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Kindererziehung bei Kindern von 6 bis 20 Jahren 02 - ab 10.4.2012

"US"-Schüler üben mehrmals jährlich das Szenario mit bewusstlosem Schulbusfahrer -- Ö: Hirnforscher meint, 1/5 der Schulzeit würde bei effizienter Einteilung ausreichen -- Lernen lernen im Anti-Chaos-Training -- Leseförderung und Lerntyp herausfinden -- Kinder für 1 Monat an der Macht - ein Erfahrungsbericht -- <Rainbows-Ferienlager: Urlaub für Kinder in schwierigen Situationen> -- <Musizieren verbessert Geschicklichkeit> - das Gehirn wächst mit der Herausforderung -- Jungs geraten immer mehr ins Hintertreffen -- Sportverein ist eine soziale "Konstante", provoziert aber hohen Alkoholkonsum -- Schwimmen lernen -- viele Kinder können nicht mehr von Hand schreiben -- 10% der Kinderbücher enthalten Tropenholz -- Kinder spielen immer weniger: 30% weniger freies Spiel als noch vor 15 Jahren -- gewalttätige Filme machen Kinder anfälliger für Werbung -- Vorlesen und Lesen erhöht die Hirnmasse und verbessert das Sozialverhalten -- Eltern müssen einfach da sein und Kontakte steuern, damit die Kinder nicht in die Kriminalität abrutschen -- Hirntraining durch Tanzen bewirkt leichteres Erlernen von Fremdsprachen -- Eingesperrt? Botschaft via Papierflieger -- früher Sprachunterricht bringt kaum was -- Test mit Kindern und Jugendlichen: Facebook macht nicht dumm, ist gelogen --

präsentiert von Michael Palomino

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10.4.2012: "US"-Schüler üben mehrmals jährlich das Szenario mit bewusstlosem Schulbusfahrer - Beispiel

aus: 20 minuten online: Katastrophe abgewendet: Schüler rettet Bus nach Kollaps des Chauffeurs; 10.4.2012;
http://www.20min.ch/panorama/news/story/20202205

<Ein Schulbusfahrer in den USA erlitt einen Herzinfarkt am Steuer. Einer der Schüler übernahm sofort, brachte den Bus am Strassenrand zum Stillstand und verhinderte so Schlimmeres.

Das hätte schlimm enden können: Auf dem Weg zur Surprise Lake Middle School im US-Bundesstaat Washington erlitt der Schulbusfahrer am Montag einen Herzinfarkt. Der 13-jährige Schüler Jeremy Wuitschick reagierte sofort und steuerte den Bus an den Strassenrand. Nachdem er den Zündschlüssel abgezogen hatte, begann er mit einer Herzmassage. Andere Schüler riefen unterdessen einen Rettungswagen. Bald darauf traf die Polizei ein und half den Kindern aus dem Bus.

Die Schulverwaltung erklärte der Zeitung «The News Tribune», der Zustand des Schulbusfahrers sei ernst. Die Schüler übten mehrmals im Jahr was zu tun sei, wenn ein Busfahrer bewusstlos werde.

(kri)>


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Der Standard
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Österreich 15.4.2012: Hirnforscher meint, 1/5 der Schulzeit würde bei effizienter Einteilung ausreichen

aus: Der Standard online: Hirnforscher: "Schule produziert lustlose Pflichterfüller"; 15.4.2012;
http://derstandard.at/1334368981969/Hirnforscher-Schule-produziert-lustlose-Pflichterfueller

<Interview | Karin Riss

Kinder sollten den Lehrstoff nicht präsentiert bekommen, sondern ihn sich selbst erarbeiten, meint Gerald Hüther.

Gerald Hüther über versaute Mathe-Karrieren - und was es braucht, dass Kinder nur ein Fünftel der Zeit in der Schule sein müssen.

STANDARD: Sie sagen, um nachhaltig zu lernen, braucht das Hirn vor allem Begeisterung. Aber kann Lernen ohne Druck überhaupt funktionieren?

Gerald Hüther: Die Hirnforschung kann inzwischen zeigen, dass sich im Hirn nur dann etwas ändert, wenn es unter die Haut geht. Das Hirn ist kein Muskel, den man trainieren kann, indem man viel übt. Im Hirn passiert immer erst dann etwas, wenn derjenige, der lernt, das für sich selbst als wichtig beurteilt. Denn nur dann lässt man sich davon berühren, dann gehen die emotionalen Zentren an. Und immer dann, wenn im Hirn diese emotionalen Zentren aktiviert werden, wird eine Art Dünger ausgeschüttet. Der düngt gewissermaßen das Dahinterliegende, was man im Zustand der Begeisterung an Netzwerken aktiviert hat. Und das führt dazu, dass man immer das, was man mit Begeisterung lernt, auch so gut behält.

STANDARD: Warum lernen kleine Kinder so viel und leicht?

Hüther: So ein kleiner Dreijähriger hat ja am Tag 50 bis 100 Begeisterungsstürme, wo dann jedes Mal diese Gießkanne der Begeisterung im Hirn angeht und wo das alles gedüngt wird. So, und dann schicken wir die Kinder in die Schule. Da stimmt doch irgendetwas nicht, wenn dann an dem Ort, wo eigentlich diese Begeisterung genutzt werden sollte, das Wichtigste verlorengeht, was die Verankerung dieser neuen Erfahrung im Hirn erst ermöglicht. Da sind wir mit unserem Schulsystem offenbar auf einem Irrweg gelandet.

STANDARD: Wie kann Schule in Hinkunft denn gelingen?

Hüther: Es gibt bereits einige dieser anderen Schulen. Schulen, wo den Schülern etwas geboten wird, was sie verzaubert. Und das findet eben nicht statt, wenn man anfängt, Kinder zu unterrichten und ihnen etwas beibringen zu wollen. Es ist ein großes Missverständnis, zu denken, indem man dem anderen sagt, wie er's machen soll, könne man bei ihm im Hirn irgendeine Veränderung auslösen. So geht das nicht. Das geht nur, wenn der andere sich davon berühren lässt. Wenn er das toll findet. Dann will er's wissen. Und wenn er's wissen will, dann lernt er's auch. Es würde auch reichen, wenn die Kinder nur ein Fünftel der Zeit zur Schule gingen, wenn in dieser Zeit wirklich etwas passieren würde.

STANDARD: Was sagen denn Noten über einen Schüler aus?

Hüther: Gute Noten haben diejenigen, die sich am besten an die Systemanforderungen anpassen können. Die machen die Matura mit 1,0, aber die haben das Entscheidende eigentlich verloren, nämlich die Leidenschaft. Die geht natürlich weg, wenn ich etwa in der fünften Klasse als Bub anfange, mich für Schmetterlinge zu interessieren, aber ich muss das in mir selbst unterdrücken, weil in der Zeit, in der ich mich mit den Schmetterlingen befasse, kann ich ja nicht Deutsch und Mathe machen. So produziert unser Schulsystem auch in den oberen Bereichen, wo die Besten scheinbar herausgelesen werden, junge Menschen, die zwar gut funktionie- ren, aber, böse gesagt: Das sind dann leidenschaftslos gewordene Pflichterfüller. Und die kann eine Wirtschaft in Österreich auch nicht mehr gebrauchen.

STANDARD: Stattdessen braucht es Schulen als Orte der Potenzialentfaltung. Wie geht das?

Hüther: Eine ganze Klasse müsste zu einem Team werden, das unbedingt wissen will, wie die Fotosynthese funktioniert. Oder warum Shakespeare Macbeth geschrieben hat. Und dann ahnen Sie schon, dass die Kinder ungefähr zwei Wochen brauchen werden, um das alles herauszufinden. Aber das hätten sie sich alles selbst erarbeitet. Und das würden sie dann auch nicht wieder vergessen. Von außen kann man das Wissen dann nicht einflößen, da ist es sogar fast störend, wenn einer kommt und die Fotosyn these oder Shakespeares Schreibmotive erläutert. Jede Erklärung, die man Kindern gibt, hindert sie daran, die Frage zu stellen und es selbst herauszufinden.

STANDARD: Es hängt an der Person des Lehrers?

Hüther: Die Lehrer tun mir leid. Die sind ja einmal losgezogen und wollten Unterstützer werden von Kindern bei Lernprozessen. Wenn die das nur noch mit Mühe aushalten, dann liegt das eben auch daran, dass sie derzeit kaum eigene Gestaltungsspielräume haben. Im Grunde genommen geht es den Lehrern fast so wie den Schülern. Und dann kann es eben sehr leicht passieren, dass man als Lehrer aufgibt, dass man den Mut verliert. Dann ist man keiner mehr, der einlädt, dann ist man einer, der sich nur mehr selbst rettet und versucht, durchzuhalten, bis die Rente kommt. Das ist natürlich eine Katastrophe. Es hat ja noch gar keiner unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerechnet, was das später einmal alles kostet, wenn ein einzelner, mutlos gewordener Mathematiklehrer es fertigbringt, jedes Jahr zwanzig Schülern die Lust an Mathe zu versauen. Denn dann haben die ja meistens nicht nur die Lust an Mathe verloren, sondern auch an den Naturwissenschaften. Das heißt, da ist auf einmal etwas kaputtgegangen, was möglicherweise die gesamte Karriere und Entwicklung eines Kindes belastet. Und wenn man diese Kosten alle zusammenrechnet, könnte herauskommen, dass es besser wäre, diesen betreffenden Lehrer bei vollen Bezügen nach Hause zu schicken, als ihn noch einen Tag länger diesen Schaden stiften zu lassen. (Karin Riss, DER STANDARD, 16.4.2012)

GERALD HÜTHER (61)

ist Professor für Neurobiologie an der Psychiatrischen Klinik der Universität in Göttingen. Das gesamte, auf Video aufgezeichnete Interview wird auch am 21. und 22. April beim Bildungsfrühling in Perchtoldsdorf gezeigt.>


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Der Standard
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15.4.2012: Lernen lernen im Anti-Chaos-Training - Leseförderung - und den Lerntyp herausfinden

aus: Der Standard online: Trainings: Wenn Kinder Lernen lernen; 15.4.2012;
http://derstandard.at/1334368979821/Trainings-Wenn-Kinder-Lernen-lernen

<Bettina Fernsebner-Kokert

Lesen will gelernt sein.

Individuelles Anti-Chaos-Training und Leseförderung werden in Wien-Josefstadt angeboten.

Wien - Kinder, die die Hälfte ihrer Bücher und Hefte nicht mithaben, die Wasserfarben vergessen und das Turnsackerl daheim liegen lassen, "brauchen oft Hilfe, damit sie ihre Siebensachen auch beisammenhaben", sagt Marliese Pick. Pick ist Direktorin in der AHS Feldgasse in Wien-Josefstadt und weiß aus langjähriger Erfahrung, dass "Lernen lernen" für die kleinen Chaoten häufig bereits mit dem Schultasche-Einpacken beginnt.

Doch auch Schüler, die diese Hürde genommen haben, brauchen oft Unterstützung, wenn es darum geht, ihren Alltag und die Vorbereitung für Schularbeiten und Tests zu strukturieren.

Lerntyp herausfinden

Um sich die richtigen Lerntechniken anzueignen, gibt es in der AHS Feldgasse in der Unterstufe - jeweils in den 2. und 4. Klassen - zweitägige Trainings, bei denen die Kinder ihren Lerntyp herausfinden können, aber auch, wie man Texte strukturiert. Eine wichtige Unterstützung sieht Pädagogin Pick auch in der Leseförderung, die in Wien seit zwei Jahren angeboten wird: "Ohne Lesen gibt es kein Lernen." In Gegenständen, in denen offenes Lernen leichter möglich ist, unterstützt ein Lehrer die Kindern etwa speziell bei Texten in Geografie.

Wichtig sei auf jeden Fall, dass so weit wie möglich auf die individuellen Bedürfnisse aller Beteiligten eingegangen werde, betont Pick - und dass in kleinen Gruppen gearbeitet werde. So können etwa Vokabelkarteien für ein Kind die beste Lernmethode sein, während sich ein anderes Geschichten dazu ausdenkt, um sich die Wörter zu merken - und ein drittes lernt am besten ganz herkömmlich aus dem Vokabelheft.

Dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Kinder, die Hilfe beim Lernen lernen brauchen, gestiegen sei, bestätigt Pick nicht. "Früher ist man von mehr Homogenität ausgegangen, aber das hat auch schon damals nicht gestimmt."
(Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, 16.4.2012)>


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Welt online,
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24.4.2012: Kinder für 1 Monat an der Macht - ein Erfahrungsbericht mit leeren Kühlschränken, Geiz und Bettelgefühl

aus: Welt online: Experiment: Wenn Kinder für einen Monat die Macht übernehmen; 24.4.2012;
http://www.welt.de/lifestyle/article13711639/Wenn-Kinder-fuer-einen-Monat-die-Macht-uebernehmen.html

<Buchempfehlung: Jochen Metzger hat über sein Experiment ein Buch geschrieben: "Alle Macht den Kindern", Patmos Verlag, 16,90 Euro.

Vier lange Wochen hatten statt der Eltern Lara und Jonny das Sagen in der Familie. Ein Erfahrungsbericht über leere Kühlschränke, knausrige Mini-Schäubles und das Gefühl, betteln zu müssen.

Von Jochen Metzger

In meinem Portemonnaie verlieren sich nur noch ein paar mickrige Münzen. Ich zähle genau 1,84 Euro – definitiv zu wenig für eine warme Mahlzeit. "Lara, gibst du mir bitte fünf Euro fürs Mittagessen?" Meine 13-jährige Tochter schenkt mir einen strengen Blick.

"Tut mir leid, Papa. Ich kann nichts dafür, dass du dein ganzes Geld schon ausgegeben hast." Lara legt eine Kunstpause ein. "Aber meinetwegen kannst du dir etwas im Garten dazuverdienen", meint sie gönnerhaft. "Der Rasen müsste auch dringend mal wieder gemäht werden."

