aus: Anke-Usche Clausen und Martin Riedel:
Methodisches Arbeitsbuch Band IV: Schöpferisches
Gestalten mit Farben mit der dazugehörigen
Materialkunde. Für alle Altersstufen.
Mellinger-Verlag Stuttgart, 1981
Zum Aufbau der
Farben generell - Naturfarben sind Lichtkräfte
Farben bestehen aus
-- Farbstoffe
-- Bindemittel, die die Farbstoffe am Malgrund
haften lassen (S.18).
Ab dem Mittelalter kommt in Europa die Technik des
Vorbeizens und des Beizens dazu (S.31-32).
Naturfarben sind
Lichtkräfte
"Naturfarben entstehen alle in der lebenden Pflanze
durch die Einwirkung des Lichtes, der Sonne, denn
Keime sind weiss oder Weiss ist die Farbe der Keime.
Verwenden wir also Pflanzenfarben, so malen wir
gewissermassen mit 'Lichtkräfte',
Farb-Licht-Kräften. [...] Wir legen vor allem Wert
auf die so wichtigen heilend wirkenden
Pflanzenfarben. Sie können in der heutigen Zeit der
aggressiven, grellen Teerfarbenprodukte,
Leuchtreklamen, Röhrenbeleuchtungen, Fernsehbildern
usw. beruhigend, erholsam und strahlungsabschirmend
wirken." (S.43)
Farben und Färberei in der Urzeit
Malereien der
Naturvölker und Höhlenbewohner
Die Menschen fühlten sich immer durch Farben im
Naturreich angesprochen, insbesondere durch den
Regenbogen, der z.T. als "Götterbrücke" verstanden
wurde. Andere auffallende atmosphärische
Farbenerscheinungen sind z.B. die Morgenröte. Mit
den Farben werden Gefühle verbunden (S.22).
Vor der Erfindung des Feuers war nur das Kaltfärben
mit mineralischen Farbstoffen möglich (S.24). Die
Färberei begann mit Experimenten mit Tierblut, mit
Pflanzen, mit farbigen Steinen (v.a. eisenhaltige
Metallkalke), oder mit Schlick aus verfaulten
Pflanzen, Naturvölker reiben sich mit Farben ein
(S.22).
Die Höhlenbewohner verwendeten als Farben
Bestandteile der Ockererde und des Manganschwarz
(S.20), aus Ocker, Bolus, Umbra etc., aus Kreide,
Gips und Kohle etc. (S.24). Sie verfügten damit über
eine Farbpalette von Rot, Braun und Schwarz in allen
Variationen. Sibirische Funde zeigten, dass ein
Mammut in einer Mischung zwischen Rotbraun und
Gelbbraun dargestellt war (S.20). Es ist anzunehmen,
dass die Erdfarben die ältesten Farben sind, mit
denen Köpfe, Masken und Tongefässe geschmückt wurden
oder dass mit den Kaltfarben Stoffe bestrichen
wurden (S.24).
Funktionen der Farbe bei den Naturvölkern:
-- als Schmuck am Körper
-- zur Insektenabwehr
-- Färben von Fellschurz oder Rindenstoffmantel
(S.24).
Bei Farben der Steinzeitmenschen
-- oft der rote Farbstoff aus dem Roteisenstein
-- Gelb aus dem Wau, eine Resedapflanze
-- Blau aus Attich (Sambucus nigra, schwarzer
Holunder)
-- Schwarz aus Russ der Feuerstellen oder aus mit
Fett versetzter Kohle (S.25).
Die Kaltanstriche waren aber nicht wasserfest. Sie
wurden wasserfest, wenn man als Bindemittel Fett
oder Leim beimengte (S.24).
Das Gleichgewicht
der Farben und ihre Harmonie
Naturvölker beachten immer ein Gleichgewicht und
eine Harmonie der Farben, so dass immer "bunte"
Muster entstehen, die höchste Energie ausstrahlen.
Ein natürliches Farbenbild im Gleichgewicht ergibt
sich durch Instinkt oder in der Natur. Das
natürliche Farbenbild ergibt eine angenehme Wirkung.
So malen sich Ureinwohner (Primärnationen,
"Indianer") oft mit verschiedenen Farben an (S.25).
Je nach Alter werden verschiedene Farben bevorzugt.
Jugendliche Mädchen bevorzugen Rosa und Meergrün,
ältere Frauen Violett und Dunkelgrün. Blondinen
bevorzugen Violett und Hellgelb, Brünette bevorzugen
Blau und Gelbrot (S.25).
