber nötig.

Allgemein formuliert:
Die Heranwachsenden sind gezwungen, sich der gewaltigen Naturkraft entgegenzustellen und diese beherrschen zu lernen: zuerst die Kraft der Alten, dann die Kraft, die sie selbst in sich tragen.

Das Haus der Hexe im Märchen
steht auf vier gelben Hühnerbeinen, symbolisiert das Tierreich. Die Beine tanzen Walzer mit dem Haus.

Deutung: Das Tierische ist ein bisher unterentwickeltes Element in Vasalisas Persönlichkeit. Das Vorbild des Hauses zeigt das vierbeinige Fundament, auf dem die Urinstinkte stehen, zeigen die vitale, ungebrochene Lebenskraft und Lebensfreude, zeigen die Mischung, aus der Kreativität und Schöpferkraft hervorgeht: alles lebt.

Die bevorstehenden Prüfungen können erst durch die Verbindung zur eigenen Intuition völlig nutzbar gemacht werden.

Die Hexe Baba Yaga
-- ist die Hüterin des älteren Wissens der Welt
-- kennt das Menschliche in all seinen Ausdrucksformen und Entwicklungsstufen
-- ist eine Inkarnation der Sheidnischen Mutter Nyx der "Mutter des Tages und der Nacht" mit Macht über irdische Naturgewalten, die über Werden und Vergehen entscheidet.

Also:
Baba Yaga kann vernichten oder Leben spenden wie sie will, ist deswegen unberechenbar, was Angst und Furcht verbreitet.

Aber solange Vasalisa keine Fehler macht, tut Baba Yaba Vasalisa nichts an. Vasalisa bleibt aufrecht stehen, erwiest Baba Yaga Respekt. Unterwürfigkeit wäre fehl am Platz, ebenso falsch wäre Arroganz oder Prahlsucht oder die "lieb-und-nett-Haltung".

"Lieb und nett": Angst vor Ablehnung
Das Verhalten der Bemühtheit ist meist Zeichen dafür, dass Personen eine panische Angst vor Ablehnung haben oder Angst haben, sie seien überflüssig und austauschbar.

Verhalten nach entdecken der eigenen Naturkraft: Kennenlernen der verschiedenen Facetten der untergründigen Femininität [dasselbe gilt auch für Männer].

So sein wie man ist bedeutet, von den zahllosen Gesichtern in uns dasjenige aufzusetzen, das in der jeweiligen Situation am meisten angebracht und einem dienlich ist.

Das Wort "Hexe": englisch: witch, Ableitung von "wit" = Wissen

ist in vorchristlicher Zeit die Bezeichnung Heilerin, Medizinfrau, die über Heilkräfte verfügt, engl. witch, kommt von "wit", bedeutet "weise" oder auch "blitzschnelle Umsetzung geistiger Funktionen". Die Hexe vor dem Monotheismus war ein Ehrentitel. Das Christentum verfemte die Hexe als Menschenfresserin und Wilde Alte.

Der/die Jugendliche muss an der Naturkraft lernen, an der Baba-Yaga-Kraft lernen

Jede Frau [auch jeder Mann] hat die Baba-Yaga-Kraft, aber viele Frauen fürchten ihre eigene Kraft, denn die femininen Urkräfte sind gewaltig. Und: Männer haben Angst vor dieser Kraft. Die Frauen müssen ihnen diese Kraft Schritt für Schritt näher bringen. Es ist die Kraft, die der universellen Mutter

des Werdens, Vergehens und Neuwerdens entspringt, von der die individuelle Frau nur eine vorübergehende Verkörperung ist. Erster Schritt: Sich als lernfähig erweisen und aktiv mit der Wildnatur zusammenarbeiten.

Die 5. Aufgabe: dem Über-Rationalen dienen

In der Geschichte stellt Baba Yaga Vasalisa die Aufgaben, bevor sie ihr das Feuer gibt.

