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8. Schulkind 7-14 Jahre: Wandlungsfähigkeit und Mitwachsen der Begriffe

Präsentation von Michael Palomino (Juli 2007)

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aus: Wirkungen der Schule im Lebenslauf. Ein Quellenlesebuch der Pädagogik Rudolf Steiners, bearbeitet von Karl Rittersbacher; Zbinden-Verlag, Basel 1975



Die Erziehung muss das Mitwachsen von Gedanken im Kind berücksichtigen


"Derjenige aber, der lebensvoll denkt, er muss an eine Erziehung denken, die dem Kinde alles dasjenige, was sie ihm beibringt, so vermittelt, dass dieses mit dem (S.29) Kinde wächst, dass dieses von vornherein ein wachsendes, ein sich entwickelndes ist. Man muss die Dinge so an das Kind heranbringen, dass sie ebenso wie die organischen Glieder des Kindes metamorphosieren, sich umgestalten." (S.30; A5)

"Der Mensch muss wachsen, vom 14. bis 20. Jahr, vom 20. bis 25. Jahr und so weiter, und indem er wächst, müssen seine Begriffe mitwachsen (S.100). Sie müssen sich mitentwickeln können." (S.101; D4)

Begriffe müssen mitwachsen können - leblose Definitionen und Logik können nicht mitwachsen

"Plage ich mich [als "normale" Lehrperson] damit, einer Klasse möglichst gute Definitionen beizubringen, dass die Begriffe ganz fest sitzen, dass das Kind weiss, das ist ein Löwe, das eine Katze und so weiter. Ja, soll das Kind nun immer bis zu seinem Tode diese Begriffe beibehalten können? (S.42) [...] Wir geben dem Kind Begriffe, die nicht wachsen mit dem Kind. Wir geben ihm Begriffe, die bleiben sollen, plagen es mit bestimmten Begriffen, die bleiben sollen, während wir dem Kinde Begriffe geben sollen, die wachsen können. Wir drücken die Seele fortwährend in die Begriffe hinein, die das Kind bekommen hat." (S.43; D16)

"Da muss man eben darauf hinschauen, wie das ganze Denken noch kein logisches ist bei Kinde, sondern wie das ganze Denken beim Kinde ein bildhaftes ist. Und durch seine innerliche Natur lehnt das Kind das logische zunächst ab; es will Bildhaftes haben." (S.151)
(S.151; D11, 4. Vortrag)

Wer Kinder mit Logik erziehen will, sieht die Kinderseele nicht

"Heute haben die Leute die Meinung, dass man denken lernt, indem man den werdenden Menschen logisch anleitet zum Denken, weil man nicht beobachten kann, wie das Denken in der menschlichen Natur drinnen figuriert. Ich muss gestehen und darf es gestehen, ich habe die sechs Jahrzehnte meines bisherigen Lebens immer dazu verwendet, Menschenbeobachtung nach dieser Richtung hin zu treiben. Wer den werdenden Menschen beobachten kann, wer vergleichen kann den werdenden Menschen mit  dem, was Mensch geworden ist, der sieht gewisse Zusammenhänge, die über die Lebensepochen des Menschen verbreitet sind, die sich, wenn man nicht den Blick dafür geschult hat, sich der Beobachtung eben entziehen."
(S.166; D5, 5. Vortrag)

Gleichnis: Die Begriffe sollen so mitwachsen können, wie der Körper des Kindes wächst

"Wir können ausser physischer Pflege dem Kinde nichts anderes angedeihen lassen als dieses, dass wir es so pflegen, dass seine Glieder möglichst frei wachsen können, so lange Wachstumskraft in ihnen ist. Solche Begriffe, solche Ideen, solche Empfindungen, solche Willensimpulse müssen wir in das Gemüt des Kindes hineinsenken, die nun (S.164) nicht scharfe Konturen haben, so dass sie gewissermassen das Seelenleben in seinen einzelnen Gliederungen fesseln, sondern die so wachsen wie die physischen Glieder des Menschen." (S.165)
(S.164-165; D7, 1. Vortrag)

Begriffe, die mitwachsen können - lebendig unterrichten mit Charakterisieren aus verschiedenen Gesichtspunkten

"Der Erzieher muss darauf bedacht sein, dem Kinde solche Begriffe zu übermitteln, welche der Mensch dann im späteren Leben nicht mehr so hat, wie er sie einmal bekommen hat, sondern die sich selbst umwandeln im späteren Leben. Wenn Sie das machen, dann impfen Sie dem Kinde lebendige Begriffe ein. Und wann impfen Sie ihm tote Begriffe ein? Wenn Sie dem Kinde fortwährend Definitionen geben, wenn Sie sagen: "Ein Löwe ist..." und so weiter und das auswendig lernen lassen, dann impfen Sie ihm tote Begriffe ein; dann rechnen Sie damit, dass das Kind, wenn es 30 Jahre ist, noch ganz genau so diese Begriffe hat, wie Sie sie ihm einmal beigebracht haben. Das heisst: Das viele Definieren ist der Tod des lebendigen Unterrichts. Was müssen wir also tun? Wir sollten im Unterricht nicht definieren, wir sollten versuchen zu charakterisieren. Wir charakterisieren, wenn wir die Dinge unter möglichst viele Gesichtspunkte stellen." (S.98; D3, Band 1)

Begriffe sollen mitwachsen - Definitionen wachsen nicht mit - Beispiel Löwe - charakterisieren

"Nehmen wir an, jemand bekommt als Kind im 9. Jahre oder im 11. Jahre von dem oder jenem einen Begriff, also im 9. Jahre - sagen wir - von einem Löwen, im 11. oder 12. Jahre von der griechischen Kultur. Schön, das bekommt es. Aber diese Begriffe sollen nicht so bleiben. Es sollte das gar nicht möglich sein im Leben, dass einer sagt mit 30 Jahren: Ich habe diesen oder jenen Begriff vom Löwen, den habe ich in der Schule gelernt. Ich habe diesen oder jenen Begriff vom Griechentum, das habe ich in der Schule gelernt. Das müsste eigentlich etwas werden, was überwunden wird.

Gerade so, wie das andere an uns wächst, so soll dasjenige, was uns der Lehrer gibt, auch wachsen, soll ein Lebendiges sein. Wir sollen solche Begriffe vom Löwen, solche Begriffe vom Griechentum bekommen, die durch sich selber im 30., 40. Jahre nicht mehr das sind, was sie gewesen sind in der Schule, sondern die so lebendig sind, dass sie sich mit dem Leben umgestalten. Dazu müssen wir charakterisieren und nicht definieren."
(S.120; D5, 13. Vortrag)

Schulstoff ohne Anregung, über sich nachzudenken

"Bis zu diesem 9. und 10. Jahr muss man versuchen, das Kind möglichst mit solchem Unterrichtsstoff zu beschäftigen, der es nicht dazu zwingt, viel über sich nachzudenken, sondern über die Dinge, die draussen im Leben sind. Und zwischen dem 9. und 10. Jahr muss man anfangen, ihm Begriffe, Vorstellungen beizubringen von Pflanzen und Tieren so, dass es von einem solchen Nachdenken über die Welt den Übergang findet zu einem Nachdenken über sich selber. Daraufhin muss aller Unterricht gestaltet werden, dass man richtig in den betreffenden Zeitpunkten, in denen gewissermassen die innere Natur des Kindes es fordert, mit einer Sache einsetzt." (S.32; D17)

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