Naturfarben in Europa
Blau aus Färberwaid
Blau wird von Waidjunkern (S.30) durch den
Färberwaid hergestellt, mit Verküpungsverfahren
(S.32). Es blüht der Waidenhandel (S.30).
Reseda (Gelb) aus
Wau (Färberreseda, Reseda luteola) [Färberwau]
Färberreseda (Wau) wächst überall auf Schutthaufen
und an Wegrändern. Die grünen Teile und die Blüten
enthalten den Farbstoff Luteolin. Das Kraut wird
getrocknet und aufgekocht. Man kann daraus einen
eingedickten Extrakt (Gaude oder Welde) herstellen,
der als Handelsware verwendet wird. Die Färber
verdünnen dann den Extrakt wieder (S.29).
Rot aus Färberröte
(Rubea tinctoria) oder Kermesschildlaus
(S.31)
Braun aus Lehm
Ungebleichtes Leinen wird in einer Lehmgrube mit dem
fetten Lehm eingerieben. Dann wird das Leinen mit
Wasser übergossen und in der "Färberbrühe" liegen
gelassen. Nach einer Woche ist das Leinen durch die
Eisenoxyde im Lehm angenehm bräunlich gefärbt. Die
Farbe bleibt ein Leben lang erhalten (S.31).
Beizen in Europa
Gebeizt wird v.a. Leinen, denn Leinen muss
vorgebeizt werden, damit es Farbstoffe annimmt. Im
Mittelalter wird das Beizen auf alle Faserarten
ausgedehnt, auch auf Wolle und Seide.
Mittelalterliche Beizen in Europa waren Alaun,
Aschenaufgüsse, Kalklaugen, Zinnsalze, auch
ausgefaulter Urin mit stärkerem Ammoniakgehalt
(S.31).
Malerei in Asien
Korea: Tusche
Korea ist zuerst das führende Land in der
Tuscheherstellung und exportiert z.T. nach China.
Korea bezahlt seinen Tribut an den chinesischen
Kaiser mit jährlichen Geschenken z.T. mit
koreanischer Tusche (S.76). Korea schreibt mit
Pinsel (Merck: Tusche).
Tusche ist die
Hauptstütze des kulturellen Wissens in China
China schreibt zuerst mit Tusche mit Holzstäbchen,
was sehr mühsam ist (Merck: Tusche).
Chinesische Schriftzeichen sind nicht nur ein
technisches, sondern auch ein moralisches und
künstlerisches Anliegen. Denn jeder in China, der
schreiben lernt, lernt auch malen und lernt, seine
Hand sicher zu führen. Der Nachteil ist, dass
in China lange die Mehrheit nicht schreiben
konnte, weil es zu schwierig erschien (S.72).
Tuschesteine sind in China Kult (S.73).
Ölfarben in der
Malerei im alten Ägypten
Bei den Ägyptern war die Anzahl der Malerfarben
durch einen Kanon bestimmt, der zuerst fünf, dann
sieben Farben zulässt. Entsprechend waren die
Paletten und Malstöcke mit fünf bzw. sieben
Aushöhlungen gestaltet (S.54).
Älteste
Aquarellmalerei
Die älteste Form der Aquarellmalerei ist der Papyrus
und die Hieroglyphenschrift des alten Ägypten sowie
Papier- und Tuschezeichnungen der Chinesen (S.56).
Ölfarben in der
Malerei Griechenlands
John lässt in seinem Werk "Die Malerei der Alten,
Berlin 1846", Plinius zu Wort kommen, der behauptet,
dass die Meisterwerke vieler Maler allein mit vier
Farben möglich seien:
-- Weiss mit Melischem Weiss
-- Gelb mit attischer, gelber Erde
-- Rot mit Pulischem Sinopsisrot
-- Schwarz mit Russschwarz, Kienschwarz oder
Elfenbeinschwarz (S.54).
Dies betrifft gemäss Plinius die Maler Apelles,
Echion, Melanthius und Nicomachus, die berühmtesten
Maler mit unsterblichen Werken. Ab der Einführung
von Purpur und Drachenbaum Dracum etc. ändert sich
auch die Farbpalette der Maler, und Traditionalisten
wie Plinius behaupten, nun sei "keine edle Malerei
mehr vorhanden" (S.54).
um 230 v.Chr.
China: Erfindung
des chinesischen Pinsels
Der Erbauer der chinesischen Mauer, General
Mung-tian, erfindet um 230 v.Chr. die Verbesserung
des koreanischen Pinsels. Der neue Pinsel löst die
bisherigen Holzstäbchen ab. Das Schreiben der
chinesischen Schrift wird damit sehr erleichtert
(Merck: Tusche).
123 v.Chr.