Deutung:
-- Vasalisa muss zuerst seelisch wachsen
Vasalisa soll zuerst bei der Alten verweilen und sich mit den Naturkräften der femininen Psyche vertraut machen
-- Vasalisa soll zuerst eine Reihe von Reinigungsprozessen durchlaufen: waschen (Wäsche), putzen (Haus), sortieren (Korn)
-- Vasalisa soll auch zuerst die Ernährung beherrschen lernen (Kochen).

Es ist die Schule, den psychischen Haushalt in Ordnung zu bringe.

Lernprozess: Wäsche waschen

ist eindeutiges Symbol für Gewebereinigung des Stoffes, gleichzeitig auch symbolisch für die Seele: aus dem Lebensfaden ist das Lebensgewebe gesponnen. Also: Vasalisa soll am Beispiel der Wäsche der Hexe lernen, wie die Grundmuster der Lebenszyklen sind. Damit befreit sich Vasalisa von ihren eigenen Widerständen gegen die eigene zyklische Leben-Tod-Leben-Natur.

In der Mythologie ist alles Gewebte ein Werk der göttlichen Leben-Tod-Leben-Mütter (drei antike Schicksalsgöttinnen: Klatho an der Spindel, Lachesis reicht ihre den Lebensfaden, Atropos schneidet den Faden ab. Bei den Navajos heisst die Kraft die "Spinnenfrau". Das Symbol des Waschens / der Waschung meint, man gehe daraus eingeweiht hervor.

Lernprozess: die Hütte fegen

heisst:
-- Ordnung machen
-- Abfall forträumen
-- Freiraum schaffen.

Deutung:
Es ist die Vorbereitung für die eigene stille Zeit im eigenen, geschaffenen Freiraum. Die Vorbereitung für die Beschäftigung mit den eigenen Tiefen in ganz ihrer eigenen Art.

und: Der völlig verrückt wirkende Haushalt wird in Ordnung gebracht, d.h. der Haushalt der Psyche wird ausgefegt und muss in regelmässigen Abständen ausgefegt werden, damit die wilde Natur besser gedeihen kann.

Lernprozess: Kochen für Baba Yaga

Zum Kochen braucht es Feuer.

Deutung:
Vasalisa lernt, das Feuer der brennenden Leidenschaft zu beherrschen, zündende Ideen zu haben und eine feurige Intensität zu entwickeln. Um zu kochen, muss sie die lustvolle Kreativität immer auf mehr oder weniger heisser Flamme stehen haben.

Das Kochen steht für das Zusammensetzen neuer Ideen, für Tüftelei und Forschung. Ohne Feuer bleiben die Ideen und Gedanken kalt und roh. Wünsche und Sehnsüchte bleiben im Rohzustand und der/die Betroffene wie seine Umgebung bleiben hungrig und unerfüllt.

Im Märchen: Baba Yaga braucht eine grosse Malzeit. Vasalina kann die Aufgabe dank Urinstinkt erfüllen, was noch keiner vorher gelungen ist.

Die 6. Aufgabe: "Dieses" von "Jenem" trennen

-- verschimmelter Weizen - gesunder Weizen
-- Monsamen - Erde.

Deutung:
Vasalisa ist gezwungen, ein präzises Unterscheidungsvermögen zu entwickeln
-- Vasalisa lernt subtile Unterschiede wahrzunehmen
-- Vasalisa muss ihre Kenntnisse über das Leben erweitern
-- Symbol: Weizen für Leben, Mohnsamen für Tod

Vasalisa kann so die Macht des Unbewussten erforschen. So kann sie die Erfahrung sammeln, dass Arbeit auch ohne Eingreifen des Egos verrichtet werden kann: Körperlose Hände arbeiten in der Luft.

Das Sortieren des Weizens
Vasalisa schlägt und die Puppe sortiert.

Deutung:
Bei einem Problem sortieren bzw. ein seelisches Dilemma zu lösen passiert eher im Schlaf als im Wachzustand. Dann kommt die rettende Lösung in den Sinn. Die Lösung kommt in einem Moment der Entspannung. Somit ist eine unbewusste Geisteskraft in der entspannten Psyche am Wirken.