Es gehört nicht zu meinen Hobbys, bei meinen Kindern um eine Taschengelderhöhung zu betteln. Doch im Moment bin ich Teil eines Experiments: Meine Frau Helga und ich haben mit unseren Kindern die Rollen getauscht. " Die Großen sind die Kleinen, und die Kleinen sind die Großen " – nach dieser Regel wollen wir einen Monat lang leben. Wir müssen um Erlaubnis fragen, wenn wir Freunde besuchen wollen. Wir haben die Arbeiten zu erledigen, die Lara und Jonny uns auftragen. Und auch die Familienkasse befindet sich in ihren Händen: 700 Euro in bar. Die EC-Karten werden bei den Nachbarn gebunkert. Helga und ich bekommen je 40 Euro Taschengeld. Wir sind finanziell komplett vom guten Willen unserer Kinder abhängig – Griechenland meets Wolfgang Schäuble.

Was haben die Augen der Kinder geleuchtet, als wir ihnen das Bündel mit den Scheinen übergeben haben! Kein Wunder. Lara bekommt ansonsten zehn Euro Taschengeld pro Monat. Was sie jetzt erlebt, geht schon fast in Günther-Jauch-Dimensionen: Sie hält den Netto-Lohn von knapp sechs Jahren "Arbeit" in den Händen. Viele Erwachsene fühlen sich in solchen Situationen überfordert. Wie werden die Kinder wohl damit umgehen?

Als wir später beim Mittagessen sitzen, hat Jonny schon ein paar kaufmännische Überlegungen angestellt. "Wir haben je 350 Euro für Lara und mich. Ein bisschen was brauchen wir für Essen und so. Aber wenn ich noch was von meinem Taschengeld dazupacke, können wir uns locker 'ne Wii mit Extra-Controller kaufen."

Erste Zweifel

In diesem Augenblick beschleichen mich erste Zweifel an unserem Projekt. Erwarten Helga und ich vielleicht doch zu viel von den Kindern? Und: Werden wir in ein paar Tagen Wurst und Käse von den Nachbarn erbetteln müssen?

Doch offenbar hat Lara einen heilsamen Einfluss auf Jonny. Sie verwaltet die gesamte Kasse. Die angekündigten Spaß-Käufe bleiben aus. Stattdessen verhalten sich die Kinder wie Finanzminister in Zeiten der Krise. Sie haben sich einen ziemlich cleveren Plan zurechtgelegt: Vier Wochen lang wird gespart, was das Zeug hält. Erst am letzten Tag des Versuchs wollen Lara und Jonny die komplette Restkohle gemeinsam auf den Kopf hauen. Eine Shopping-Orgie als Belohnung für solides Management.

Was die Sparpläne der Kinder konkret bedeuten, erleben Helga und ich bereits nach wenigen Tagen. Lara hat sich Füller und Collegeblock aus ihrem Schulrucksack geholt und legt die Stirn in Falten. "Was machst du da, Lara?", frage ich neugierig. "Ich plane unser Essen. Man muss ja wissen, was alles da ist. Ich mache jetzt eine Liste mit allen Vorräten. Die müssen wir erst verbrauchen, bevor wir für irgendwas Geld ausgeben."

Und wo Lara schon mal beim Listen-Schreiben ist, erarbeitet sie auch gleich noch einen Essensplan für die kommenden sieben Tage – Einkaufszettel inklusive. "Weißt du, Papa", sagt Lara, "ich mag es gar nicht, wie ihr einkauft. Ihr kauft Sachen, die wir gar nicht brauchen, und am Ende verdirbt das schöne Essen. Das finde ich schlimm. Bei mir wird's das nicht geben."

Und tatsächlich bleibt es nicht bei dieser Ankündigung: Lara wird einen Monat lang die genussorientierte Finanzpolitik ihrer Eltern durch einen Haushalt der Disziplin und der Sparsamkeit ersetzen.

Eine lehrreiche Erfahrung

Jonny überlässt derweil sämtliche Planungstätigkeiten seiner großen Schwester. Wie die Sache unter seiner Leitung ausgesehen hätte, offenbart sich uns am Wochenende. Jonny hat ein Tischtennisturnier. Zugegeben: Ich fühle mich ein wenig schäbig, als ich mit unserem Sohn durch die Stadt fahre.

Unter normalen Bedingungen hätte ich etwas zu essen und zu trinken für uns beide eingepackt. So aber habe ich mir sämtliche Kommentare verkniffen – und die Verantwortung bei Jonny gelassen, dem Bestimmer. Während des Turniers rettet uns nur ein zufällig in der Manteltasche vergessener Fünf-Euro-Schein vor einer Hungerkatastrophe. Unseren Durst löschen wir aus dem Wasserhahn in der Herrentoilette.

Insgesamt sind das sehr lehrreiche Erfahrungen. Das dreizehnjährige Kind denkt eine komplette Woche weit in die Zukunft. Das zehnjährige Kind kümmert sich erst ums Essen, wenn es Hunger hat. Langfristig planen, so lehrt der Schweizer Entwicklungspsychologe Jean Piaget, können die meisten erst mit zwölf. Kinder in Jonnys Alter vergessen ihre Hausaufgaben, ihre Federtasche, ihr Matheheft, ihre Sportsachen.

Sie packen nichts zu essen und zu trinken ein, wenn sie auf ein Tischtennisturnier fahren. Kinder in Laras Alter dagegen wissen: Nur wenn ich heute Spaghetti kaufe, kann Mama am kommenden Samstag auch welche für mich kochen. Zwischen Lara und Jonny verläuft also eine der wichtigsten Grenzen der menschlichen Entwicklung. "Alle Macht den Kindern" – das funktioniert definitiv angenehmer, wenn zumindest eines der Kinder bereits die Grenze zum Erwachsenenalter überschritten hat.

Wenn die Mutter sich nicht an die Regeln hält

Allerdings: Man muss nicht zwölf sein, um zu wissen, wie Führungskräfte sich verhalten. Ein guter Chef erledigt nur einen Teil der Arbeit selbst. Den Rest überlässt er seinen Mitarbeitern. Lara schreibt zwar die Einkaufszettel. Doch den Gang zum Supermarkt delegiert sie in der Regel an Helga oder mich. Und genau dabei kommt es irgendwann zum Eklat. Als ich abends von der Arbeit zurückkehre, ist Lara stinksauer auf ihre Mutter.

"Was ist passiert?", frage ich. "Mama hat einfach so Blumen für uns gekauft. Obwohl ich das gar nicht erlaubt habe! Jetzt fehlen uns auf einen Schlag 5,25 Euro in der Kasse". Laras Stimme bebt vor Empörung. "Aber es waren doch Gerbera, deine Lieblingsblumen!"

Helga versteht die Welt nicht mehr. Sie wollte unserer Tochter nur eine Freude machen. "Ja, aber was würdest du sagen, wenn ich einfach dein Portemonnaie nehmen und Blumen kaufen würde!", kontert Lara. Ganz klar: Helga hat es gut gemeint, sich dabei aber nicht an die Regeln gehalten. Die Enttäuschung darüber vermag keine Blume zu heilen. Nicht einmal eine Gerbera.

Auch für mich hält das Experiment einige Härten bereit. Manchmal komme ich hungrig und abgekämpft von der Arbeit nach Hause und treffe auf einen geplünderten Kühlschrank. Schön, dass auch Wasser und trocken Brot satt machen. "Auch mal 'ne Erfahrung", meint Lara. Von Tag zu Tag finde ich neue Kollegen, die mir bei der Arbeit einen Teller Nudeln oder einen Cappuccino ausgeben. Das ist demütigend. Klappt aber besser als alle Versuche, den Kindern zusätzliche Mittel aus dem Kreuz zu leiern.

Unangenehm wird die ganze Geschichte erst in der vierten Woche des Experiments. Ein guter Teil des Haushaltsgeldes ist inzwischen für Benzin draufgegangen. Lara und Jonny haben längst registriert, dass es nichts werden wird mit der geplanten Shopping-Tour. Die Frage lautet nur noch: Wird die Kohle reichen oder nicht? "Das ist alles so dooof!", klagt Lara. "Alle haben was vom Experiment. Nur ich nicht!"

Freches Verhalten

Jonny ist zwar auch nicht begeistert von der klammen Kasse. Doch er hat sich mit ausgedehnten Fernseh- und Computer-Tagen schadlos gehalten und seiner Mutter für "freches Verhalten" einen Tag Fernsehverbot aufgebrummt. Lara hingegen ist bis an die Grenze ihrer Kräfte gegangen. Und manchmal vielleicht auch darüber hinaus. Schule, Haushalt, Finanzplanung – und am Ende gibt es für all das keine Belohnung. Als ich vor meiner weinenden Tochter stehe, überkommt mich das schlechte Gewissen. Ohne Geld ist alles Mist, so viel steht schon mal fest.

Wie sind Helga und ich eigentlich auf die bescheuerte Idee gekommen, den Kindern nur 700 Euro in die Hand zu drücken? Ganz ehrlich: Ich weiß es selbst nicht mehr. Beim nächsten Mal – sollte es das geben – werde ich 300 Euro obendrauf packen. Lara meint, wir sollten ihr besser unsere EC-Karten samt Geheimnummern überlassen.

Als ich darüber nachdenke, stoße ich immer wieder auf dieselbe Frage: Warum haben die Kinder nicht gleich in der ersten Wochen das ganze Geld für Spaß ausgegeben? "Irgendwie war das ja mein Geld", erklärt mir Lara, als ich ihr diese Frage stelle.

"Ich kann aber nur euer Geld gut ausgeben. Bei meinem eigenen krieg ich immer ein schlechtes Gewissen." Vielleicht ist das mit der EC-Karte doch nicht so verwegen, wie es klingt. Lara und Jonny waren während unseres Experiments eine hundertprozentige Schuldenbremse. Und null Prozent "griechify your life". Man müsste es einfach auf den Versuch ankommen lassen.>


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Der Standard online,
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4.5.2012: <Rainbows-Ferienlager: Urlaub für Kinder in schwierigen Situationen>

aus: Der Standard online; 4.5.2012;
http://derstandard.at/1334796974616/Rainbows-Ferienlager-Urlaub-fuer-Kinder-in-schwierigen-Situationen

<Für Acht- bis Zwölfjährige nach Scheidungen oder Tod eines Angehörigen - Camps in Tirol, Oberösterreich und Steiermark.

Graz - Unter dem Motto "gestärkt aus dem Sommer" bietet der steirische Verein Rainbows auch heuer wieder Feriencamps für Kinder nach Scheidungen oder Trennung der Eltern an. Erstmals gibt es in diesem Jahr auch eine Gruppe für Kinder, die den Tod eines nahen Angehörigen bewältigen müssen. Während einer Woche in der Steiermark, Tirol oder Oberösterreich können die Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren Abstand gewinnen und sich auch mit Gleichaltrigen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, austauschen.

"Wenn schon an ihrer Lebenssituation nichts geändert werden kann, so wird bei den Camps zumindest dem 'Sich-allein-fühlen', das von vielen Kindern sehr stark erlebt wird, entgegengewirkt", beschreibt Rainbows-Geschäftsführerin Dagmar Bojdunyk-Rack das Ziel der Ferienaufenthalte. Die Begegnung mit Kindern, die sich in ähnlichen familiären Situationen befinden, ist für die Betroffenen genauso wichtig wie die Unterstützung durch erfahrene Erwachsene. Durch den Aufenthalt in den Camps, die eine Woche dauern, soll auch der Ferienaspekt nicht zu kurz kommen, daher gibt es ein umfangreiches Sport-, Spiel- und Kreativangebot, hieß es in einer Aussendung am Freitag.

Gemeinsam Abschied nehmen

In St. Lambrecht in der Steiermark gibt es heuer erstmals ein Camp, in dem speziell Kinder nach dem Tod eines nahen Angehörigen betreut werden. Sie sollen dabei unterstützt werden, Trauer zu verarbeiten. Die Begegnung mit Gleichaltrigen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, soll besonders dem Gefühl von Isolation und Anderssein entgegenwirken. Die Beschäftigung mit dem Verlust, der Trauer und dem Erinnern unterstützt die Kinder im Abschied nehmen. (APA, 4.5.2012)

Eine Woche im Rainbows-Camp kostet mit Unterkunft, Vollpension und Betreuung 310 Euro. Anmeldungen und Informationen bei Rainbows-Österreich, Theodor-Körner Straße 182, 8010 Graz, Tel: 0316/688670, office@rainbows.at>



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Der
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22.6.2012: <Musizieren verbessert Geschicklichkeit> - das Gehirn wächst mit der Herausforderung

aus: Der Standard online; 22.6.2012;
http://derstandard.at/1339638643046/Neurologie-Musizieren-verbessert-Geschicklichkeit

<Klavierspielen erhöht die motorische Leistungsfähigkeit in beiden Händen.

Gehirn wächst mit der Herausforderung - Messbare Umstrukturierung nach zwei Wochen Klavierspielen.

Prag - Schon zwei Wochen regelmäßiges Klavierüben führt zu einer messbaren Umstrukturierung der grauen Substanz im Gehirn, zu verbesserter Zusammenarbeit zwischen den beiden Gehirnhälften und größerer Geschicklichkeit. Zu diesem Ergebnis kommen Studien italienischer Forschergruppen, die zuletzt auf dem Europäischen Neurologenkongress in Prag vorgestellt wurden. Offenbar wächst das Gehirn mit der Herausforderung: Je komplexer die Aufgabe, desto größer die Veränderung.