China: Erfindung
des Papiers - Tuschemalerei
Mit dem neuen Papier kombiniert mit Tusche und
Tuschepinsel ergibt sich die Tuschemalerei, und das
Schreiben der chinesischen Schriftzeichen wird noch
einfacher als zuvor (Merck: Tusche).
Naturfarben und Färberei im Römischen
Imperium
Purpur ist die
"höchste" Farbe in Rom
Purpurfärber bildeten eine eigene Zunft. Der Beruf
war erblich und die Nachkommen durften keinen
anderen Beruf erlernen. Zunftzeichen war ein Korb
mit Purpurwolle. Im Römischen Kaiserreich waren die
Orte der Purpurschneckenzucht u.a. an der heutigen
dalmatischen Küste und streng geheim. Prinzenbabys
wurden in der römischen Kaiserzeit in Purpurwindeln
gewickelt. Purpurstreifen waren ehrende
Auszeichnungen an den Gewändern der hohen, römischen
Beamten. Unter Nero galt die Todesstrafe für Leute,
die unrechtmässig Purpur trugen oder andere Farben
auf Purpur setzten (S.42).
Der Griffel, stilus, dient zum Schreiben auf
Wachstafeln (S.89).
Untergang des Römischen Imperiums
Untergang des alten
Rom - Färbrezepte aus Asien in Europa?
Es ist nicht erforscht, inwiefern alte Färberezepte
aus der Römerzeit sich in Europa erhalten haben und
ob eventuell asiatische Pflanzen daran beteiligt
waren (S.31).
Purpur im
"Christentum" ist weiterhin "höchste" Farbe
Purpur galt als die kostbarste Farbe, die den
Priestern und Königen vorbehalten blieb. Ab dem 12.
Jh. bricht die Purpurfärberei zusammen (S.42) [ohne
Angaben von Gründen].
Naturfarben und Färberei bei den
Primärnationen (Ureinwohner, "Indianer")
Naturfarben bei den
nord-"amerikanischen" Primärnationen
Aus eisenhaltigen Mineralien, die sie in Gruben oder
in Brüchen fanden, wurden Farben wie Braun, Rot,
Grün, Blau, Gelb, Orange und Purpur hergestellt
(S.24).
Weiss wurde durch das Schlämmen und durch das
Auftragen von Kaolin, Kalk und Gips hergestellt.
Schwarz wurde durch Verwendung von Graphit,
Pulverkohle und Russ hergestellt.
Grün und Blau wurden mit Kupfererzen und
Eisenphosphat hergestellt.
Als Bindemittel dienten Fett oder Leim (S.24).
Naturfarben bei den
Omaha-Primärnationen in Nord-"Amerika"
Dunkelblau wurde aus der Rinde des weissen Ahorns
und aus gestossenem gelben Ocker hergestellt
(S.24-25).
Naturfarben bei den
Primärnationen der Prärie in Nord-"Amerika"
-- als Bindemittel wurde der Saft der indianischen
Feige benutzt
-- geröstete Leber wurde als Auflösungs- und
Entfernungsmittel benutzt (S.25).
Naturfarben bei den
Eskimos
Leder wurde rot gefärbt, indem sie den Saft der
Purpurschnecke in das Leder einkauten. Der Speichel
wirkte mit seinem Ptyalin (ein Ferment,
Gärungsmittel) als chemisches Bindemittel oder Beize
(S.25).
Naturfarben mit
Wolle bei den Primärnationen "Amerikas"
bei den Stämmen der Ureinwohner ("Indianer") der
Chilkat [Chilkoot] in Alaska
bei den Navaho [Navajo] im Südwesten Nord-"Amerikas"
(S.25).
Sie färbten vorwiegend mit pflanzlichen Farbstoffen.
Wolle und Seide sind tierische Fasern und nehmen die
Farben leichter auf als die pflanzlichen Fasern
Baumwolle, Leinen und Jute (S.25).
Als Beizen [Haftstoffe der Farben an den Geweben]
verwendeten die Navajo- und die Hopi-Ureinwohner
Urin oder Alaun (ein Doppelsalz aus schwefelsaurem
Kali und schwefelsaurer Tonerde). Für die
Schwarzfärberei verwendeten die Navajo- und
Hopi-Ureinwohner eine mit organischen Säuren
versetzte Eisenverbindung (S.25).
Technische Völker:
Farben in Ägypten, Indien und China
Technische Völker färben Stoffe und Gewänder. Beeren
werden ausgedrückt, Fruchtschalen gekocht, Galläpfel
verwendet (S.22). Ägypten, Indien und China
entwickeln früh eine perfekte, aber zeitintensive
Färberei mit Naturfarben wie eine Religion, die die
"Moderne" wegen Zeitmangels nicht zustandebringt.