[Diese Geisteskraft wirkt dann, wenn man sie wirken lässt].

So ist eine Sortierarbeit möglich und grösste Probleme werden lösbar durch Ausschalten des Egos. Für diesen Vorgang muss das Verhältnis zur Intuition sehr nah und vertraut sein.

Witzen, Mohn und Erde sind alles heilende Elemente (in z.T. destilliertem Zustand, in Alkohol).

Deutung:
Diese Elemente sind Arzneien für den Geist. Manche wirken stimulierend und erweckend, andere einschläfernd. Es ist pures Beschäftigen mit dem Leben-Tod-Lebe-Rhythmus.

später entwickelt sich die Sortierarbeit zum psychischen Sortieren und unterscheidet wahre Liebe von falscher Liebe, Nährendes und Giftiges usw. So lebt die eigene Psyche auf, weil sie nur noch gesunde Nahrung bekommt. Dies ist gleichzeitig Medizin für die Intuition.

So entsteht der positive Energiekreis.

Die 7. Aufgabe: nach den Mysterien fragen

Vasalisa getraut sich, an Baba Yaga Fragen zu stellen, will wissen, was hinter den Erscheinungen steckt, denn es ist das Herausfinden der Wahrheit der Elemente der Intuition / Natur der Wilden Frau. Nutzlose Information wird aussortiert, denn "zu viel Wissen macht den Menschen vorzeitig alt."

Die Kernfrage wäre: Wer bin ich? Was bin ich in Wirklichkeit?

Die Fragen Vasalisas - die Farbensymbolik

Vasalisa getraut sich noch nicht an die Kernfrage, fragt nach den Reitern.

Da warnt Baba Yaga, sie solle nicht so viel fragen, denn den Kern des Weltgeschehen könne man nicht verstehen. Baba warnst vor solchen Fragen, weil:
-- Vasalisa ist noch nicht reif, die Frage beantwortet zu bekommen (wäre eine Beschäftigung mit existentiellem Mysterium)
-- weil immer ein nicht fassbares Mysterium bleiben würde, das man als solches hinnehmen muss
-- und: Das, was vom Mysterium erfasst werden kann, offenbart sich sowieso im Laufe des psychologischen Wachstums.

Baba Yaga ist Herrin über Tag und Nacht.

Die verschieden farbigen Reiter:
-- der weisse Reiter hebt die Nacht auf
-- der rote Reiter zieht die Sonne an
-- der schwarze Reiter bedeckt den Tag mit seinem Mantel.

Farbensymbolik:
-- weiss: Farbe des neuen Bewusstseins
-- rot: Farbe für Opferblut der verlorenen bzw. durchschauten Illusion
-- schwarz: Farbe für die Vernichtung der alten Wertvorstellungen.

Zusätzliche Faktoren:
-- weiss: kann auch die Bleiche des Todes sein oder ist die Leere, die gefüllt werden soll
-- rot: ist auch die Farbe des Zorns, der Gewalt, gleichzeitig die Farbe der Lebenskraft, Erregung und Erotik, ist die Verheissung, dass etwas in Kürze aufersteht
-- schwarz: steht auch für schwarze Erde, ist fruchtbarste Erde, also ist damit auch die Voraussage gegeben, dass bald etwas Neues wachsen wird.

Die Puppe von Vasalisa ist auch in der Kombination Schwarz-Weiss-Rot gekleidet. Dies ist die Bestätigung, dass die Puppe eine kleine Leben-Tod-Leben-Mutter ist.

Das seelische Wachsen Vasalisas an den Aufgaben
Es sterben ab:
-- das Element der allzu guten Mutter
-- die Existenz des Ausgestossenseins.

Es entstehen neu:
-- die Intuition
-- die Wilde Frau.

Der Tod der alten Existenz ist notwendig, damit die neue, reichere Existenz entstehen und sich entfalten kann.

Alle Frauen tragen den Impuls des Leben-und-sterben-lassen-Können in sich, und nach dem Tod wird die Auferstehung erwartet.

