aus: Wirkungen der Schule im
Lebenslauf. Ein Quellenlesebuch der Pädagogik Rudolf
Steiners, bearbeitet von Karl Rittersbacher;
Zbinden-Verlag, Basel 1975
Freies Spiel von Buben
und Mädchen zusammen - Verhinderung von bleichen Mädchen
(Anämie)
"Dieses freie Spiel ist dasjenige, was man studieren muss!
Man muss das Kind kennenlernen, dann wird man auch die
Möglichkeit finden, es zu diesem freien Spiel anzuregen.
An diesen freien Spielen sollen die Knaben ebenso wie die
Mädchen teilnehmen können. Dadurch wird die Möglichkeit
herbeigeführt werden, dass durch die Regsamkeit, welche
dann das Innere des Menschen mitmacht, während das Kind
äusserlich rege ist, die gesamten inneren Funktionen in
einer harmonischen Weise zur Betätigung kommen. Und man
wird vor allen Dingen in der richtigen Weise dann auf so
etwas hinsehen wie, sagen wir, das Eintreten der Anämie,
der Bleichsucht bei jungen Mädchen, die ja in den meisten
Fällen einfach davon herrührt, dass die jungen Mädchen
abgeschlossen werden von den Knaben, dass es so angesehen
wird, als ob es bei ihnen nicht artig wäre, wenn sie etwas
herumtollen, am freien Spiel mit den Knaben teilnehmen,
Nur vielleicht in einer kleinen Weise nuanciert sollen sie
in derselben Weise dasjenige ausführen, was die Knaben im
freien Spiel ausführen. [...] Wir behüten es [die Mädchen]
in dieser Beziehung davor, dass seine inneren Funktionen
allmählich träge werden und es nicht bis dahin bringen, in
der richtigen Weise aus der Verdauungstätigkeit heraus das
Blut zu bilden."
(S.131; D8, 15. Vortrag)
Schlechter Stoffwechsel
ohne Kinderspiel
"Dasjenige, was dann hier noch besonders in Betracht
kommt, ist, dass wir die Gesamtgesundheitsveranlagung des
Kindes auch durch geistige Überbürdung beeinträchtigen.
Wenn wir das Kind nicht in der richtigen Weise ins
Bewegungsspiel hineinbringen, dann versorgen wir in
schlechter Weise seinen Stoffwechselorganismus."
(S.132; D8, 15. Vortrag)
Das Kinderspiel zwischen
7 und 14 Jahren wird sehr wichtig als Rollenspiel für
die Jugend und für die spätere Urteilskraft
"Aber das Eigentümliche ist, dass man das, was als
Geselliges auftritt, im Spiel vom Zahnwechsel bis zur
Geschlechtsreife, eigentlich wie das vorbereitende Element
für das nächste Lebensalter findet. Es ist sehr
eigentümlich, wie im nächsten Lebensalter mit der
Geschlechtsreife das selbständige Urteil auftritt, wo der
Mensch sich der Autorität entreisst, sein eigenes Urteil
bildet, als einzelner Mensch dem andern gegenübertritt.
Vorbereitend tritt im kindlichen Spiel, eben nicht ins
äussere soziale Leben eingegliedert, sondern eben nur in
der Spieltätigkeit, dieses gleiche Element gerade in der
vorhergehenden Lebensepoche auf. Das, was also in der
vorhergehenden Lebenseopoche auftritt im kindlichen,
geselligen Siel, ist das vorläufige Sichlosreissen von der
Autorität."
(S.117; D5, 13. Vortrag)
Die Funktionen des
Spiels: 0-7 wirkt auf Erwachsenenleben ab 21, Spiel 7-14
wirkt auf die Jugend 14-21
"Das Spiel gibt dem Kinde bis zum 7. Jahre, bis zum
Zahnwechsel, etwas, was verleiblicht erst im 21. oder 22.
Jahre ins Menschenleben eintritt, womit erworben wird die
(S.117) selbständige Individualität des Verstandes- und
Erfahrungsurteils und so weiter. Dasjenige aber, was vom
7. Jahre bis zur Geschlechtsreife im Spiele sich
vorbereitet, das tritt früher in der Entwickelung im
Lebenslaufe auf, das tritt dann von der Geschlechtsreife
bis zum 21. Jahre auf. Das ist ein Übergreifen. Es ist
sehr interessant, darauf aufmerksam zu werden, dass wir
das, was wir für unseren Verstand, für unsere
Lebenserfahrung, für unsere gesellige Zeit als Fähigkeiten
haben, den ersten Kinderjahren verdanken, wenn das Spiel
ordentlich geleitet wird. Das hingegen, was in unseren
Lümmel- oder Flegeljahren in die Erscheinung tritt,
verdanken wir der Zeit von dem Zahnwechsel bis zur
Geschlechtsreife. Da überschneiden sich also die
Zusammenhänge in dem menschlichen Lebenslauf." (S.118)
(S.117-118; D5, 13. Vortrag)
Folglich ist der Primarlehrer wichtiger als der Dozent an
der Universität:
"Der Volksschullehrer ist für den Gymnasiallehrer oder für
den Universitätslehrer unendlich wichtig, ja, er ist
wichtiger, weil der Universitätslehrer gar nichts machen
kann, wenn ihm der Volksschullehrer nicht richtig
vorgebildete Kräfte hinaufschickt. Das ist tatsächlich von
einer grossen Bedeutung, dass man mit diesen
zusammengehörigen Lebensabschnitten wirklich rechnet. Man
wird dann sehen, dass reale Anhaltspunkte nur aus der
Geisteswissenschaft heraus zu gewinnen sind."
(S.119; D5, 13. Vortrag)