Testpersonen ohne musikalische Vorerfahrung, die zwei Wochen lang regelmäßig Geläufigkeitsübungen auf einer Keyboard-Tastatur absolvieren, sind danach nicht nur nachweislich geschickter - auch ihre Gehirne haben sich messbar verändert. Das zeigen Studien des Universitätshospital San Raffaele (Mailand, Italien). Beidhändiges Training führt bereits nach derart kurzer Zeit zu einer ausgeglicheneren Aktivität und besseren Zusammenarbeit der Gehirnhälften sowie zu einem feineren Ansprechen der Fingermuskulatur auf Nervenimpulse. Die musikalischen Impulse führen auch zu strukturellen Umbauten der grauen Substanz jener Gehirnregionen, die für die Bewegungskoordination zuständig sind - je komplexer die Aufgabe, desto mehr.

Eine erst in letzter Zeit eingehender erforschte Fähigkeit des Gehirns ist es, sich je nach den gestellten Aufgaben selbsttätig so umzubauen, dass seine innere Struktur und Organisation den Anforderungen am besten entspricht. Diese sogenannte „Neuroplastizität" funktioniert nach klaren Grundsätzen: Gehirnregionen, die häufig genutzt werden, vernetzen sich selbsttätig besser, von weniger genutzten werden gleichsam Ressourcen abgezogen. Die beiden neuen Studien zeigen, dass die Anforderungen musikalischer Übungen ein besonders wirksamer Katalysator zur Selbstoptimierung bestimmter Gehirnleistungen sind.

Durch Klavierspielen zum Gleichgewicht

In der ersten Versuchsanordnung mussten zwölf musikalisch unerfahrene Probanden innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen zehn 35-minütige Übungseinheiten auf einer elektronischen Klaviertastatur absolvieren. Vor Beginn und nach Abschluss des Trainings wurden die Bewegungsfunktionen der Hand untersucht sowie neurophysiologische Tests mit Hilfe eines 32-Kanal-EEG (Elektroenzephalogramm) sowie durch transkraniale Magnetstimulation (TMS) durchgeführt. Ergebnis: Alle Versuchspersonen konnten ihre motorische Leistungsfähigkeit durch das Training dramatisch verbessern, wobei vor allem die Angleichung der Leistungsfähigkeit beider Hände auffiel. „Unsere Resultate zeigen, dass ein beidhändiges Bewegungstraining bei Rechtshändern mit einer signifikanten Verbesserung der Geschicklichkeit der linken Hand einhergeht", so Elise Houdayer vom San Raffaele Krankenhaus in Mailand. "Zehn Tage eines sachkundig gelenkten Bewegungstrainings können offenbar ausreichen, um Veränderungen der kortikalen Plastizität auszulösen, was Ergebnissen ähnlich ist, die von professionellen Musikern berichtet werden."

In der anderen Studie der Abteilung für Neurobildgebung des San Raffaele Krankenhauses unter Massimo Filippi wurden insgesamt 45 musikalisch unerfahrene Testpersonen dazu aufgefordert, mit ihrer rechten Hand auf einer computer-modifizierten Tastatur eine vorgegebene Tonfolge zu spielen, wobei sie rhythmisch den Einsätzen eines Metronoms folgen sollten. Eine Gruppe hörte nur die Einsätze des Metronoms, die zweite zusätzlich einen musikalischen Einsatz im gleichen Rhythmus wie das Metronom und die dritte, als schwierigste Aufgabe, einen musikalische Einsatz in einem rascheren Rhythmus als das Metronom. Eine Übungssitzung dauerte 30 Minuten. Alle Probanden durchliefen innerhalb von zwei Wochen zehn Sitzungen. Vor Beginn und nach Ende dieses Trainings absolvierten alle Probanden einen Geschicklichkeitstest sowie Gehirnuntersuchungen mit modernsten bildgebenden Verfahren.

Volumenveränderung der Grauen Substanz

In allen drei Gruppen hatte sich die Geschicklichkeit verbessert. Während kein Einfluss der Klavierübungen auf die Architektur der „Weißen Substanz" des Gehirns nachgewiesen werden konnte, zeigten sich jedoch signifikante Volumenveränderungen der Grauen Substanz in Gehirnbereichen, die für die Bewegungskoordination wesentlich sind. In jener Gruppe, die mit einem rascheren musikalischen Rhythmus als dem vom Metronom vorgegebenen zurechtkommen musste, veränderte sich das Volumen der Grauen Masse in noch größerem Ausmaß. „Musikalische Stimulation während eines Bewegungstrainings verbessert also die motorische Leistungsfähigkeit und beeinflusst die strukturale Plastizität der Grauen Masse, wobei die Komplexität der Aufgabe auch mit einer ausgeprägteren Veränderung der Hirnrinde einhergeht, wie sich im funktionellen MRI zeigt", so Studienleiter Filippi und Präsentatorin Maria Assunta Rocca. (red, 22.6.2012)>

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Deutschland 1.7.2012: <Bildungsbericht: Die Jungs sind die Verlierer des Bildungssystems> - Lehrerinnen diskriminieren Buben zum Teil systematisch

aus: Welt online;
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article107616947/Die-Jungs-sind-die-Verlierer-des-Bildungssystems.html

<Alle reden von Gleichstellung, aber in den Schulen wird für die Jungen nichts getan. Dabei geraten sie immer mehr ins Hintertreffen – auch wegen der Lehrerinnen.

Von Birgitta vom Lehn

Bei der Präsentation des Bildungsberichts 2012 standen die üblichen Verdächtigen im Mittelpunkt: die Benachteiligten in Gestalt von Kindern aus Migrantenfamilien und/oder sozial schwachen Verhältnissen. Aber die größte benachteiligte Gruppe wurde gar nicht erwähnt: die Jungen. Dabei haben mehrere Studien in jüngster Vergangenheit gezeigt: Jungs werden in der Schule oft schlechter bewertet als Mädchen, bleiben öfters sitzen und machen seltener das Abitur.

Die letzte Erhebung dieser Art stammt aus dem vergangenen November, als Bildungsforscher im Auftrag der Vodafone-Stiftung kundtaten: Mädchen erhalten im Schnitt bessere Noten als Jungen (2,58 versus 2,67), obwohl sie in standardisierten Leistungstests schlechter abschneiden.

Schwerer Weg in die Berufsausbildung

Zwei Jahre zuvor meldete der Aktionsrat Bildung etwas Ähnliches: Beim Übergang auf das Gymnasium müssen Jungen eine deutlich höhere Leistung erbringen als Mädchen. Der Weg in die Berufsausbildung sei für Jungen erschwert, kritisierte der damalige Ratsvorsitzende Dieter Lenzen, inzwischen Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz.

Die einstige Bildungsbenachteiligung des katholischen Arbeitermädchens vom Lande ist also abgelöst worden durch die Jungen als neue Bildungsverlierer. Weil der Schulabschluss aber die gesamte Erwerbsbiografie beeinflusst, sind junge Männer auch deutlich häufiger arbeitslos als junge Frauen.

Männer tummeln sich in den unteren Segmenten

Diese Entwicklung spiegelt auch der jüngste Bildungsbericht: Zwischen 2001 und 2010 lag die Zahl männlicher Erwerbsloser durchgängig über der der Frauen. Und: Die Mehrzahl der oberen Segmente der Ausbildungsbereiche, für die eine bessere Vorbildung nötig ist und bei denen anschließend ein besseres Gehalt winkt (vor allem die kaufmännischen Berufe), haben Frauen erobert, während sich Männer in den unteren Segmenten tummeln. Jungen brauchen, wie der Bildungsbericht auch wieder zeigt, vor allem Unterstützung im sprachlichen Bereich. Aber wo bleiben die Sprachförderprogramme, Literatur- oder Theater-AGs speziell für Jungs?

Der Schulbetrieb – von der Kita-Landschaft ganz zu schweigen – ist wie kaum ein zweites Arbeitsfeld fest in weiblicher Hand. Dass der bundesweite Trend sich insgesamt sogar noch verstärkt hat, zeigt ein Blick auf die neuesten Zahlen: Gegenüber 2002 schrumpfte der damals schon magere Anteil männlicher Grundschullehrer von 27.000 acht Jahre später auf knapp 26.000, während der damals schon sechsfach höhere weibliche Anteil von 161.000 auf 172.000 kletterte.

Waren die Grundschulen schon länger in Frauenhand, so galten die Gymnasien bislang noch als männerlastig. Doch auch dieses Blatt hat sich gewendet: Gab es vor zehn Jahren noch 79.000 männliche und 76.000 weibliche Lehrkräfte, so unterrichteten dort 2010 bereits gut 100.000 Lehrerinnen und nur noch 80.000 Lehrer. Nur an den Berufsschulen liegen Männer noch vorn, allerdings mit sinkender Tendenz.

Männerschwund in den Kitas

In der Frühpädagogik zeichnet sich gerade ab, dass die Akademisierung der Kita-Kräfte zu einem weiteren Männerschwund führen wird. Erste Ergebnisse einer noch laufenden Studie am Institut für Hochschulforschung in Halle zeigen: Der ohnehin schon verschwindend geringe Männeranteil mit Berufswunsch Erzieher hat sich mit Einführung entsprechender Studiengänge, die die Ausbildungsgänge an Fachschulen ersetzen, halbiert.

Der Trend ist also klar: Insgesamt unterrichteten an Deutschlands Schulen im Jahr 2010 gut 500.000 weibliche Lehrkräfte – fast doppelt so viele wie männliche. Vor allem im Osten ist die Lage extrem: Den bundesweiten Spitzenwert an weiblichen Lehrkräften von fast 79 Prozent erzielt Mecklenburg-Vorpommern. Das Saarland kommt mit "nur" 59 Prozent einem ausgeglichenen Geschlechterverhältnis am nächsten.

Mangel in der Gleichstellungspraxis

Dass sich an dieser Geschlechterschieflage in naher Zukunft etwas ändern oder gar eine Männerquote für die Lehrerschaft gefordert wird, steht zu bezweifeln. Es ist nämlich die Frage, ob das politisch überhaupt gewollt ist. Denn vergleichbare Programme wie MINT, die Mädchen in Technik und Naturwissenschaften locken sollen, fehlen umgekehrt für Jungs. Dabei hatte bereits die erste Pisa-Studie 2000 Jungenleseförderung als größte bildungspolitische Herausforderung benannt. Geändert hat sich seitdem so gut wie nichts.

Das Nachsehen haben Jungen auch am sogenannten Boys' Day oder Zukunftstag, dem Analogen zum Girls' Day: Nur rund fünf bis zehn Prozent der Kitas und Schulen boten in diesem Jahr für Jungen Plätze an, damit sie sich einen Einblick in ihre Tätigkeitsbereiche verschaffen könnten. Hätte jede Bildungseinrichtung auch nur einen Boys'-Day-Platz zur Verfügung gestellt, hätte es 263.000 Plätze geben können, hat das Männernetzwerk Manndat e.V. berechnet.

Dass sich viele Schulen und Kitas ignorant gegenüber Jungen zeigen, kritisiert das Netzwerk als Mangel in der Gleichstellungspraxis. Es lasse erkennen, "wie gering die Motivation der Schulen für Jungenförderung ist". Die Netzwerker hegen sogar einen bösen Verdacht: "Diversity Management in Kitas und Schulen ist nicht gewollt. 'Männlich' assoziierte Verhaltensweisen werden in Schule und Kita abgelehnt."

In den vielen Anhangtabellen zum jüngsten Bildungsbericht tauchen Jungen so gut wie gar nicht auf. Wenn nach Geschlechtern unterschieden wird, benennt man dort explizit meist nur den weiblichen Anteil. Den männlichen muss man sich im Kopf dazudenken.

Einsatz von Frauen für Frauen

Die vor einem Jahr aus dem Amt gedrängte Goslarer Gleichstellungsbeauftragte Monika Ebeling (SPD) weiß ein Lied davon zu singen, wie es ist, wenn man sich nicht nur gegen weibliche, sondern auch gegen männliche Diskriminierung stemmt. Ihre Parteigenossinnen, aber auch die Ratsfrauen der CDU und der Grünen haben sie dafür gehasst und gemobbt. "Gleichstellung" ist hierzulande im Wesentlichen immer noch Einsatz von Frauen für Frauen.

Das zeigt auch ein Blick auf die – fast durchweg weibliche – Besetzung von Stellen in diesem Bereich. In ihrem soeben bei Herder erschienenen Buch "Die Gleichberechtigungsfalle" zitiert Ebeling einen Satz aus dem Hamburger SPD-Programm: "Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden." Den Satz empfindet Ebeling als "kränkend", mit ihm möchte sie – auch als Genossin – "nichts zu tun haben".

Kita und Schule sind jene Bereiche, in denen Gesellschaft früh erprobt und geformt wird. Die zahlreichen Mädchenförderprojekte, die längst zu höheren Frauenabitur- und -studierquoten geführt haben, sind dafür das beste Erfolgsbeispiel. Die Jungen derweil im Regen stehen zu lassen ist jedoch ein Skandal, den sich gerade ein Land mit Fachkräftemangel nicht leisten sollte.>

Kommentar

Die Jungs verdummen auch mehr bei Computerspielen als die Mädchen. Das heisst, die Jungs werden sozial immer mehr inkompetent, und deswegen setzen sich die Mädchen immer mehr durch. Natürlich ist das Thema Computer-Verdummung ein Tabu-Thema, um all die Konzerne nicht zu erschrecken, die die Männerverdummung anstrengen.

Michael Palomino, 1.7.2012

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n-tv
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19.10.2013: Sportverein in Kindheit und Jugend ist eine soziale "Konstante", aber provoziert hohen Alkoholkonsum

aus: n-tv online: Aufwachsen mit Sport
Vereine können weniger bewirken als gedacht; 19.10.2013;
http://www.n-tv.de/wissen/Vereine-koennen-weniger-bewirken-als-gedacht-article11561371.html

<Von Jana Zeh

Eltern sind sich sicher: Sport im Verein ist gut für mein Kind. Welche Auswirkungen die aktive Mitgliedschaft in einem Sportverein auf Heranwachsende tatsächlich hat, untersuchen Forscher in einer einzigartigen Langzeitstudie.