Die 8. Aufgabe: auf allen Vieren stehen - die Intuition in sich sprechen lassen und ihr vertrauen - das Geistfeuer

Szene des Märchens: Baba Yaga spricht: "Du bist weiser als ich dachte, meine Kleine. Wie geht das zu?" - "Der Segen meiner Mutter liegt auf mir." - "Segen? in diesem Haus wird kein Segen gebraucht. Mach, dass du nach Hause kommst!"

Deutung

Die behütende Mutter muss nun endgültig abgeschüttelt werden, aussortiert werden, oder auch die Stiefmutter.
Vasalisa muss ihre Existenz nun endgültig selbst bestimmen lernen, ohne sich von der Mutter abhängig zu machen.

Szene des Märchens: Baba Yaga gibt Vasalisa das Feuer in einem Totenschädel mit, setzt es auf einen Stock wie eine Laterne und befielt ihr zu gehen.

Deutung
Es ist das Annehmen der Kraft und der Ausstrahlung. Und: Jede Situation wird in neuem Licht gesehen. Und: Vasalisa übernimmt nun damit einen Teil der Kraft von Baba Yaga und darf vor dieser Kraft auch keine Angst haben. Erfahrung: Die gut genährte intakte Intuition begleitet jeden Schritt im Innern der Seele wie äusserliche Handlungen.

Es ist der Aufstieg aus der Tiefe der Unbewusstheit in das Lichtreich der intuitiven Geisteskraft.

Vasalisa kann sich nun völlig souverän mit der Aussenwelt konfrontieren, ohne übertriebene Anpassung und ohne Bemutterung, mit gesundem Selbstvertrauen und mit gesunder Potenz.

Symbol des Schädels
Die Religionen der Frühzeit lehren, der Totenschädel strahle einen Rest des Geistes des Verstorbenen aus. Bei den Riten wurden die Geister der Toten mit den Schädeln herbeizitiert, auf Stöcken oder Pfählen gehalten, um das Wissen der Toten zu konsultieren. Vasalisa kann sich somit von einem Ahnengeist von Baba Yaga leiten lassen, der zugleich auf Vasalisa übertragen wird.

Vasalisa gliedert sich somit in die Ahnengalerie des mütterlichen Urwissens ein und geht mit einem weithin leuchtenden Geistfeuer nach Hause. Vasalisa tritt das Erbe an

Die 9. Aufgabe: den Schatten in neues Licht tauchen

Szene des Märchens: Auf dem Heimweg hat Vasalisa einmal solche Angst, dass sie den Schädel fortwerfen will. Da reagiert der Schädel und spricht, sie solle ihn ruhig nach Hause tragen.

Deutung
Der Schädel wird zur Variante der Puppe, aber der Schädel hat noch mehr Kräfte als die Puppe, es ist die höchste Intuition. Die höchste Intuition ist die Befähigung, alles, was vor sich geht, zu beobachten, innen wie aussen, ohne Erbarmen. Die Intuition und die Beobachtung werden unbestechliche Zeugen.

Die neue Aufgabe ist es nun, die neu erworbene Scharfsicht (Symbol: feurige Augen) zu benutzen, um die Schattenseiten bei sich selbst zu durchleuchten und die Aussenwelt zu erkennen. Vasalisa soll den Durchblick bei sich selbst und bei den anderen erwerben.

Manche Menschen reagieren abwehrend und wollen den Durchblick gar nicht haben. Sie wollen das Geistfeuer wegwerfen, weil es zu "heiss" wird, denn die Schattenseiten an einem selbst werden völlig offengelegt.

Szene des Märchens: Heimkehr Vasalisas: Vorwurf der Stiefmutter und der Stieftöchter, sie haben so lange kein Feuer gehabt und waren auch nicht im Stande, welches zu entfachen.

Deutung
Die Unterdrücker verlieren ihre Energiequelle. Und sie haben sich selber ihre Wichtigkeit entzogen dadurch, dass sie Vasalisa weggeschickt haben.

Der Schädel als Ofen

Szene des Märchens: In der Nacht wird der Schädel zum Ofen und Stiefmutter wie Stieftöchter verbrennen zu einem Häufchen Asche.

