aus: Wirkungen der Schule im
Lebenslauf. Ein Quellenlesebuch der Pädagogik Rudolf
Steiners, bearbeitet von Karl Rittersbacher;
Zbinden-Verlag, Basel 1975
Denkfähigkeit erwerben an
der Pflanzenwelt - Willen erwerben an der Tierwelt
"Aus dem Fühlen entwickeln wir im Zusammenhange mit der Welt
das Denken an dem, was das Denken niemals tot sein lässt: an
der Pflanzenwelt; den Willen an dem, was den Menschen, wenn
er richtig betrachtet wird, mit dem Tiere richtig
zusammenbringt, aber ihn auch über das Tier erhöht: durch
die Tierkunde die Ausbildung des Willens."
(S.170; D12, 9. Vortrag)
Willen schulen durch Musik
"... die Erstarkung des Wollens durch künstlerische Mittel
richtig zum Ausdruck bringen. Dazu soll von Anfang an
malerische, künstlerische Unterweisung dienen und auch
musikalische. Wir werden dabei bemerken, dass gerade in der
ersten Zeit der zweiten Lebensepoche das Kind für die
autoritative Unterweisung durch das Künstlerische am
allerempfänglichsten ist, und dass wir da am meisten mit ihm
erreichen können. Es wird wie von selbst hereinwachsen in
das, was wir ihm übertragen wollen, und es wird seine
denkbar grösste Freude haben..."
(S.179; D3, Band II., 1. Vortrag)
[Viele Eltern zwingen ihre Kinder zur Ausübung eines
Instruments, oder das Kind steht "nicht gut da", wenn es
kein Instrument spielt. Dieses Tabu-Thema wird von Steiner
nie angesprochen, obwohl der Zwang andere Talente
verschüttet].
Schulkind 10-16 Jahre ca.
Trennung von Fühlen und
Wollen trainieren
"Wir haben das Kind für das spätere Leben nur dann richtig
vorbereitet, wenn wir in ihm bewirken, dass das Fühlen sich
gut loslösen kann von dem Wollen; dann wird es in einer
späteren Lebensära als Mann oder Frau auch das losgelöste
Fühlen mit dem denkenden Erkennen verbinden können und wird
so dem Leben gewachsen sein."
(S.38; D3, Band 1, 7. Vortrag)
Wachende Tätigkeiten
"Wenn wir dem Kinde Eurythmie beibringen, wenn wir es singen
lassen, wenn wir es sich musikalisch betätigen lassen, wenn
wir es turnen lassen, ja selbst wenn wir es schreiben
lassen, insofern es dabei eine Selbsttätigkeit entwickelt,
wenn wir es handarbeiten lassen - da ist eine Tätigkeit
vorhanden, die wir in derselben Weise vergleichen müssen mit
der Wachtätigkeit; es ist eine gesteigerte Wachtätigkeit
vorhanden (S.171). Es wird daher wesentlich durch Singen,
durch Eurythmie, auch wenn das gar nicht beabsichtigt wird,
eine hygienische, ja sogar eine therapeutische Tätigkeit
ausgeführt." (S.172)
(S.171-172; D6, 1. Vortrag)
[Auch hier irrt Steiner: Die Kinder fühlen sich z.T. von
anderen Schulkindern derart isoliert, dass sie die
speziellen Fächer Eurythmie und Musik als Zwang empfinden,
und viele andere Talente werden den Kindern z.T. regelrecht
zugeschüttet].
Eurythmie als sichtbare
Sprache
"Nun haben wir in der Waldorfschule diese Eurythmie
eingeführt von der untersten Volksschulklasse bis zu der
höchsten. Und es zeigt sich, dass tatsächlich das Kind sich
hineinstellt in diese sichtbare Sprache, wo ebenso, wie ein
Laut irgend etwas bedeutet als seelischer Ausdruck in der
hörbaren Sprache, so jede Finger-, jede Handbewegung
(S.173), jede Bewegung des ganzen Leibes eben ein wirklicher
Sprachlaut ist, nur in Sichtbarkeit. Man sieht, dass das
Kind im Alter des Zahnwechsels und noch darüberhinaus, bis
zur Geschlechtsreife, sich ebenso selbstverständlich in
diese Sprache hineinlebt, wie es sich als ganz kleines Kind
in die Lautsprache hineingefunden hat. Es zeigt sich, dass
sein ganzer Organismus, nach Leib, Seele und Geist - [...] -
mit derselben Selbstverständlichkeit sich hineinfindet in
diese eurythmische Sprache, wie es sich in die Lautsprache
hineingelebt hat; dass es empfindet, dass ihm damit etwas
gegeben wird, was aus seinem ganzen Organismus unmittelbar
folgt. Damit aber ist neben die Gymnastik, die ihr Wesen
ableitet mehr von der Beobachtung des äusseren physischen
Leibes, in der Eurythmie durch die Beobachtung des
Geistig-Seelischen etwas hingestellt, wo der Mensch in jeder
Bewegung sich erfühlt nicht nur als Leib, als durchseelter
Leib, sondern als durchgeistigte Seele im von der Seele
gestalteten Leib. Wiederum: Was der Mensch erlebt als
eurythmische Kunst, wirkt einerseits in einer ungeheuer
lebendigen Weise auf all das, was in ihm als Anlagen sind,
und wirkt auf der anderen Seite ebenso in seiner
Fruchtbarkeit, in seiner Wirksamkeit auf das ganze Leben."