Viele Eltern, die ihre Kinder in Sportvereinen anmelden, sind der festen Überzeugung, dass regelmäßiger Sport in der Gruppe die Entwicklung ihrer Kinder auf vielen Ebenen unterstützen kann. Wie sich eine Mitgliedschaft im Sportverein tatsächlich auf die kindliche Entwicklung auswirkt, haben Forscher in einer Untersuchung über den Zeitraum von zehn Jahren untersucht. In der in Deutschland einmaligen Langzeitstudie von Professor Erin Gerlach von der Universität Potsdam und Professor Wolf-Dietrich Brettschneider, ehemals an der Universität Paderborn, kamen jedoch zwiespältige Ergebnisse zum Vorschein.

Langzeitstudie: Aufwachsen mit Sport

Für ihre Untersuchung beobachteten die Forscher 1637 Jungen und Mädchen von der dritten Klasse bis zum Abitur beziehungsweise bis zur Berufsausbildung. Unter den Kindern waren einige während des gesamten Untersuchungszeitraumes im Sportverein aktiv, andere traten erst in einen Verein ein und später wieder aus, wieder andere waren niemals Mitglied in einem Sportverein. Die Heranwachsenden wurden mit Fragebögen in fünf Wellen ausführlich zu ihren Lebensumständen und zu ihrer Person befragt Die in Vereinen Organisierten trieben im Durchschnitt vier bis sechs Stunden wöchentlich Sport. Die Ergebnisse der Untersuchung "Aufwachsen mit Sport – Befunde einer 10-jährigen Längsschnittstudie zwischen Kindheit und Adoleszenz" ist als Buch veröffentlicht worden.

Der einen oder anderen Annahme, die landläufig über die Wirkung einer Mitgliedschaft im Sportverein auf die Entwicklung von Kindern kursieren, mussten die Wissenschaftler nach ihrer Untersuchung widersprechen. So konnten beispielsweise bei den Themen Persönlichkeitsentwicklung, Gesundheit und Gewaltprävention keine nennenswerten Effekte bei den insgesamt 1637 Befragten erkannt werden. Selbst bei der Entstehung von Übergewicht konnten nur mäßig positive Effekte durch eine langjährige Mitgliedschaft im Sportverein nachgewiesen werden.

Zwiespältig sind die Befunde zum sogenannten Risikoverhalten, zu dem der Drogenkonsum gehört. So rauchen Mädchen und Jungen, die im Verein Sport treiben, weniger als ihre Altersgenossen, die sportlich nicht aktiv sind. Beim Alkoholkonsum allerdings zeigt sich ein ganz anderes Bild. Jugendliche, die lange Zeit im Sportverein sind, trinken häufiger als ihre nicht organisierten Altersgenossen und auch die Einsteiger in einen Sportverein erhöhen ihren Alkoholkonsum. "Ob nach dem Training in der Kneipe oder noch während der Vereinsarbeit Alkohol konsumiert wird, konnten wir im Rahmen unserer Untersuchung zwar nicht klären. Fakt ist aber, dass im Verein Alkohol eine allgemein anerkannte Droge ist und sogar Jugendliche unter 16 Jahren offenbar von Älteren damit versorgt werden", sagte Gerlach in einem Gespräch mit n-tv.de. Dieser Befund sollte Eltern dennoch nicht davon abhalten, Kinder in einem Sportverein anzumelden. Vielmehr muss es laut Gerlach darum gehen, dass in den Vereinen der Umgang mit Alkohol reflektiert und hinterfragt wird.

Verein als Stütze in Umbruchzeiten

Auch wenn die Mitgliedschaft in einem Sportverein nach den Ergebnissen der Langzeitstudie nicht alle Erwartungen erfüllen kann, kann sie sich für die Heranwachsenden durchaus positiv auswirken. Vor allem in Krisenphasen, wie im Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe, ist der Sportverein eine wichtige soziale Ressource mit Auffangcharakter. Bricht durch einen Schulwechsel einerseits die sogenannte Peer group weg und werden andererseits zur gleichen Zeit schulische Leistungen und das Selbstbewusstsein in Frage gestellt, dann, so konnten die Wissenschaftler nachweisen, wirkte eine langjährige Mitgliedschaft im Verein erfolgreich als Puffer.

"Eltern, die glauben, in solchen Übergängen die Mehrbelastung ihrer Sprösslinge durch die Kündigung der Mitgliedschaft im Sportverein dämpfen zu können, sind auf dem Holzweg", betont Gerlach. "In dieser für die Heranwachsenden schwierigen Zeit ist der Verein die einzige soziale Konstante, die außerhalb des Elternhauses bleibt", so Gerlach weiter. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass eine solche sozial stützende Wirkung von der Gruppe weder Eltern noch Lehrer hervorbringen konnten.

Ebenso sollten Eltern die Festlegung auf eine Sportart im Nachwuchsleistungssport nicht einfordern, denn sowohl eine frühzeitige Spezialisierung als auch die frühe Begegnung mit dem Wettkampfsystem ist für die sportliche Entwicklung von Kindern wenig förderlich. "Kinder sollten sich erst einmal ohne Druck ausprobieren dürfen, bevor sie sich für eine Sportart entscheiden", weiß Gerlach. Druck und zu hohe Anforderungen dämpfen schnell die Lust an der Bewegung und führen schließlich zum Austritt/Dropout aus dem Verein. "Eltern sollten deshalb eher den Ansprüchen ihrer Kindern folgen, denn im Vordergrund bei jeder Sportart sollte immer der Spaß stehen, sonst hält man auch später ein leistungssportliches Engagement nicht auf Dauer durch", so der Experte.

Quelle: n-tv.de>


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Spiegel online, Logo

18.10.2013: Schwimmkurse für Kinder je nach Ziel

aus: Spiegel online: Bewegung:
So lernen Kinder schwimmen am besten; 18.10.2013;
http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/schwimmkurs-so-lernen-kinder-am-besten-schwimmen-a-927972.html

<Keine Angst vorm Wasser: Soll der Nachwuchs bis zum nächsten Sommerurlaub schwimmen lernen, ist jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Kurs. 20 Unterrichtsstunden sind nötig, bis das Kind sich sicher im Wasser bewegen kann - und noch viel mehr Übung.

Der nächste Sommerurlaub am Meer ist vielleicht schon gebucht, die Luftmatratze wartet im Keller. Damit den Familienferien im Wasser nichts entgegensteht, ist jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Kinderschwimmkurs. Denn Sohn oder Tochter brauchen genügend Vorbereitungszeit, bis sie ohne Angst ins Wasser hüpfen: "Damit ein Kind sich gut über Wasser halten kann, sollten es mindestens 20 Übungsstunden sein", sagt Henning Lambertz, Chefbundestrainer beim Deutschen Schwimmverband. Schnellkurse, die mit nur 10 Übungseinheiten werben, hält er für bedenklich.

[Kurse je nach Ziel: Brustschwimmen - Rückenschwimmen, Delfin und Kraulen]

Am besten sollten Kinder zwischen dem vierten und fünften Geburtstag mit dem Schwimmen beginnen. "Dann wollen es die meisten auch von selbst lernen", sagte Lambertz. Bei der Auswahl eines Kurses hätten Eltern verschiedene Wahlmöglichkeiten: "Geht es erstmal darum, dass das Kind gut schwimmen lernt und sich über Wasser halten kann, können Sie einen Kurs aussuchen, der mit dem Brustschwimmen anfängt." Das sei zwar schwierig, ermögliche den Kindern aber gleich eine gute Orientierung. Außerdem gebe es keine Probleme mit dem Atmen.

Geht es Eltern darum, dass ihr Kind möglichst umfassend alle Schwimmarten beherrscht, sind andere Kurse gefragt. "In denen wird meist mit dem Rückenschwimmen begonnen." Das sei leichter zu lernen, allerdings falle die Orientierung schwerer, weil man nicht sieht, wohin man schwimmt. Das Brustschwimmen werde dann erst in einem zweiten Schritt geübt, später folgen der Delfin- und Kraulstil.

Gruppen sollten nicht zu groß sein

Wichtig ist auch die Gruppengröße: Eltern sollten darauf achten, dass ein Trainer nicht mehr als zehn Kinder betreut. Passende Kurse findet man zum Beispiel, indem man entweder im Schwimmbad seiner Wahl nachfragt, sich bei der Stadtverwaltung vor Ort Angebote nennen lässt oder selbst im Internet auf der Seite von Schwimmvereinen guckt.

Damit der Nachwuchs tatsächlich im nächsten Sommer ohne Schwimmflügel im Pool seine Runden dreht, braucht es neben dem Schwimmkurs aber auch Übung. "Ideal wäre es, wenn Eltern nach dem Kurs bis zum Urlaub etwa alle zwei Wochen gemeinsam mit dem Kind ins Schwimmbad gehen", rät Lambertz. So wird nichts vergessen - und der Spaß am Wasser bleibt erhalten. Trotzdem gilt: Die Kinder sollten gerade am Anfang nie aus den Augen verloren werden.

Jedes Kind sollte allein schon aus Sicherheitsgründen schwimmen lernen, außerdem fördert die Sportart Beweglichkeit und Koordination. Generell ist Bewegung auch bei Kindern ein wichtiges Mittel, um Übergewicht vorzubeugen. Sonst können schon in jungen Jahren der Blutdruck und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigen.

Julia Kirchner, dpa>

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Rheinische Post online, Logo

Nürnberg 14.6.2014: Forscherin: Viele Kinder können nicht mehr von Hand schreiben

aus: Rheinische Post online: Viele Kinder können nicht mehr mit der Hand schreiben; 14.6.2014;
http://www.rp-online.de/panorama/wissen/bildung/viele-kinder-koennen-nicht-mehr-mit-der-hand-schreiben-aid-1.4311358

<Nürnberg . Viele Kinder können heute keine Schleife am Schuh mehr binden oder auf einem Bein stehen - und auch nicht mehr mit der Hand schreiben. All das hängt laut einer Forscherin zusammen.

Ein Großteil der Erstklässler kann heute laut einer Forscherin nicht mehr richtig mit der Hand schreiben. Etwa 70 Prozent der Schüler brächten nach dem Kindergarten nicht mehr die nötigen motorischen Voraussetzungen für das sogenannte Kritzel-Alphabet mit, sagte die Nürnberger Bildungsforscherin Stephanie Müller der Nachrichtenagentur dpa.

Diese zeichnerischen Elemente wie kleine Schleifen, Schlangen- oder Zickzacklinien seien die Grundlage für verbundene Schriften mit Buchstaben, die ineinander übergehen wie bei der Schreibschrift. Die Gründe seien unter anderem: Zu wenig Bewegung, fehlende Fingerfertigkeit, keine Eltern als Vorbilder und moderne Geräte wie Smartphones und Tablet-Computer.

"Die Kindheit heute ist nicht mehr so bewegt", sagt Müller. Früher habe man viel draußen gespielt, sei rumgehüpft und auf Bäume geklettert. "Heute können Kinder in der dritten Klasse nicht mal mehr gerade rückwärtsgehen oder freihändig auf einem Bein stehen." Auch Aufgaben, die Fingerfertigkeit erfordern, wie etwa einen Faden einfädeln oder eine Schleife am Schuh binden, seien meist nicht mehr nötig durch Klettverschlüsse und Druckknöpfe. Grob- und Feinmotorik prägten sich dadurch nicht mehr gut aus.

Außerdem hätten viele Eltern keine Zeit mehr, sich um die Schreibfähigkeit ihrer Kinder zu kümmern. "Es achtet niemand mehr darauf, dass ein Kind Schreiben übt." Die Kinder würden ihre Eltern auch nicht mehr Schreiben sehen. Zudem seien bei Smartphones und Tabletcomputern ganz andere Handbewegungen und Muskeln nötig als beim Halten eines Stiftes. "Dafür braucht man nur den Zeigefinger oder beide Daumen zum Tippen, oder das Handgelenk, wenn man über das Pad wischt."

Die 46-jährige Kunst- und Medienpädagogin plädiert dafür, schon in der Lehrerausbildung mehr Wert auf das Schreiben-Lehren zu legen. "Die meisten Lehrer sind hilflos. Sie wissen nicht, wie man den Kindern das Schreiben beibringt." Und sie hätten wegen des vielen Unterrichtsstoffs in den höheren Klassen auch gar keine Zeit dafür.

"Seit zwei Jahren kommen selbst im Lehrer-Seminar junge Anwärter zu mir, die nicht mehr schreiben können. Und wenn schon die Lehrerin den Stift falsch hält, wie soll es dann der Schüler lernen?", sagt die gelernte Grundschullehrerin.

Zwischen Kita und Grundschule sei daher ein Jahr nötig, in dem die Kinder die Grundfähigkeiten für das Schreiben lernen, sagt Müller. Früher habe man im Kindergarten gespielt, gemalt und gekritzelt und in der ersten Klasse monatelang nur Schwungübungen gemacht, bevor es richtig ans Schreiben ging. Das falle heute aus. "Wenn die Kinder mit sechs Jahren schulreif sind, sollte die Motorik entwickelt sein, das ist sie aber heute nicht."

In vielen Schulen werde mittlerweile nur noch die Druckschrift-ähnliche Grundschrift oder die vereinfachte Ausgangsschrift gelehrt und nicht mehr die lateinische, bei der alle Buchstaben verbunden sind. Müller nennt jedoch mehrere Vorteile der Schreibschrift: "Es ist bewiesen, dass eine verbundene Handschrift mit Richtungsänderungen einen höheren Lerneffekt hat als die Druckschrift." Mit einer verbundenen Schrift könne man zudem viel schneller schreiben, als wenn man - wie bei der Druckschrift - jeden Buchstaben neu ansetzen müsse.