Der Saft der Purpurschnecken ist speziell, denn die
Kleider werden mit der Zeit immer schöner (S.23).
Asien: Tuschekultur
in Korea, Japan und China
Japan und China entwickeln eine Tuschemalerei. Die
Tuschsteine, Reibsteine und die Tuschmalkästen
werden Kult (S.75). China bezieht die Tusche dabei
zuerst aus Korea. Die Könige von Korea schenkten dem
chinesischen Kaiser jährlich als Tribut Tuschsteine
aus Russ von Fichtenbäumen und Hirschhorngallerte
(um 620 n.Chr.). Erst um 900 n.Chr. gelingt es den
Chinesen, die koreanische Tusche ebenso schön
nachzumachen (S.76).
Farben und Färberei im Vormittelalter
Aquarelle in Byzanz
als Miniaturmalerei (S.56).
um 600 n.Chr.
Japan kopiert die
koreanische Tusche
(Merck: Tusche)
Einfluss der
griechischen und römischen Autoren auf die
Färberei im Mittelalter
Die alten antiken Schriftsteller der antiken
Naturwissenschaften haben Einfluss auf das
Mittelalter in Europa, denn es liegen Übersetzungen
vor, z.B. von Dioskurides, Theophrast, Plinius d.Ä.
und auch Vitruv. Den grössten Einfluss hat
Dioskurides mit seinem pharmakologischen Werk, das
seit dem 6. Jh. auf Latein übersetzt ist.
Langobardische und fränkische Mönchsärzte kannten
diese Übertragung z.T. vollständig. In Dioskurides'
Werk sind beschrieben
-- die technisch vollkommenen Methoden der
Drogenherstellung
-- des Zinnobers, der Mennige und anderer Farben
(S.33).
Die Überlieferungen machen sich "selbständig" und
werden zu "Wanderrezepten" (S.33).
Einfluss der
arabischen Schulen auf Europa
Nach der arabischen Besetzung Alexandriens im Jahre
641 wird der Nahe Osten und Syrien zur Brücke des
griechischen Wissens, das von der arabischen Kultur
weiterentwickelt wird (S.33). Das Wissen um
Farbstoffe ist in den grossen arabischen
Lehrschriften der arabischen Ärzte abzulesen
(S.33-34), wo die Farbstoffe medizinisch eingesetzt
werden, z.B. Indigo, Rotholz u.a. (S.34).
Farben und Färberei im Mittelalter
Völkerwanderung
Beizen: Vorbeize
"Die Übernahme der Beizenfarbstoffe mit der
unumgänglichen Vorbeize auf Alaunbasis ist die
Kardinalfrage in der Geschichte der
frühmittelalterlichen Färberei." (S.31)
Es wird angenommen, dass mit der Völkerwanderung das
Wissen um die Alaunbeize zu den Germanen gelangte
(S.32).
Klostergründungen:
Erste Färbereien im Mittelalter in Klöstern und
auf Fronhöfen
In den Klöstern werden die ersten abendländischen
Sammlungen farbtechnologischer Vorschriften
angelegt, die von nun an zum Grundbestand der
Klosterbibliotheken gehören. Dabei haben die
Farbrezepte der Buchmaler den Vorrang. Für die
Nonnenklöster dagegen waren die Textilfarben
wichtiger. Die wichtigste erhaltene Überlieferung
für das Färben von Textilien kommt aus dem
Dominikanerinnenkloster St. Katharina mit antiken
Rezepten, die im Mittelalter Gang und Gäbe waren
(S.33).
Die ersten Färbereien Europas existieren in
klösterlichen Handwerksstuben und in Tuchmachereien
auf den Fronhöfen (S.32).
Farbschildlaussammeln
Der Handel mit Farbschildläusen lohnte sich nur,
wenn er im Grossen betrieben wurde. Es wird darum
bald zu einem grundherrlichen Privileg (S.43).
Schreiben und
Zeichnen mit Kohle
Im Mittelalter wird Kohle zum Schreiben und zum
Zeichnen verwendet (S.89).
um 900 n.Ch.
China kopiert die
koreanische Tusche
(S.76)
ab 10. Jh.
Rezeptbücher für
Tusche in Europa
(S.73)
1070
China: Kaiser
Sching-tson definiert eine "Palasttusche"
(Merck: Tusche)
Aquarelle im späten
Mittelalter in Europa
als Miniaturmalerei, z.B. Albrecht Dürer (S.56).