(S.174)
(S.173-174; A4 VI.)
"Eurythmische Kunst ist zugleich geistig-seelisches Turnen,
ist geistig-seelische Gymnastik."
(S.174; A4 VI.)
[Und wenn Eurythmie für das Kind eine Qual ist, dann wird
dies auch auf das ganze Leben wirken. Dieses Tabuthema
erwähnt Steiner nicht und erwähnen die Steiner-Schulen bis
heute nicht].
Steiner schwärmt aber weiter:
"Wenn das Kind eurythmisiert, wenn das Kind singt, was tut
es denn da eigentlich? Es setzt sich in einer gewissen
Weise, indem es die Nachahmung loslöst von sich, das
Nachahmen fort. Es bewegt sich. Das Gesangliche und das
Zuhören beim Musikalischen ist im Grund genommen innerliche
Bewegung, wie sie betätigt wird beim Nachahmen."
(S.177; A4, VI.)
Eurythmie soll Kinder
gleichmässig entwickeln helfen
"Also diese bildhafte Sprache [Eurythmie] ist (S.174) nichts
anderes als durchseelte, durchgeistigte Gymnastik. Das aber
zeigt Ihnen [liebes Publikum], dass diese durchseelte und
durchgeistigte Gymnastik darauf ausgeht, gleichmässig nach
Leib, Seele und Geist das Kind zu entwickeln, damit das, was
man veranlagt im kindlichen Lebensalter, Früchte trägt durch
das ganze Alter hindurch." (S.175)
(S.174-175; A4 VI.)
Turnstunden sind gemäss
Steiner nur "Dressur"
"Denken Sie nur, wie entfernt voneinander in Bezug auf
Betätigung es ist, wenn wir das Kind auf der einen Seite in
der rein physiologischen Turnstunde haben, wo wir es im
Grunde genommen - nur dass wir andere Mittel gebrauchen - so
dressieren, wie wir halt die Tiere dressieren, die wir
heranbändigen wollen. Da gehen wir ganz so vor, dass wir
eigentlich absehen von Seele und Geist. [...] Wir
zerschneiden den Menschen mitten entzwei. Dagegen wenn wir
eurythmisieren, so dass in der Bewegung enthalten ist, was
das Kind auch schreibend, lesend lernen soll, da nähern wir
ja die Dinge [aneinander an]. [...] Wir lassen das Kind eine
Einheit sein."
(S.178; D6, 8. Vortrag)
[Wenn im Turnunterricht nach Sekunden und cm gejagt wird,
stimmt dies, für ein Gruppenspiel stimmt dies aber nicht.
Die idealisierte Eurythmie ist für viele Kinder eine
nichtssagende Qual, die viel kostet. Auch dieses Tabu-Thema
wird von Steiner nie erwähnt...]
Lehrpersonen beerben sich
gegenseitig
"Aber als Lehrer ist es gut, wenn wir wissen, wie wir
füreinander arbeiten, wenn wir also wissen, dass das Kind
das gesunde Aufsteigen der Körpersäfte, das wir brauchen,
wenn wir ihm [dem Kind] betrachtenden Unterricht beibringen
- also zum Beispiel Geschichte -, dass das Kind dieses
gesunde Aufsteigen der Säfte dem Gesangsunterricht von
gestern oder dem Eurythmieunterricht von gestern verdankt."
(S.172; D6, 1. Vortrag)
[Auch hier irrt Steiner, denn wenn Kinder sich aus dem
"normalen" Leben durch die Steiner-Schule ausgeschlossen
fühlen, so werden sie durch Zwang zu Eurythmie oder Gesang
demotiviert und frustriert. Es geschieht also genau das
Gegenteil vom Steinerschen Ideal. Bis heute ist das ein
absolutes Tabu-Thema, denn die Kinder werden in die
Auseinandersetzung zwischen den Welten hineingezogen und die
Verehrung der Lehrpersonen ist immer in einem grossen
Zweifel.
Und schlechte Lehrpersonen beerben die guten Lehrpersonen,
und die guten Lehrpersonen sind gezwungen, von den
schlechten Lehrpersonen zu "erben". Was in einem solchen
Fall gemacht werden muss, lässt Steiner im Tabu, wie so
viele andere Sachen...]