Die Bewegungsabläufe einer komplexen Schreibschrift müssten automatisiert werden. Erst daraus könne sich dann im Lauf des Lebens auch eine persönliche Handschrift entwickeln, nur eine Druckschrift zu können, reiche dafür nicht. "Wenn ich nur marschieren gelernt habe, werde ich nicht Salsa tanzen können", sagt Müller. Zudem habe eine schöne Handschrift auch etwas mit Wertigkeit zu tun - etwa eine handgeschriebene Geburtstagskarte statt einer SMS.

Quelle: dpa>

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Schweizer Fernsehen online, Logo

11.11.2014: <Test zeigte: Jedes 10. Kinderbuch enthält Tropenholz>

aus: Schweizer Fernsehen online; 11.11.2014;
http://www.srf.ch/konsum/themen/umwelt-und-verkehr/test-zeigte-jedes-10-kinderbuch-enthaelt-tropenholz

<Adrian Zehnder und Philip Kempf

Anhand der vergrösserten Fasern lässt sich Tropenholz entdecken.

Kinderbücher sind aufwändig in der Herstellung. Was viele Eltern nicht wissen: Immer häufiger werden sie in China hergestellt. Das Land verwendet in der Buchproduktion Tropenholz. Jedes zehnte getestete Buch enthält Tropenholz. «Kassensturz» über Bücher, die zu Raubbau an der Natur führen.

Noch nie wurden so viele Bücher aus China in die Schweiz importiert wie im letzten Jahr. Vor allem auch Ratgeber und Kinderbücher mit ihrer aufwendigen Gestaltung, erklärt die WWF-Papierexpertin Simone Stammbach gegenüber «Kassensturz».

«Die Bücher werden in Asien hergestellt, weil sie mit aufwändiger Handarbeit gemacht werden. Dies ist teuer in Europa und bewirkte eine Verlagerung in den fernen Osten», sagt Simone Stammbach.

[Tropenholz aus "Amerika" wird in China zum Kinderbuch]

Doch die chinesische Buchproduktion benötigt riesige Mengen an Papier bzw. Zellstoff. Dieser gelangt per Schiff aus Nord- und Südamerika in die chinesischen Fabriken. Ebenfalls ein wichtiger Lieferant ist Indonesien. Die dortige Papierindustrie steht allerdings seit Jahren in der Kritik.

Der Grund: Zerstörerischer Raubbau in tropischen Regenwäldern. Die Zellstoffe werden in China verarbeitet, auch für günstige Kinderbücher.

5 von 50 Bücher mit Tropenholz

Der Preis für die Natur ist hoch.Jedes Jahr wird mehr als die dreifache Fläche der Schweiz an Regenwald abgeholzt, wertvoller Lebensraum für zahlreiche Tiere zerstört. Es steht viel auf dem Spiel, warnt der WWF.

Er beobachtet die Situation seit Jahren. Es steht viel auf dem Spiel, warnt die Wald- und Papier-Expertin Simone Stammbach: «Die Tropenwälder sind sehr artenreich. Und sehr wertvoll für die Biodiversität. Es sind ganz wichtige Lebensräume, welche wir erhalten müssen und auch ganz wichtig fürs Klima weltweit.» Für zukünftige Generationen sei es wichtig, diese Wälder nicht abzuholzen.

Der WWF Schweiz wollte genau wissen, wie viel Tropenholz tatsächlich im Kinderbuch steckt. Er schickte 50 aktuelle Bücher aus Asien zur technischen Universität Darmstadt ins spezialisierte Papierlabor.

Aus jedem Buch rissen die Tester mehrere Papierproben. Im Wasser lösten sie die Schnitzel auf. Der Zellstoff blieb im Filter hängen und wurden angefärbt. Unter dem Mikroskop erkannte man Fasern und Zellen. Diese sind von Baumart zu Baumart verschieden.

Das Resultat: In jedem zehnten Buch findet das Labor Tropenholz. Die relativ kleinen Mengen von 8 bis 15 Prozent erstaunen den Laborleiter nicht.

«Üblicherweise sind es Holz-Mischungen, aus denen das Papier gemacht werden. Das Tropenholz ist oft illegal im Papier, wird nur in kleinen Mengen beigemischt. Die Nachweisgrenze ist tief. Deshalb geben die Produzenten das Tropenholz nur fein dosiert dazu», sagt der Laborleiter, Heinz-Joachim Schaffrath.

Tipps für den Buchkauf

  • Achten Sie auf FSC-Label im Buch.
  • Kaufen Sie Bücher aus europäischer Produktion.
  • Kaufen Sie Bücher aus 100 % Altpapier.
  • Bei Zweifeln fragen Sie beim Verlag nach, so dass dieser dann auch wieder nachfragen kann, von wo der Zellstoff stammt.
Links:


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Tagesanzeiger online, Logo

16.11.2014: <Kinder spielen immer weniger> - 30% weniger freies Spiel als noch vor 15 Jahren

aus: Tagesanzeiger online; 16.11.2014;
http://www.tagesanzeiger.ch/wissen/medizin-und-psychologie/Kinder-spielen-immer-weniger/story/18665819

<Wer nicht spielen darf, ist in der Entwicklung eingeschränkt, das zeigt die Forschung. Umso schlimmer, dass Kinder offenbar immer weniger zum Spielen kommen.

Kinder verbringen 30 Prozent weniger Zeit mit dem freien Spielen als vor 15 Jahren. Das wirkt sich negativ auf die Bildung aus, wie die Zeitung «Schweiz am Sonntag» berichtet. Denn eine neue Studie mit über 300 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren zeigt: Spielen macht klug.

«Kinder lernen nahezu alles durch das Spiel», sagt Margrit Stamm, Direktorin des Forschungsinstituts Swiss Education und Autorin der Studie. Ihre Erkenntnisse werden auch vom Marie-Meierhofer-Institut für das Kind gestützt: Wer nicht spielen dürfe, sei in der Entwicklung eingeschränkt, was Kreativität und Konzentrationsfähigkeit betreffe.

Spielhemmer in der Familie

Statt im Freien zu spielen, besuchten Kinder heute Förderkurse in abgeschotteten Räumen wie Turn- und Sporthallen, kritisiert Stamm. Dadurch verlernten sie, sich selbst zu beschäftigen, und gewöhnten sich daran, dauernd überwacht und kontrolliert zu werden. Das sei der Eigenverantwortung nicht zuträglich. Zu den stärksten Spielhemmern in der Familie gehörten die durchgetakteten Wochenprogramme, die Risikoscheu der Eltern, aber auch die Sicherheitsbranche mit ihren Botschaften.

Zu ihren Befunden kommt Stamm auf der Basis zweier eigener Studien, ergänzt mit Erkenntnissen einer Kindergartenstudie. Daran haben 303 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, deren Eltern sowie Kindertagesstätten teilgenommen. Das freie Spiel sei das erste Werkzeug, mit dem Kinder ihre Interessen, ihre Ängste, Enttäuschungen und Sorgen verarbeiten könnten, fand Stamm heraus. «Es führt zu einer gesunden Entwicklung in allen wichtigen Bereichen, kognitiv, emotional, sozial, kreativ, motorisch, und wirkt überdies gesundheitsfördernd.» (fko)>

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Neopresse online, Logo

21.11.2014: Gewalttätige Filme machen Kinder anfälliger für Werbung

aus: Neopresse online: Studie: Gewalttätige Fernsehprogramme machen Kinder anfälliger für Werbenachrichten; 21.11.2014;
http://www.neopresse.com/medien/studie-gewalttaetige-fernsehprogramme-machen-kinder-anfaelliger-fuer-werbenachrichten/

<Von Michael Lehner

Laut einer Studie der Universität von Wisconsin-Madison sind Kinder, die eine Fernsehsendung, die Gewalt oder Action beinhaltet, anfälliger für die in den Pausen eingeblendete Werbung.

Eunji Cho, Doktorandin an der Schule für Journalismus und Massenkommunikation der Universität sagt, dass die Aufregung aufgrund einer “gewaltsamen Show” Kinder dazu veranlasst, konzentrierter und aufmerksamer zu sein. Ein Effekt, der auch in die Werbeinblendungen hinein anhält.

Um diese Studie durchzuführen ging Cho in ihre Heimat Südkorea zurück und beobachtet vier verschiedene Kindergarten-Klassen. Jede Klasse wurde per Zufall entweder “Teenage Mutant Ninja Turtles” oder “A Dog of Flanders”, eine ruhige japanische Sendung, gezeigt. Die Kinder wurden dann im Anschluss in der Werbeunterbrechung eine Anzeige für Schokolade gezeigt.

Danach wurden die Kinder gebeten einen Schokoriegel auszuwählen – den einen aus der Werbung oder einen unbekannten. Cho stellte fest, dass Kinder, die die gewalttätige Sendung sahen, fast ausschließlich das beworbene Produkt auswählten, während diejenigen, die die ruhige Sendung sahen, gleichgültig gegenüber der Marke des Schokoriegels waren.

Sie entdeckte auch, dass Kinder, die die “Teenage Mutant Ninja Turtles” angeschaut hatten, sich an die Details der Anzeige besser erinnern konnten als diejenigen, die “A Dog of Flanders” sahen. Sie zeigten eine höhere Markenpräferenz und Kaufabsicht als diejenigen, die das gewaltfreie Programm verfolgten.
Cho sagt, die Studie zeigt, wie wichtig es ist bei Kindern defensiv zu sein, wenn es um das Thema Werbung geht.

“Wir müssen den Kinder beibringen, was hier beworben wird. Manchmal sind sie verwirrt aufgrund des Wechsels von Fernsehprogramm und Werbung”, sagt Cho. “Wenn sie die Werbung sehen, müssen sie auch dafür bereit sein.”

Cho war nicht immer auf der Seite der Forschung über Werbung gewesen. Nachdem sie einen Bachelor-Abschluss in Kommunikation und Medien der Seoul Frauenuniversität erhielt, arbeitete sie für die Diamond Ogilvy Group, der koreanischen Niederlassung des weltweit tätigen Werbeunternehmens Ogilvy & Mather. Sie verbrachte drei Jahre als Führungskraft im Rechnungswesen und plante weltweite Werbekampagnen für Kunden wie Nike und LG Mobile.

Sie wollte mehr erfahren und die Wirkung der Werbung von der anderen Seite beobachten. Cho verliess die Branche, um wieder die Schulbank zu drücken. Nachdem sie ihren Master-Abschluss an der University of Texas in Austin erlangte, begann Cho damit auf ihre Promotion an der UW-Madison im Jahr 2010 hinzuarbeiten.

Hier wandelte sich ihre Perspektive.

“Ich war wirklich auf der Marketing-Seite”, so Cho. “Ich würde immer darüber nachdenken, wie wir mehr Produkte verkaufen, welche besseren Strategien gibt es, um mehr Menschen zu einem Kauf zu veranlassen.”

Cho entwickelte ein besonderes Interesse daran, wie Massenmedien Jugendliche durch Werbung beeinflussen, als sie einen Kurs von Karyn Riddle, außerordentliche Professorin an der Schule für Journalismus und Massenkommunikation, besuchte. Riddle wurde später Chos Beraterin bei ihren Forschungen.

“Die Tatsache, dass Cho dieses Projekt auf eigene Faust anging, war wirklich ehrgeizig”, sagt Riddle. “Eine Menge Studenten würde warten bis ihr Berater eine Studie initiiert, aber sie hat diese Studie selbst angestossen.”

In Zusammenarbeit mit Seung-Chul Yoo, einem Assistenzprofessor für digitale Werbung an der Loyola University in Chicago, veröffentlichte Cho ihre Ergebnisse im International Journal of Advertising im Herbst diesen Jahres.

Quelle:
Violent television may make children more susceptible to advertising messages>


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Der
                  Standard online, Logo

9.11.2015: Vorlesen und Lesen erhöht die Hirnmasse und verbessert das Sozialverhalten
aus: Der Standard online: Vorlesen beeinflusst soziales Verhalten von Kindern positiv (9.11.2015)
http://derstandard.at/2000025352233/Vorlesen-macht-Kinder-schulisch-und-privat-erfolgreich

<Kinder, die viel lesen, zeigen mehr Interesse an ihrer Umwelt und gehen lieber in die Schule als ihre Altersgenossen

Regelmäßiges Vorlesen hat einer Studie zufolge positiven Einfluss auf die schulische und soziale Entwicklung von Kindern – unabhängig vom Bildungsniveau der Eltern. Das ist das Ergebnis der Vorlesestudie 2015, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach hatten rund 70 Prozent der Acht- bis Zwölfjährigen im Fach Deutsch eine sehr gute oder gute Note, wenn ihnen täglich vorgelesen wurde.

Für die Studie wurden 524 Kinder der genannten Altersgruppe und ihre Mütter befragt. Sie wird seit 2007 jährlich durchgeführt und ist ein Gemeinschaftsprojekt der Stiftung Lesen, der Wochenzeitung "Die Zeit" und der Deutsche Bahn Stiftung. Den Angaben zufolge ist sie repräsentativ für Familien und Kinder im Vorlesealter. "Tägliches Vorlesen unterstützt Kinder auch dann in ihrer Entwicklung, wenn die Eltern kein Abitur und keinen Hochschulabschluss haben", sagte die Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung, Simone Ehmig.

Leseratten mögen die Schule

Belesene Kinder gehen demnach auch lieber in die Schule. 83 Prozent der Acht- bis Zwölfjährigen, denen täglich vorgelesen wurde, gaben an, "sehr gern" dorthin zu gehen. Bei den Befragten, denen selten oder nie vorgelesen wurde, sagten das nur 43 Prozent. Von den befragten Müttern beschrieben 90 Prozent von denen, die für ihre Sprösslinge täglich zum Buch griffen, sie als wissbegierig. Umgekehrt gaben das nur 43 Prozent von denen an, die das selten oder nie taten.

