aus: Wirkungen der Schule im
Lebenslauf. Ein Quellenlesebuch der Pädagogik Rudolf
Steiners, bearbeitet von Karl Rittersbacher;
Zbinden-Verlag, Basel 1975
Handarbeit: Stricken
"Heute wissen viele Männer wirklich gar nicht, was für ein
gesundes Denken, für eine gesunde Logik man hat, wenn man
stricken kann. Viele Männer können das gar nicht
beurteilen, was man für das Leben hat, wenn man stricken
kann. Bei uns in der Waldorfschule stricken die Knaben
neben den Mädchen, stopfen auch Strümpfe. Dadurch wird
natürlich, wenn später differenziert werden muss, diese
Differenzierung als etwas Selbstverständliches sich
ergeben, aber es wird dadurch auch eine Erziehung
erreicht, welche mit dem Leben, in das sich der Mensch
hineinstellen muss, wirklich rechnet."
(S.126; D15)
Werkunterricht: Sachen
reparieren lernen
"Die Leute sind immer furchtbar erstaunt darüber, wenn ich
eine Behauptung aufstelle, die nicht bei mir nur
Überzeugung, sondern psychologische Erkenntnis ist: Ich
kann einmal nicht den für einen guten Professor ansehen,
der nicht, wenn es nötig ist, sich seine eigenen Stiefel
flicken kann. Wie soll man denn überhaupt über das Sein
und über das Werden etwas Ordentliches wissen, wenn man
nicht einmal seine Stiefel flicken kann, wenn es notwendig
ist!"
(S.127; D15)
Werkunterricht:
Menschenerkenntnis fördern durch Weberei - Spinnerei -
Papier herstellen
"Die Menschenerkenntnis fordert, dass man durch eine
richtige Vorbereitung in das praktische Leben hinein die
ganze Führung der Erziehung leitet. Und so ergibt es
einfach das Lesen in der Menschenwesenheit, dass zum
Beispiel in einer bestimmten Schulklasse die Kinder (nein,
die jungen Herren und jungen Damen) herangeführt werden an
das Weben, dass sie den Webstuhl beherrschen lernen; dass
sie herangeführt werden an das Spinnen; dass sie lernen,
auch einen Begriff sich aneignen, wie Papier gemacht wird
zum Beispiel; dass sie lernen, wenigstens die einfachen
Verrichtungen der mechanisch-chemischen - nicht nur
Mechanik und Chemie - sondern der mechanisch-chemischen
Technologie zu begreifen und auch im Kleinen zu handhaben,
so dass sie wissen, wie es im Leben geschieht. Dieser
Übergang zu einer wirklich praktischen Unterrichts- und
Erziehungsführung, er muss gefunden werden. Und das wird
eben gerade angestrebt werden müssen, wenn man in Ernst
und Ehrlichkeit auf wirklicher Menschenerkenntnis eine
Pädagogik und Didaktik insbesondere für die höheren
Klassen aufbauen will."
(S.127; D15)