Deutung
Es ist möglich, ein negatives Gefühl oder negative Gedanken durch Beobachtung und durchdringendes eigenes Bewusstsein zu einem Häufchen Asche aufzulösen. Die negativen Gedanken werden substanzlos. So wird der psychischen Dummheit die Energie entzogen. Die negative Energie fällt in sich zusammen und verkümmert von selbst.

Das Geistfeuer behalten - den richtige Partner suchen

Die erleuchtete Person muss sich nun die richtige Umgebung suchen. Es ist nicht möglich, das Geistfeuer zu behalten, wenn man sich innerlich wie äusserlich mit grausamen Geschöpfen umgibt. Die erleuchtete Person soll sich keinen Seelenmördern aussetzen. Die Partner könne wie die böse Stiefmutter oder die bösen Stiefgeschwister sein. Die Frau gesteht dem Liebhaber dabei oft die Rolle eines Zauberers zu. So kann er leicht vieles zerstören. Die negative Energie erkennt man an den Kommentaren. Die Kommentare dürfen nie rundweg ablehnend sein.

Seelenfreunde suchen

Seelenfreunde betrachten einem wie einen wachsenden Baum, stützen das Seelische und Fühlende in einem. Bei der Partner- und Freundeswahl soll auch die Intuition mitspielen, denn sonst erlischt mit Beziehungen mit nicht gleich entwickelten Partnern mit der Zeit das Geistfeuer.

Die Frage nach dem eigenen Willen - das Unterscheidungsvermögen

Das Unterscheidungsvermögen kommt automatisch mit der Frage: Was will ich eigentlich? Die sich Entwickelnden lernen, Lockrufe und eigenen Willen zu unterscheiden. Dazu nötig ist eigener Mut, Willenskraft und seelische Substanz. Dies heisst aber auch immer wieder Verzicht und abwarten, bis sich das bietet, was man wirklich will.

Entscheidendes Kriterium ist die Frage: Kann das Gegenüber einem den Hunger der Seele stillen oder nicht? Die Antwort ist nur durch Intuition möglich.

Die Entwicklung des Menschen bei engem Kontakt mit der Intuition

Enger Kontakt zwischen Menschen, die beide die entwickelte Intuition besitzen, ruft eine ungeahnt erfrischende Spontaneität hervor, bei weiterhin gesetzten und anerkannten Grenzen. Die Seele spricht bei abgeschaltetem Ego.

Die "Wilden Mütter" als Vorbilder im Leben

Die "Wilden Mütter" Trifft man im Leben meist erst als Erwachsener. Es können Männer oder Frauen sein, die einem vorwärtsbringen:
-- sie führen weiter
-- sie kritisieren die Blockierungen auf verschiedenen Ebenen:

o auf der kreativen Ebene
o auf der sinnlichen Ebene
o auf der intellektuellen Ebene
o auf der spirituellen Ebene.

So entwickelt die lernende Person sich weiter, überschreitet die bisherigen Grenzen und betritt immer wieder seelisches Neuland. Darauf sind jeweils die "Wilden Mütter" stolz. Zum Schluss hat man dank den "Wilden Müttern" Kontakt zu den Urinstinkten gefunden:; die "Wilde Mütter-Väter".


Das Leben mit dem Geistfeuer
Das Leben wird völlig neu ausgerichtet:
-- alles Zerstörerische wird vernichtet im Haus
-- alle kreativen Taten werden möglich
-- alle Künste werden möglich
-- das Leben schöpft aus dem Vollen
-- falls etwas sterben muss, gibt es eine Wiedergeburt
-- wenn etwas sterben muss, so sagt einem die Intuition, die "Wolfsfrau" in einem, wann dies geschehen soll.

Die Eierstöcke werden zum Gefühlsorgan
Estes:
"Jede von uns weiss in los ovarios [in den Eierstöcken], im Grunde unserer Schürzentaschen, wann die Zeit des Todes für etwas in unserem Dasein gekommen ist." (S.115)

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