Belesene Kinder sind auch vergleichsweise sensibel, empathisch und interessiert an anderen. Um sicherzugehen, dass das tatsächlich am Vorlesen liegt, wurden auch ihre sozialen Erfahrungen abgefragt. Demnach trafen die genannten Eigenschaften auch auf sonst eher sozial isolierte Kinder zu. "Daher kann über das Vorlesen offensichtlich etwas geschehen, das ihre soziale Kompetenz und ihr soziales Verhalten mit stärkt", sagt Ehmig. (APA, 9.11.2015)>


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Der
                  Standard online, Logo

12.11.2015: Eltern müssen einfach da sein und Kontakte steuern, damit die Kinder nicht in die Kriminalität abrutschen

aus: Der Standard online: Bindung zu Eltern kann Kriminalität verhindern (12.11.2015);
http://derstandard.at/2000025573728/Bindung-zu-Eltern-kann-Kriminalitaet-verhindern

<Eine gute Beziehung zu den Eltern kann Kriminalität beim Kind vorbeugen – selbst wenn einer der beiden Elternteile kriminell ist

Ob ein Kind in die Kriminalität abgleitet oder nicht, hängt entscheidend von der Beziehung zu den Eltern ab. Der Soziologe Travis Hirschi konnte mit seinen Studien an der University of Arizona belegen, dass die Bindung eines Kindes an seine Eltern bei der Entwicklung einer nichtkriminellen Persönlichkeit eine Rolle spielt. Er fand heraus, dass eine starke Bindung zu einem oder beiden Elternteilen Kriminalität beim Kind verhindern kann – auch dann, wenn einer der beiden kriminell ist.

Gewalt bedingt nicht Gewalt

Die Psychologin Cathy Spatz Widom vom John Jay College of Criminal Justice in New York beschäftigte sich mit der Beziehung zwischen Eltern und vernachlässigten Kindern. Sie widerlegte in den meisten Fällen, dass "Gewalt Gewalt bedingt". Der Schwede Per-Olof Wikström von der Universität Cambridge hebt die wichtige Rolle der Eltern für ein gutes Umfeld der Kinder hervor. Diese könnten das Abgleiten in die Kriminalität durch die Unterbindung des Kontakts zu kriminellen Altersgenossen entscheidend beeinflussen. Ebenfalls wichtig ist seiner Forschung zufolge die Rolle der Eltern bei der Ausbildung der Moral ihrer Kinder.

Hirschi, Spatz Widom und Wikström wurden am Dienstagabend mit dem Stockholm-Preis für Kriminologie ausgezeichnet. Die Preisträger und die Preisträgerin teilen sich die mit rund 161.000 Euro dotierte Auszeichnung. (APA, red, 12.11.2015)>


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News.ch-Logo

16.12.2015: Hirntraining durch Tanzen bewirkt leichteres Erlernen von Fremdsprachen

aus: News.ch: Tanzen macht Lernen von Sprache einfacher; 16.12.2015
http://www.news.ch/Tanzen+macht+Lernen+von+Sprache+einfacher/682580/detail.htm

<Dundee/Paris - Wer sich schon als Kind mit Tanzen beschäftigt hat, lernt Sprachen später leichter, denn dabei werden die gleichen Bereiche im Gehirn aktiviert. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der University of Dundee und vom French National Institute of Health and Medical Research.

Bei der Untersuchung liessen die Forscher 22 französische Tänzer mehrere Tanz-Videos in unterschiedlichen Längen ansehen. Dabei wurde mithilfe eines MRI-Scanners die Aktivität im Gehirn der Probanden untersucht. «Tanzen involviert sehr viel mehr Prozesse als manch einer denkt», erklärt Studienautorin Corinne Jola. Das Zusehen beanspruchte den Bereich im Gehirn, der auch aktiv wird, wenn jemand über die Bedeutung einer verbalen Information nachdenkt.

Den Wissenschaftlern fielen zudem unterschiedliche Prozesse auf den Aufnahmen des MRI-Scanners auf. «Darunter fallen hochgradig kognitive Prozesse, die auch im Alltag beim Interagieren mit anderen Menschen von essenzieller Bedeutung sind. Alleine das Betrachten einer Tanzgruppe kann das Verständnis von sozialen Situationen trainieren», unterstreicht Jola.

Mehr Tanzunterricht an Schulen

Die Forscher glauben, dass die Ergebnisse vor allem für Schulen relevant sein könnten. Neben den Sprachangeboten sollte es parallel dazu mehr Tanzkurse geben, um das entsprechende Areal im Gedächtnis zu trainieren. Laut Jola ist es künftig interessant, weitere Auswirkungen des Tanzens auf das Gehirn zu untersuchen. Ausführliche Ergebnisse werden im Journal «NeuroImage» veröffentlicht.

(nir/pte)>

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Kronenzeitung online, Logo

München 10.7.2017: Bub eingesperrt - er bastelt Papierflieger mit Botschaft
"Befreit mich!" -
Bub löst mit Papierflieger Polizeieinsatz aus
http://www.krone.at/welt/bub-loest-mit-papierflieger-polizeieinsatz-aus-befreit-mich-story-577988

<10.07.2017, 17:08

Ein Neunjähriger hat in München einen Polizeieinsatz ausgelöst. Weil er nicht auf den Spielplatz durfte, hat er mehrere Papierflieger mit einem Hilferuf und seiner Adresse aus dem Fenster im vierten Stock geworfen.

Ein Passant fand einen Zettel des Buben in der Nacht auf Sonntag auf der Straße. Der Bub hatte darauf geschrieben: "Hilfe ich werde als Geisel festgehalten, befreit mich". Außerdem hat er seine Adresse angegeben.

Die Polizei schickte nach Angaben vom Montag daraufhin mehrere Streifenwagen zu dem Haus. Doch dann erklärte der Kleine: Er habe um 20 Uhr nicht mehr auf den Spielplatz gedurft, und so habe er gleich mehrere solche Papierflieger auf die Straße geworfen. Außer einer Standpauke der Eltern wird der folgenreiche Hilferuf des Buben keine Konsequenzen haben - der Neunjährige ist strafunmündig.

In einer ersten Aussendung der Polizei hieß es, der Papierflieger sei bereits vor zehn Jahren aus dem Fenster geworfen worden und der Junge sei inzwischen 19 Jahre alt. Das ist falsch. Der Junge hat seine Botschaften erst jetzt abgesetzt.>

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22.10.2017: Mädchen lügen und klauen mehr als die Buben - aus Spass!
Sie klauen und fahren schwarz
https://www.derbund.ch/sonntagszeitung/sie-klauen-und-fahren-schwarz/story/27283831

"Der Anteil straffälliger Mädchen hat sich in der Schweiz verdoppelt. Mit Ladendiebstählen profilieren sie sich in der Clique.

Anna*, 15 Jahre, gibt zu Protokoll: «Eine aus der Clique packt Kleinigkeiten in den Läden einfach ein. Sie meint, weshalb zahlen, wenn man etwas auch nehmen könne. Als ich dann mit meiner Freundin unterwegs war, kam das Adrenalin, und wir probierten es auch.» Und Nina*, 14 Jahre, sagt: «In der Kosmetikabteilung haben wir die Produkte angeschaut. Alles war teuer. Dann ­haben wir sie halt eingesteckt.»

Anna und Nina sind keine Einzelfälle. Der Anteil straffälliger Mädchen nimmt zu. Im Kanton Zürich machen sie mittlerweile 25 Prozent aus – fast doppelt so viele wie noch vor 20 Jahren. Schweizweit wurden letztes Jahr 1382 junge Mädchen verurteilt. Wie eine neue Auswertung der Oberjugendanwaltschaft des Kantons Zürich zeigt, prügeln sich Mädchen zwar weniger als ihre männlichen Kollegen, dafür ­fahren sie überproportional oft schwarz oder sind als Langfinger unterwegs. Besonders beliebt: Kosmetika oder Accessoires im Wert von unter 300 Franken.

Freizeit im Shoppingcenter: Gelegenheit macht Diebe

Ein Nagellack hier, ein Armreif dort – Kleinigkeiten mitlaufen zu lassen, statt dafür zu bezahlen, scheint für viele Teenager normal zu sein. «Scham oder moralische Bedenken haben die wenigsten», sagt Ivica Petru¨ic, Geschäftsführer der Zürcher Jugendförderung Okaj. In Gesprächen bekommt der Jugendarbeiter jeweils zu hören: Es gibt so viele Stücke im Angebot, wenn ich nur eines nehme, schade ich ja niemandem.

Handkehrum kann ein Lippenstift einer teuren Modemarke für ein Mädchen eine grosse Wirkung haben. «Es gilt mehr denn je: Du bist, was du trägst und hast», sagt Petru¨ic. Diese Entwicklung habe sich noch akzentuiert, seit die Jugendlichen, statt einem Hobby nachzugehen, im Shoppingcenter herumhängen. Stets umgeben zu sein von den neusten Trends und Produkten, weckt vor allem etwas: Begehrlichkeiten. «Der Konsumdruck unter den Heranwachsenden ist ­dadurch nochmals gestiegen.»

Die straffälligen Mädchen kommen aus allen Schichten und sind meist zwischen 15 und 17 Jahre alt. Allerdings ist die Zahl der polizeilich erfassten 12-Jährigen innerhalb eines Jahres von zwei auf acht Prozent gestiegen, und kürzlich hat die Stadtpolizei Zürich vermeldet: 10- und 11-Jährige auf Diebestour im Shopville erwischt.

«Die Grenzen von Kindheit zu Jugend haben sich verwischt»

Das zarte Alter der Delinquentinnen erstaunt Rahel Heeg, Soziologin der Hochschule Nordwestschweiz, wenig. «Die Grenzen von Kindheit zu Jugend haben sich verwischt», sagt sie. Bereits Kinder in der Vorpubertät würden ihre Freizeit im öffentlichen Raum verbringen. Dabei gäben ihnen die Ladendiebstähle Nervenkitzel und Anerkennung. «Die Girls können sich mit solchen Taten innerhalb der Clique profilieren.» Anders als die Knaben würden Mädchen Res­pekt nicht mit Fäusten, sondern auf subtilere Weise erlangen.

Die Gründe, warum sich die Geschlechter diesbezüglich unterscheiden, sieht der Leitende Oberjugendanwalt des Kantons Zürich, Marcel Riesen-Kupper, im Umgang der Teenager: «Jungen sind in grösseren Gruppen unterwegs, Mädchen häufig zu zweit oder zu dritt.» Dies führe zu einer anderen Gruppendynamik.

Doch warum steigt die Kriminalität der Mädchen, während Jugenddelinquenz insgesamt rückläufig ist? Der Oberjugendanwalt kann nur spekulieren: «Zum einen ­treten Mädchen heute gleichberechtigter auf, und zum andern geniessen sie mehr gesellschaftliche Freiräume.» Deliktisches Verhalten gehöre heute bei Mädchen zum Entwicklungsprozess dazu.

Die Eltern sollten mit Kindern über Ladendiebstahl sprechen - [Jugendanwaltschaft agiert mit Samthandschuhen]

Auf die schiefe Bahn geraten allerdings die wenigsten. Häufig reicht eine Vorladung der Jugendanwaltschaft, um sie zur Vernunft zu bringen. Für kleinere Vergehen erhalten sie einen Verweis, eine Busse oder werden zu einer persönlichen Leistung in ihrer Freizeit verknurrt.

Einige wenige Mädchen fallen allerdings immer wieder kriminell auf. Ihre Aggressivität entlädt sich in Rufschädigungen, in Mobbing. Manche schrecken vor Prügeleien nicht zurück. «Meist sind sie vorbelastet. Erleben Gewalt in der ­Familie, haben suchtmittelabhängige Eltern oder wachsen in beengten sozioökonomischen Verhältnissen auf», sagt Riesen-Kupper.

Sie befinden sich in einer Abwärtsspirale und müssen schliesslich mit einer stationären Schutzmassnahme untergebracht werden. Schweizweit waren 62 Mädchen am Stichtag 2016 entweder bei einer Familie, in einem Heim oder einer anderen Institution unter­gebracht. Ihr Anteil ist mit 13 Prozent zwar deutlich geringer als derjenige der Knaben, doch er steigt seit fünf Jahren an. Als umso wichtiger erachtet Urs Kiener, Jugendpsychologe von Pro Juventute, dass Eltern bereits kleine Delikte ernst nehmen. «Sie sollten mit den Kindern den Diebstahl thematisieren», sagt er. Es sei für den Verlauf der weiteren Jugendjahre entscheidend zu vermitteln, was Recht und Unrecht sei.

Anna und Nina hat die Jugendanwaltschaft zu einer Busse verurteilt. Sie haben versprochen: So etwas kommt nicht mehr vor.

* Name geändert (SonntagsZeitung)

Kommentar: MÄDCHEN LÜGEN UND KLAUEN BESSER
Mädchen lernen ab der Periode, wie sie Sachen verheimlichen müssen, denn sie müssen die Periode verheimlichen, weil sie sonst "schwach" dastehen. Das lässt ein ganz anderes Verhaltensmuster entstehen als bei Buben. Und so klauen und lügen Mädchen "besser".

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sott.net
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6.12.2017: Geschichten fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Geschichtenerzählen förderte sozialen Zusammenhalt - noch vor der Entstehung von Religionen
https://de.sott.net/article/31904-Geschichtenerzahlen-forderte-sozialen-Zusammenhalt-noch-vor-der-Entstehung-von-Religionen

<London (Großbritannien) - Bislang galten die ersten organisierte Religionen, also der Glaube an übermächtige und auch strafende Götter, als Stifter der Regeln und Werte des sozialen Zusammenlebens. Eine neue Studie englischer Wissenschaftler zeigt nun, dass schon vor der Entstehung der Religionen, die Geschichtenerzähler die gleiche Funktion in den Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften erfüllten - und bis heute erfüllen.