Kreuzzüge
Neue Farben ab den Kreuzzügen aus Asien in
Europa
Ab dem 11. / 12. Jh. werden Sizilien und Spanien zu
kulturellen "Brücken" zwischen der arabischen Welt
Asiens und Afrikas und der europäischen Welt, wo die
arabischen Lehrschriften ins Latein übersetzt werden
(S.34).
Neue Färberpflanzen
in Europa ab den Kreuzzügen
-- Indigo (galt als "König der Farbstoffe")
verdrängt den Waidanbau (S.29)
-- rotes Pernambukholz / Brasilholz
-- Gelbwurz
-- Campecheholz / Blauholz (S.30)
-- Krapp
-- Galläpfel (S.35)
Über arabische Zwischenhändler sind in Europa meist
zu beziehen: Saflor, Brasilholz, spanische
Safransorten u.a. Die Produkte tragen arabische oder
arabisierte Namen:
-- Safran (von arab. za'faran) (S.34)
-- Saflor (altfrz. asfrole, frz. saffleur, it.
asfiori, arab. 'usfur)
-- Sandelholz (arab. sandal, persisch: cändäl,
altindisch: candana) (S.35)
ebenso Lasurblau ("mineralisches Blau") aus dem
Halbedelstein Lapislazuli (spätgriech. lazoúrion,
arab. lazaward, mittelpersisch: läzwärd (S.35).
Neue Stoffe in
Europa ab den Kreuzzügen
-- baldekin (Stoff aus Baldac, Bagdad)
-- Damast (Stoff aus Damaskus) (S.35)
Neu eingeführt: Krapprot durch Färberkrapp
(Färberröte, Rubia tinctorum und peregrina)
Krapp stammt aus dem Orient und kann in Europa nur
in wärmeren Gegenden angebaut werden, auf warmen,
kalkhaltigen Böden (S.27).
Die Wurzel des gelb blühenden Krautes Krapp verholzt
nach 3 Jahren. Zuerst entdeckte man, dass beim
Zerkauen des süssen, gelbrötlichen Fleisches der
geschälten, verholzten Wurzel sich der Speichel rot
färbt. Der Wurzelzucker wird in roten Farbstoff
umgewandelt. Irgendein heller Kopf fand dann heraus,
dass ich das Fleisch von Krapp auch dann rot färbt,
wenn man die Pflanze zerschneidet und dörrt und dann
die getrockneten Stücke aufkocht. Dies ergibt einen
gebrauchsfertigen, färbenden Absud und kann nun auch
für die Massenproduktion gebraucht werden. Heute
kommt die entschalte, gemahlene Wurzel als Pulver in
den Handel (S.27).
"Der Farbstoff ist an Zucker gebunden und zunächst
noch in seiner so genannten Leuko-Form (farblos)
vorhanden. Durch Gärung. Durch Gärung, Behandlung
mit bestimmten Fermenten oder starken Säuren, wird
diese Leukoform zerstört und der Farbstoff frei.
Seine Beständigkeit ist so gross, dass er selbst
durch relativ konzentrierte Schwefelsäure nicht
zerstört wird und beim Einnehmen als Medikament
Milch, Knochen und Schweiss noch rot färbt." (S.27)
Neu eingeführt:
Indigo (Blau)
Die Indigopflanze (S.28), lat. Indigofera (S.29),
kommt aus Ostindien. Eine weniger bedeutende Art ist
die "amerikanische" Variante (Indigo Anil L.)
(S.28).
Die Krautteile der Indigopflanze wird vor der Blüte
geschnitten, in einer Zisterne mit Wasser übergossen
und gären gelassen, bis die Schaumbildung nachlässt
und die Oberfläche der Flüssigkeit eine rote Farbe
annimmt. Die gelblichgrüne Flüssigkeit wird von den
Pflanzenteilen getrennt und in einer zweiten
Zisterne mit Gewebeboden lange und kräftig
umgerührt, so dass sie intensiv mit der Luft in
Berührung kommt. Der Sauerstoff der Luft lässt die
"Leukoform" des Farbstoffes oxidieren und geht aus
der löslichen Form in die unlösliche Form über: Der
Indigofarbstoff scheidet sich aus der Flüssigkeit
aus und setzt sich am Gewebeboden der Zisterne ab.
Man kann den Gewebeboden mit dem "Farbkuchen"
herausheben und trocknen. Grössere Teile des
Farbkuchens im Handel haben oft noch den Abdruck des
Gewebebodens (S.28).
Indigo wird in dunkelblauen Pflanzenstücken
verkauft, die beim Reiben mit dem Fingernagel eine
glänzende Kupferfarbe annehmen. An diesem
Kupferglanz kann man die Qualität des Indigo
erkennen. Aus 1000 kg Pflanze gewinnt man 2 bis 5 kg
Indigo (S.28).
Bis ins 19. Jh. wird der Indigohandel intensiv in
Indien und Ägypten angebaut (S.28). Der in Europa
gehandelte Blaustoff aus dem Färberwaid ist noch
nicht gefährdet, denn Indigo ist noch viel zu teuer
(S.36).
Weitere
Farbpflanzen und Grundstoffe zur Herstellung von
Farbstoffen
-- Gelb: aus Ginster und Kreuzbeeren
-- Rosa bis Kirschrot: aus Saflor oder wildem Safran
-- Rotviolett: aus Orseille-Flechte (S.29)
-- rotes Pernambukholz / Brasilholz
-- Gelbwurz
-- Campecheholz / Blauholz (S.30).
Das Brasilholz wird der wichtigste rote
Beizenfarbstoff des Mittelalters (S.31).
Gleichzeitig wird im Mittelalter in Europa das
Handwerk ausgebaut und die gesamte gesellschaftliche
Struktur verändert, so dass für Farben und
Färbereien ganz neue Möglichkeiten geschaffen
werden. Ab dem 12. / 13. Jh. sind Färbemittel in
grösseren Mengen und zu günstigen, "normalen"
Preisen, zu haben. Sie beleben die Liebe zu
kräftigen Farbtönen, wie sie in den meisten
Miniaturen und Tafelbildern des späten Mittelalters
zu sehen sind (S.35).
ab 1200 ca.
Europa: Einführung
des Blei als Schreibgriffel
Nach dem Mittelalter wird Blei als Schreibgriffel
eingeführt, bzw. eine Mischung von 2 Teilen Blei und
1 Teil Zinn. Der Griffel wird "lapis piombino"
genannt, "Schreibblei", "Reissblei" oder
"Wasserblei". Reissen bedeutet hier so viel wie
Zeichnen, vgl. Reisszeug, Grundriss (S.89).
14. Jh.
Europa: Immer noch
Metallstäbe zum Zeichnen - und dann Graphitstäbe
als "Reissblei"
Zum Zeichnen bedient man sich immer noch
Metallstäbchen, angeblich z.B. auch der Holländer
Jan van Dyck. Mit der Zeit entdecken die
Wissenschaftler in Europa den Graphit, mit dem man
gut schreiben kann. Man überträgt dem Graphitstift
die Bezeichnung "Reissblei" (S.89).
ab 1491
Neue Färberpflanzen in Europa ab den
Koloniengründungen
Azteken mit
karminroten Geweben
Das Karminrot der Azteken wird aus dem Auszug von
getrockneten Koschenilleläusen hergestellt, die sich
an bestimmten Kakteen befinden. Das Karminrot der
Azteken erlebt in Europa eine ungeheure Nachfrage
(S.30). Der Import der mexikanischen Cochenilleläuse
und von Cochenillerot ist von Anfang an ein Privileg
der spanischen Krone (S.43).
Das Karminrot ist leichter zu verarbeiten: Es löst
sich leicht in ammoniakalischer Flotte und kann mit
Alaun zu einem sehr echten, dauerhaften Lack
niedergeschlagen werden (S.43).
Blauholz
Auch das Blauholz wird aus "Amerika" in Europa
eingeführt, verändert sich aber wie die vielen Blaus
der blauen Beeren mit der Zeit durch die Wirkung des
Sauerstoffs in ein fahles Braungrau und ist kein
wirklicher Ersatz (S.37).
ab 1500 ca.
Direkter Handelsweg zwischen Europa und
Indien: Fallende Preise für Färbstoffe
Erst nach dem teilweise Ausschalten des arabischen
Zwischenhandels können sich die asiatischen
Färbstoffe in Europa endgültig durchsetzen (S.36).
Ab jetzt muss der Farbstoff für Blau in Europa
geschützt werden, denn der Preis für Indigo sinkt
bedrohlich und wird zur Konkurrenz (S.36). In Europa
wird der Handel mit Indigo z.T. verboten, um die
Produktion von Blau mit dem Waidanbau und um die
Waidjunker zu schützen. In Frankfurt a.M. wurde der
Handel mit Indigo im Jahre 1577 z.B. unter
Todesstrafe gestellt. Weltliche Verbotsgesetze gehen
mit kirchlichen Strafen gegen Indigo Hand in Hand.
Im Jahre 1654 bezeichnete eine Verordnung den Indigo
als eine "fressende Teufelsfarb" mit der Behauptung,
die mit Indigo gefärbten Stoffe seien behext und
würden von der Farbe allmählich zerfressen werden.