Wie das Team um den Anthropologen Daniel Smith, Andrea Migliano und Lucio Vinicius vom University College London aktuell im Fachjournal Nature Communications (DOI: 10.1038/s41467-017-02036-8) berichtet, bildeten die Geschichten dieser Märchenerzähler die Grundlage für das soziale Zusammenleben und die gemeinschaftlichen Werte - und das lange bevor vergleichbare Mechanismen in den größeren Agrargemeinschaften durch moralisierende hohe Götter entstanden.

Die Forscher berichten auch, dass es diese Geschichtenerzähler waren, die in ihren Gemeinschaften sogar noch angesehener und beliebter waren, als die besten Wildbeuter. Dieser soziale Stand drückte sich sogar in einer höheren Reproduktionsrate dieser Geschichtenerzähler aus.

Grundlage der Studie ist eine Untersuchung der Forscher am Beispiel einer Gruppe der sogenannten Agta, einer bis heute noch überdauernden Jäger-und-Sammler-Gemeinschaft auf den Philippinen, die direkt von den ersten dortigen Siedlern von vor mehr als 35.000 Jahren abstammen.

Die Forscher baten drei der Ältesten der Agta, ihnen jene Geschichten zu erzählen, die sie für gewöhnlich ihren Kindern und untereinander erzählen. Das Ergebnis waren vier Erzählungen, die sich über drei Nächte hinwegzogen. Die Wissenschaftler stellten fest, dass alle Geschichten vermenschlichte Natureinheiten wie Tiere oder Himmelskörper zum Inhalt hatten und sozial-koordinierende Normen zum Gruppenverhalten des Stammes beschrieben.

Eine Geschichte erzählte von der männlichen Sonne, die sich mit dem weiblichen Mond über die Frage zerstritten hatte, wer den Himmel beleuchten solle - bevor sie sich schlussendlich darüber einigten, sich diese Aufgabe - jeweils bei Nacht Tag - zu teilen. "In der Geschichte geht es um die Gleichberechtigung unter den Geschlechtern, wie sie in vielen Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften zu finden ist, sowie deren Arbeitsteilung", so die Forscher.

In ihrer Arbeit zeigen die Anthropologen zudem, dass 70 Prozent von 89 untersuchten Geschichten von sieben unterschiedlichen Stämmen, Elemente der Bestärkung und Regelung des sozialen Zusammenlebens finden.

"Diese Geschichten scheinen das Gruppenverhalten zu regeln und die Zusammenarbeit durch die Vorlage sozialer Informationen und Normen, Regeln und Erwartungen der Gemeinschaften zu stärken", so Smith.

Diese Deutung bestätigend stellten die Forscher zudem in jenen Agta-Gemeinschaften mit einem höheren Anteil an begabten Geschichtenerzählern auch ein höheres Niveau der Zusammenarbeit zwischen den Gruppenangehörigen fest.

In ihrer Studie befragten die Forscher zudem nahezu 300 Mitglieder von 18 Agta-Gemeinschaften, mit wem sie am liebsten zusammenleben würden. Hierbei zeigte sich, dass begabte Geschichtenerzähler fast doppelt so oft genannt wurden als Individuen mit einer geringeren Begabung im Geschichtenerzählen.

Die Forscher vermuten, dass dies an dem Umstand liegt, dass die Geschichtenerzähler als Gegenleistung für Ihre Fähigkeit eine erhöhte soziale Unterstützung erfahren und 0,53 mehr Kinder bekommen als weniger begabte Personen in den Gruppen.

"Das Geschichtenerzählen könnte von grundlegender Bedeutung für die Organisation des menschlichen Sozialverhaltens (gewesen) sein, in dem es die Zusammenarbeit bewarb, gemeinschaftliche Normen und die Strafen für Zuwiderhandlungen aufzeigte", so Smith. "Die Religionen von Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften kennen in der Regel keine moralisierenden Götter und dennoch weisen diese Gemeinschaften einen hohen Grad an Zusammenarbeit im Sinne des Gemeinwohls auf. Somit kann das Geschichtenerzählen als Vorgänger der später höher entwickelteren Erzählformen der Götter-Religionen der landwirtschaftlich geprägten Kulturen angesehen werden", erläutert Andrea Migliano abschließend.>


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17.1.2018: Früher Sprachunterricht bringt kaum was
Kaum Vorteile: Früher Sprachenunterricht bringt nur wenig
http://www.krone.at/1616493

<Eine neue Studie befasst sich mit der Frage, inwiefern das Alter die Entwicklung von Fremdsprachenkenntnissen beeinflusst. Dazu wurden Tests durchgeführt, die verschiedene Fähigkeiten maßen wie das Hörverständnis, den Wortschatz, die mündlichen und schriftlichen Kenntnisse etc. Außerdem wurden Lernmotivation, Lernstrategien, sozialer und sprachlicher Hintergrund, Lernumfeld und elterliche Unterstützung erhoben. Die Ergebnisse sind recht ernüchternd.

Für die zwischen 2008 und 2017 durchgeführte Studie der Anglistin Simone Pfenninger von der Universität Salzburg wurden 800 Zürcher Gymnasiasten auf ihre Sprachkenntnisse im Fach Englisch untersucht.  Dafür wurden die Kinder in vier Gruppen eingeteilt: Einsprachige Kinder, von Geburt an zweisprachige Kinder, Kinder, die bilingual und biliteral aufwuchsen (Lese- und Schreibfähigkeiten in beiden Muttersprachen) sowie, "sukzessiv zweisprachige Kinder" (Kinder mit Migrationshintergrund).

Jeweils die Hälfte der Schüler jeder Gruppe waren dabei "Frühenglischlernende" mit Englischunterricht bereits ab acht Jahren im Ausmaß von ein bis zwei Stunden pro Woche. Zu Beginn und am Ende der Gymnasialzeit wurden diverse Tests zu etwa Hörverständnis und Lernmotivationen durchgeführt.

Substanzielle Unterstützung der Eltern bringt Kinder weiter
Langfristig profitierte nur eine der vier Gruppen vom frühen Fremdsprachenunterricht - nämlich jene Kinder, die zweisprachig aufwachsen, sowohl bilingual als auch biliteral sind und substanzielle Unterstützung der Eltern und der Umgebung erfahren. In allen anderen Gruppen hatten jene Kinder, die erst fünf Jahre später in den Englisch-Unterricht einstiegen, bereits nach sechs Monaten die "Frühlerner" eingeholt und teils sogar übertroffen. Am Ende der Gymnasialzeit waren dann keine Unterschiede bezüglich des frühen oder späten Einstiegs in den Fremdsprachenunterricht erkennbar. Einziger Vorteil der Frühlerner: Bei der ersten Datenerhebung verfügten sie noch über einen größeren Wortschatz.

"Es ist wichtig zu betonen, dass sich die Forschung nicht per se gegen den frühen Fremdsprachenunterricht ausspricht, aber die Erwartungen sollten realistisch sein bezüglich der erwünschten Zwei-und Mehrsprachigkeit", so Pfenninger in einer Aussendung der Uni Salzburg. Die Schweizer Resultate seien dabei kein Einzelphänomen. Die Forschung zeichne diesbezüglich ein sehr einheitliches Bild und zeige, dass es kaum Vorteile eines frühen Fremdsprachunterrichts im Schulkontext gibt. Anders ist des dagegen beim "natürlichen" Zweitsprachenerwerb außerhalb der Schule - dort profitieren die "Frühlerner" tatsächlich.

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26.2.2018: Test mit Kindern und Jugendlichen: Facebook macht nicht dumm, ist gelogen
„Angst unbegründet“: Keine schlechteren Schulnoten durch Facebook & Co.
http://www.krone.at/1650944

<Keinen alarmierenden Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Netzwerke und dem Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen sehen Forscher nach einer aktuellen Analyse. "Horrorszenarien über die mutmaßlich fatalen Auswirkungen von sozialen Netzwerken auf schulische Leistungen sind unbegründet", lautete das Fazit von Markus Appel von der Universität Würzburg.

Der Kommunikationswissenschaftler hat mit Kollegen aus Bamberg und Würzburg die Ergebnisse von 59 Publikationen zum Zusammenhang zwischen Social-Media-Nutzung und Schulleistungen ausgewertet. Richtig genutzt könnten soziale Netzwerke die Schulnoten sogar leicht verbessern, berichteten die Forscher in der Fachzeitschrift "Educational Psychology Review".

Der Abgleich zeigte: Nutzen Schüler soziale Medien, um sich über schulbezogene Themen wie Hausaufgaben auszutauschen, erreichen sie im Mittel leicht bessere Noten. Von Multitasking - also Lernen oder Hausaufgaben machen und dabei soziale Medien nutzen - ist jungen Leuten dagegen abzuraten: Es verschlechtert die Leistung leicht. Auch die Intensität der Nutzung hat Einfluss auf die Schulleistungen. Schüler, die sehr oft bei Facebook, Snapchat, Instagram und Co unterwegs sind, bekommen geringfügig schlechtere Noten.

Lernzeit nicht verringert
Ein spannender Aspekt der Würzburger Studie ist, dass junge Leute trotz intensiver Handyzeit offenbar nicht weniger lernen. "Es gibt keinen Beleg für die plausible Annahme, dass Social-Media-Zeit zulasten des Lernens geht", sagte Appel. Der Auswertung zufolge verwenden Schüler, die besonders intensiv soziale Medien nutzen, nicht weniger Zeit aufs Lernen. Möglicherweise nutzten die Jugendlichen dafür die Phasen, die die Generation vor ihr vorm Fernseher verbracht habe. Damit hätte die Jugend von heute sogar einen kleinen Vorteil, so Appel: "Über den Fernseher konnte man sich nicht über Schulaufgaben austauschen."

In die Auswertung waren die Daten von fast 30.000 jungen Leuten zwischen 13 und 22 Jahren eingeflossen. Einzeln betrachtet zeigten viele der einbezogenen Studien widersprüchliche Ergebnisse, sagte Co-Autorin Caroline Marker. Die einen fänden positive, die anderen negative und manche gar keine Auswirkungen. Statistisch zusammengeführt ergäben die Antworten der Schüler zur Nutzung sozialer Medien und die Auswertung ihrer Noten ein klareres Bild.

"Es ist nicht so schlimm wie manchmal behauptet wird", so Appels Fazit. Die Nutzung von Social Media sei für die junge Generation weder prinzipiell sehr gut noch generell sehr schlecht. "Es kommt eben darauf an, was man mit Social Media macht."

Größere Zufriedenheit bei weniger Online-Zeit
Noch unklar ist den Forschern zufolge, ob schlechtere Schüler eher zu umfassender Social-Media-Nutzung neigen oder ob es die intensive Beschäftigung mit solchen Netzwerken ist, die zu leicht schlechteren Leistungen führt.

Mit einer anderen Auswirkung von viel Zeit am Smartphone oder Laptop hatte sich kürzlich eine US-Studie beschäftigt: Immer mehr Zeit online zu verbringen heißt demnach nicht zwingend, sich immer besser zu fühlen. Am glücklichsten seien die Teenager, die nur knapp eine Stunde täglich online sind, ergab die im Fachmagazin "Emotion" vorgestellte Analyse der San Diego State University.

Für die, die länger als eine Stunde pro Tag am Bildschirm kleben, sinken die Zufriedenheitswerte - ebenso bei denen, die gar keine Digitalmedien nutzen (dürfen). Auch diese Studie stellte keinen kausalen Zusammenhang her, sondern zeigte nur eine Korrelation - es bleibt also unklar, ob die Zufriedenheit wirklich an die Mediennutzung gekoppelt ist oder an andere, damit verbundene Faktoren.>


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3.7.2018: Kinder gemäss Dalai Lama glücklicher erziehen: Meditation, Spiel und Fragestunden - es muss ja nicht gleich jeden Tag sein, so wie die das in Indien machen
45 Minuten täglich: Dehli: Kinder werden im Fach „Glück“ unterrichtet
https://www.krone.at/1733997

<Um den Nachwuchs zu glücklicheren und besseren Menschen zu machen, wird in der indischen Hauptstadtregion Delhi an öffentlichen Schulen ab sofort das Fach „Glück“ unterrichtet. In täglichen, 45-minütigen Einheiten werden die Kinder von der Vorschule bis zu achten  Klasse meditieren, spielen und diskutieren. Den Lehrplan stellte der Dalai Lama, das im indischen Exil lebende geistige Oberhaupt der Tibeter, vor.

Im Fach „Glück“ sollen die Schüler Glück erforschen, erfahren und ausdrücken sowie unter anderem lernen, achtsam zu sein, Stress zu bewältigen und sich „angenehm“ zu verhalten. Auch Patriotismus werde eine Rolle spielen, hieß es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung. Der Unterricht betreffe rund eine Million Schüler.

Indien sei in der Lage, altes und modernes Wissen miteinander zu verbinden, um eine bessere Welt mit glücklichen, wissenden und gutherzigen Menschen zu schaffen, sagte der Dalai Lama. Mit entsprechender Bildung könne man lernen, Wut, Hass, Sorge und Angst zu bewältigen, twitterte das geistige Oberhaupt der Tibeter.>

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Epoch
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28.10.2018: Talente erziehen setzt besonnene und standfeste Eltern voraus + Grenzen setzen + Vorbild sein + Porno+Gewalt für die Kindheit einschränken + mit Fehlern umgehen lernen + Zeit mit den Kindern verbringen
Erziehung ist harte Arbeit: Zehn Tipps zur richtigen Kindererziehung
https://www.epochtimes.de/politik/welt/erziehung-ist-harte-arbeit-zehn-tipps-zur-richtigen-kindererziehung-a2683229.html

<Der erste Tipp: Außergewöhnliche Eltern achten genauestens darauf, mit welchen Informationen das Kind in Berührung kommt, sei es durch Medien, neue Technologien oder durch den Freundeskreis.