Schliesslich setzt sich aber der Indigo gegen den
Waid durch und der Stand der Waidjunker löst sich
auf (S.30).
Allgemein bewirkt die Konkurrenz der Produkte aus
Europa und aus Asien eine Verbesserung der Verfahren
-- in der Küpenfärberei [mit Färberwaid]
-- in der Anwendung von Beizen
-- in der richtigen Behandlung der vegetabilischen
Fasern
-- man lernte ausserdem, durch Zusatz von Essig oder
von Aschenlauge, die Flotte sauer oder basisch
einzustellen
-- man konnte die Flotte auch andicken, um in
manchen Fällen das Aufziehvermögen zu verbessern
-- umstritten sind Rezepte mit Zusätzen von
Sauerbier, Holzapfelsaft oder Pflanzensäften mit
Säuregehalt, die eventuell auch aus der Römerzeit
stammen könnten (S.36).
Einführung der
Tusche in Europa
Erst ab der Etablierung fester Handelsbeziehungen
kommt die Tuschkultur auch nach Europa. Gleichzeitig
halten die chinesischen Produzenten die
Herstellungsverfahren natürlich geheim. Die
Berichterstatter berichten regelmässig, die
chinesische Tusche sei aus
-- Fichtenholzruss oder Ölruss
-- Hirschhorngallerte
-- etwas Moschus und Kampher
zusammengeknetet. Chemische Untersuchungen
bestätigen dies (S.76).
1564
England: Fund einer
grossen Graphitgrube in Borrowdale in Cumberland
"Die erste zuverlässige Angabe über Graphit stammt
aus dem Jahre 1564, als man die berühmte
Graphitgrube von Borrowdale in Cumberland (Engl.)
aufgefunden und das Mineral zur Bereitung von
Schreibstiften verwendet hat. In Deutschland hiessen
diese Stifte stets "Wasserblei und Reissblei", in
Italien graphio piombino.
Die ersten Schreibstifte waren Stäbchen aus Graphit,
aus dem Mineral herausgeschnitten und mit Holz
überzogen. Man nannte sie eben Bleistifte
[Blei-Stifte, eine eigentlich total falsche
Bezeichnung]." (S.89)
Ende 16. Jh. [1590 ca.]
Nürnberg:
Bleistiftproduktion
Nürnberg hat die erste Bleistiftproduktion in
Europa, wo sich eine mächtige Bleistiftfirma
entwickelte: Johann Faber. Den Graphit bekommt die
Firma aus der englischen Graphitgrube in Borrowdale
(Cumberland). Die Produktion bleibt auf primitiver
Stufe. Dann aber erschöpft sich die Grube und man
muss ein neues Mineral für die Stifte oder eine neue
Grube Graphitgrube finden (S.89).
18. / 19. Jh.
Neue Entfaltung der
Aquarellmalerei in Europa
(S.56)
Mitte 19.Jh. bis 1894
Wechsel auf den
Kanaren von Wein auf die Koschenillelaus für
Karminrot
Mitte 19. Jh. wird durch Rebkrankheiten der Weinbau
auf den Kanarischen Inseln fast gänzlich
ausgerottet. Dafür beginnt man nun auf den Kanaren
mit der Kultivierung der Koschenillelaus und macht
so mit dem Export der Schildläuse für die
Herstellung von Karminrot ein Riesenvermögen. Ein
Kilogramm Schildläuse umfassen ca. 150.000
Exemplare. 1894 ist aber Schluss mit dem Geldsegen,
als die Chemie die künstliche Produktion von
Karminrot erfindet (S.30).
19. Jh.
Die Industrialisierung zerstört die
natürliche Färberei in Europa
Die
"industrialisierten Staaten": Die Teerprodukte
verdrängen die natürlichen Farben aus Pflanzen,
Tieren und heimischen Mineralien - die Verbindung
mit der Natur geht verloren
Seit der Einführung der künstlichen Farbstoffe aus
dem Steinkohlenteer sind die alten Herstellungsarten
industriell nicht mehr interessant (S.19)
Fall Krapprot: 1868 entdeckte man, dass der
Alizerin-Farbstoff der Krappwurzel verwandt ist mit
bestimmten Anteilen des Kohlenteers. So konnte man
den Farbstoff ab sofort synthetisch herstellen, und
der Anbau von Krapp ging bis auf kleine Gebiete in
Südfrankreich und Kleinasien zurück. Kleine Mengen
werden auch noch in der Medizin gebraucht, sowie zur
Herstellung von Aquarellfarben (echter Krapplack)
(S.27).
Fall Indigo: Das blühende Gewerbe mit Indigo in
Indien und Ägypten wird ab der Entdeckung der
Indigo-Synthese im 19. Jh. fast vollständig zerstört
und wird heute nur noch an wenigen Stellen Bengalens
in Indien betrieben (S.28). Der synthetische
Indigo-Farbstoff ist in der Qualität immer gleich
konstant, ist leichter zu verarbeiten und billiger
(S.30).
Weitere natürliche Grundstoffe, die wegen der
chemischen Herstellungsprozesse zurückgedrängt
werden, sind
-- rotes Pernambukholz / Brasilholz
-- Gelbwurz
-- Campecheholz / Blauholz (S.30).
Fall Karminrot: 1894 wird die Formel zur Herstellung
von synthetischem Karminrot entdeckt und der Handel
mit Koschenilleläusen (bzw. Schildläusen) von den
Kanarischen Inseln aus bricht zusammen. Die
Koschenillekulturen müssen schliessen (S.30).
ab 1918
Aquarelle in
Steiner-Schulen
In den ersten Schuljahren werden nur Aquarelle
gemalt mit Nass-in-Nass-Malen, mit
Feucht-Schichtung, oder mit Feucht-in-Feucht-Malen
(S.61).
[Leider wird den Eltern der SchülerInnen und anderen
Aussenstehenden diese Weiterbildung jeweils
verwehrt].
1950 ca.
Erfindung der
Bienenwachsfarben und Herstellung in Holstein
Die Bienenwachsfarben bringen ein völlig neues
Malgefühl mit Stiften und Kreiden (S.87).
Farben
und Färberei heute
Bevölkerungen, die nicht industrialisiert sind,
haben heute noch meistens sehr farbige Kleider im
Gleichgewicht der Farben (S.25). Die Naturfarben
wirken bis heute beruhigend, erholsam und
strahlungsabschirmend (S.43).
Attich (Sambucus nigra, schwarzer Holunder) wird
heute noch zum Weinfärben benutzt (S.25).
Die industrialisierten Staaten haben Farben aus der
aggressiven Chemieindustrie aus Teerfarbenprodukten,
und die Farben strahlen grell von Leuchtreklamen,
Röhrenbeleuchtungen, Fernsehbildern usw. und wirken
alles andere als beruhigend (S.43).
Färberei bei den
Naturvölkern der Gegenwart
Melanesien:
Herstellung von Rot mit der Nuss der Betelpalme
Die Nuss der Betelpalme wird zerkleinert, mit Kalk
in Betelpfefferblätter gewickelt und dann gekaut.
Der Speichel, das Zahnfleisch und die Lippen werden
blutrot gefärbt. [Dem Speichel wird nun Kalk
zugesetzt], der als Beize bzw. als Haftmittel dient
(S.26). Die Farbe wird dann zum Färben von Haaren
und anderen Stoffen weiter benutzt (S.25).
Melanesien:
Herstellung von Orange mit der Nuss der Betelpalme
und Kalkzusatz
Erhöht man den Kalkzusatz, ergibt sich Orange
(S.25).
Insel Yap (Südsee):
Herstellung von Rot mit der Wurzel des
Morindabaumes
Die Wurzel des Morindabaumes wird geschabt. Dem
Pulver wird Kalk zugesetzt, so dass eine dunkelrote
Färbung erfolgt. Der Kalk dient zugleich als Beize,
ohne die das feine Bastgewebe die Farbe nicht
annehmen würde. Das Pulver wird mit Wasser verdünnt
und aufgekocht. In die kochende Farbbrühe werden die
Bastkleider gefärbt und wird bräunlich. "Hierauf
schüttet man den Sud in eine Arekablattschale, es
wird wiederum Kalkpulver hinzugetan und in dieser
Farbstofflauge färbt sich dann der Stoff schön
dunkelrot." (S.26)
Herstellung von
Naturfarben der tropischen Völker
-- Gelb: aus Kurkumawurzel
-- Karmesin: (dunkelrot-bläuliche Farbe): aus
Mangrove
-- schwarz- bis dunkelroter Firnis: ist ein Absud
aus den gebrannten Nüssen von Aleurites triloba
-- Rot: aus Früchten von Ficus tinctoria und den
Blättern von Coria sebestana (S.26).
Herstellung von
Naturfarben in Afrika
-- Rotholzschminke zur Färbung des Körpers
-- Gelb: aus Eisenocker
-- Weiss am Obernil: aus Hundekot
-- Schwarz: aus Gardeniasaft
-- als Beize dient Humus aus Bächen und Sümpfen, wo
die zu färbenden Stoffe eingegraben werden (S.26).