Außergewöhnliche Kinder sind kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis einer guten Erziehung von außergewöhnlichen Eltern, erklärt Jonathan Pokluda, Pastor der Watermark Community Church in Dallas, Texas auf „Foxnews“.

Diese Beobachtung machte der Pastor im Rahmen des Projekts „The Porch“ für die Kirche. In den letzten elf Jahren hatte er dabei mit mehr als Zehntausend von jungen Erwachsenen zu tun. Außergewöhnliche Eltern hätten einiges gemeinsam: sie schätzten die Kinder als Gottes Geschenk und pflegten auch ähnliche Erziehungsstile.

Laut Pokluda bedeute Erziehung harte Arbeit. Sie erfordere ein weites Herz der Eltern und die Entschlossenheit Grenzen zu setzen. Hinzu kommt es, Werte zu vermitteln und konsequentes besonnenes Handeln. Er ist selbst Vater von drei kleinen Kindern, steht täglich vor neuen Herausforderungen und sieht sich im ständigen Lernprozess.

Mit seinem Text will der junge Pastor Eltern, mit den Erkenntnissen aus seiner Praxiserfahrung und biblischen Leitsätzen, Mut machen und ihnen praktische Tipps für die Kindeserziehung in der heutigen Zeit mit auf den Weg geben.

[...] Kinder, als Geschenk [...] schätzen. [...]

Grenzen setzen

In der heutigen Umgebung sind die Kinder schon von klein auf verschiedensten Einflüssen ausgesetzt, die die Entwicklung des Kindes prägen. Außergewöhnliche Eltern würden laut Pokluda genauestens darauf achten, mit welchen Informationen das Kind in Berührung kommt, sei es durch Medien, neue Technologien oder durch den Freundeskreis.

[Smartphones, Computer und Besuche einfach so sind keine Erziehung]

Viele „gewöhnliche Eltern“ hingegen würden ihren Kindern schon früh Smartphone und Computer an die Hand geben, um ihre Kinder zu beschäftigen – und aus Sorge, sie könnten sich langweilen.

Mit der Ausrede sich nicht in das Leben ihres „Kindes einzumischen“ zu wollen, würden sie ihre Kinder unkontrolliert im Netz surfen oder zu früh bei Freunden, die sie kaum kennen, übernachten lassen.

[Porno und Gewalt für die Kindheit einschränken]

Außergewöhnliche Eltern seien sich hingegen bewusst, dass Kinder im Netz auch Zugang zu pornografischen Inhalten oder Gewalt kommen. Sie würden die Nutzung überwachen und Grenzen setzen [...].

[Eltern bestimmen, nicht die Kirche, wie Erziehung geht]

Weiterhin beobachtete Pokluda, dass außergewöhnliche Eltern die spirituelle und christliche Erziehung ihrer Kinder nicht der Kirche oder anderen Institutionen überließen, sondern selbst in die Hand nähmen.

Sie würden jede freie Minute nutzen, ob am Morgen, beim Essen, am Abend oder während des Autofahrens, um die Kinder christliche Werte zu lehren.

Das Verhalten der Eltern als Vorbild

Kinder merken schnell, wenn Eltern etwas anderes vorleben, als was sie ihren Kindern predigen, so Pokluda. [...]

Die Kinder würden sich einzig und allein am Verhalten der Eltern orientieren, was im Leben wirklich zähle. Kinder, die mit solch einem „scheinheiligem Verhalten“ aufwachsen, verlieren den Glauben [...].

Um Vergebung bitten

Bei den Befragungen von besonders bescheidenen jungen Erwachsenen, stellte Pokluda fest, dass sie alle  sagten: „Wenn meine Eltern Fehler gemacht haben, dann haben Sie sich immer dafür entschuldigt“.

Pokludas Ansicht nach sei das bescheidene Verhalten der jungen Erwachsenen eine Widerspiegelung des Verhaltens ihrer Eltern. Eltern, die ihre Fehler zugeben, würden alleine durch ihr Verhalten, Kinder lehren zu ihren Fehlern zu stehen und daraus zu lernen. Häufiger Fehler von gewöhnlichen Eltern sei, dass sie ihre Fehler aus Stolz nicht zugeben würden. [...]

Mit Ruhe und Fürsorge disziplinieren

Sicherlich eine der schwierigsten Übungen ist Ruhe und Fürsorge, bei der Disziplinierung ihrer Kinder. Pokluda plädiert für einen ruhigen besonnen Erziehungsstil. Wenn Eltern mit Wut auf unangemessenes Verhalten reagieren, würde das Kind zwar Angst vor der Reaktion der Eltern haben, aber weniger seine Fehler einsehen und korrigieren können.

Außergewöhnliche Eltern würden ähnlich einem Schiedsrichter auch bei Regelverstößen ihrer Kinder, ruhig und besonnen reagieren, mit dem Kind reden und ihm die Konsequenzen seines Handelns erklären und Sanktionen setzen.

Gewöhnliche Eltern hingegen würden oftmals versuchen alle unangenehmen Situationen für das Kind zu vermeiden und auch nicht versuchen es zu disziplinieren. [...]

Gebete um Weisheit statt Kummer und Sorge

Viele Eltern seien laut Pokluda gestresst und wüssten sich angesichts von alltäglichen Problemen nicht zu helfen. [...]

Auf ihren Weg vorbereiten 

Als gewöhnliche Eltern versuche man oftmals den Kindern das Leben zu ermöglichen, was diese sich wünschten, so Pokluda. Außergewöhnliche Eltern hingegen würden die Stärken, Schwächen und Begabungen ihrer Kinder herauszufinden, [...] und sie darauf vorbereiten.

Zeit ist wichtiger als Materielles

Ein Problem, das viele Eltern hätten, sei laut Pokluda, dass sie den Schwerpunkt aufs Geld verdienen setzten, statt Zeit mit den Kindern zu verbringen. Die Kinder würden zwar viel „Zeugs“ bekommen, doch würde die Beziehung zu den Kindern leiden. „Regeln ohne Beziehungsbasis führen zur Rebellion“, so der Pastor.

Außergewöhnliche Eltern wüssten, dass es für Kinder nicht so sehr darauf ankommt, ob sie nach Disney-Land reisen, sondern dass sie gemeinsame Zeit mit den Eltern verbringen. [...]

Gottes Barmherzigkeit 

Gute Erziehung sei nur durch die Kraft der Barmherzigkeit möglich, so Pokluda. Denn die Barmherzigkeit sei in der Lage Fehler zu vergeben, auch die der Eltern. Oftmals würden Eltern Kinder zu oft loben, wenn sie etwas zu gut gemacht hatten und zu sehr schimpfen, wenn sie einen Fehler machten.

Dabei sei nicht immer abzuschätzen, wie sich Kinder entwickelten. Manchmal würden außergewöhnliche Kinder aus zerrütteten Familien kommen, die durch den Glauben Kraft schöpften, so der Pastor. Manche Kinder aus gut situierten Verhältnissen hingegen, würden verschwenderisch leben und sich vom Glauben abwenden. [...]

(nh)>

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Epoch Times
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3.12.2018: Extremismus im Musikgeschmack ist immer schlecht: Einseitige Rock-Pop-Musik provoziert schwächere Schulleistungen:
Rock- und Popmusik führt zu schwachen Schulleistungen und Berufen mit niedrigem sozialen Status
https://www.epochtimes.de/feuilleton/musik-gewalt-rock-pop-schwache-schulleistungen-berufe-niedriger-sozialer-status-wertewandel-a2727950.html


Wer als Kind populäre Musik bevorzugte, ergreift später eher einen Beruf mit niedrigem sozialem Status. Rock- und Heavy-Metal-Anhänger zeigen geringe Bereitschaft zu kognitiver Anstrengung, Punk-Anhänger akzeptieren weniger Autorität und zeigen größere Affinität zu Waffenbesitz – Eine Analyse von Dr. Miehling, Musikwissenschaftler – Teil 2 von 4.

Die meisten heutigen Musikstile haben aggressive Klangeigenschaften. Musik drückt Emotionen aus und ruft sie auch hervor – wenn aber Musik das kann, dann kann sie es natürlich auch in Bezug auf negative und schädliche Emotionen.

Um die Parallele zu den visuellen und audiovisuellen Gewaltmedien deutlich zu machen, bezeichnet Musikwissenschaftler Dr. Miehling Musik, die aggressive Klangeigenschaften besitzt, als „Gewaltmusik”. Dieser Begriff ist zwar nicht völlig, aber doch weitgehend deckungsgleich mit dem der sogenannten populären Musik: Jazz, Blues, Soul, Pop, Rock, Metal, Techno, Rap, um nur die wichtigsten Stile zu nennen. Teil 1 der Artikelserie kann hier nachgelesen werden.

Ursache und Wirkung

Natürlich wehren sich die meisten Hörer dieser Musik und die politisch korrekten Wächter der moralischen Beliebigkeit gegen die Vorstellung, Gewaltmusik sei die Hauptverantwortliche für den Wertewandel, dessen Folgen wir inzwischen beklagen. Nicht Musik beeinflusse den Charakter, behaupten sie, sondern allenfalls würden bestimmte Charaktere von bestimmter Musik angezogen. Aber warum sollte nur eines von beiden richtig sein?

Tatsächlich haben sich die Charaktere, oder wie man in der Psychologie sagt, die Persönlichkeiten der Menschen in den letzten Jahrzehnten verändert, wie der Politikwissenschaftler Siegfried Schumann 2005 in der Zeitschrift „Psychologie Heute“ endlich einmal festzustellen wagte. Aber wie konnte das geschehen, wenn nicht durch eine höchst unwahrscheinliche kollektive Genmutation?

Auf den ersten Blick mag es überraschen, aber David Tame hatte recht, als er in den 1980er Jahren schrieb:

Die Musik spielt womöglich für den Charakter und die Ausrichtung einer Kultur eine weit gewichtigere Rolle, als man bisher zu glauben bereit war.”

Die Wirkung von Musik auf die menschliche Psyche (und auch auf Körperfunktionen) ist wissenschaftlich erwiesen.

Untersuchungen an Probanden ergaben, dass nach dem Konsum von Gewaltmusikvideos dort gezeigtes sexuelles Rollenverhalten übernommen wird, feindselige sexuelle Vorstellungen und negative Gefühle geweckt werden und vermehrt antisoziales Verhalten und Gewalt als Problemlösung akzeptiert wird. Es wurde auch festgestellt, dass Gewaltmusik bei Verstößen gegen Verkehrsregeln und bei Unfällen im Straßenverkehr eine ursächliche Rolle spielen kann.

Bei Kindern und Jugendlichen korrespondieren schwache Schulleistungen mit Präferenzen aus dem Bereich der Rock- und Popmusik, gute Schulleistungen dagegen mit einer Vorliebe für klassische Musik. In einer Langzeituntersuchung der 1980er Jahre stellte Keith Roe fest, dass der Musikgeschmack ein guter Prädiktor für den späteren Berufserfolg war: Wer als Kind populäre Musik bevorzugte, ergriff später mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Beruf mit niedrigem sozialem Status.

Welcher Musikstil führt zu welchem Verhalten?

Vor diesem Hintergrund müssen auch auffällige Korrelationen zwischen Musikkonsum und Verhalten als Anzeichen eines Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs gesehen werden:

  • Wer Gewaltmusik bevorzugt, ist geistig weniger leistungsbereit oder -fähig, nimmt eher Drogen, wird eher straffällig, ist aggressiver, feindseliger und sexuell aktiver.
  • Rock- und Heavy-Metal-Anhänger zeigen geringe Bereitschaft zu kognitiver Anstrengung, neigen zu Machismus, Machiavellismus, männlicher Hyper­sexualität, Drogen, Okkultismus, Satanismus, antisozialen Einstellungen und Verhaltensweisen.
  • Punk-Anhänger akzeptieren weniger Autorität und zeigen größere Affinität zu Waffenbesitz, Ladendiebstahl und Kriminalität im allgemeinen.
  • Jugendliche, die sich der HipHop-Kultur zugehörig fühlen, gehören auch eher zur Gruppe der „Risikojugendlichen”.
  • Klassikhörer dagegen haben die geringste Delinquenzrate.
  • Kinder, die das Programm des Gewaltmusiksenders MTV sehen, verhalten sich aggressiver und weniger hilfsbereit.

Die US-amerikanischen Wissenschaftler Paik und Comstock haben 1994 die Ergebnisse zahlreicher Untersuchen zum Zusammenhang von medialer und realer Gewalt analysiert und festgestellt, dass der Effekt bei Kindern unter sechs Jahren am deutlichsten ist: 46 % der Gewalt ließ sich aus dem Konsum von Mediengewalt erklären. Bei den Sechs- bis Elfjährigen beträgt der Wert immerhin noch 31 %, bei den Zwölf- bis 17jährigen 22 %, bei den 18- bis 21jährigen 27 %, bei den über 21jährigen 18 %.

Zum Vergleich: Der Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs beträgt 35 %, der zwischen Asbestinhalation und Kehlkopfkrebs 9 % (vgl. Manfred Spitzer). Dennoch werden Gebäude aufwendig asbestsaniert, während Mediengewalt weiterhin rund um die Uhr aus allen Bildschirmen und Lautsprechern quellen darf.

Werner H. Hopf stellte 2004 bei Schülern der 5. bis 10. Klassen fest, dass der Mediengewaltkonsum mehr als jede andere untersuchte Variable (wie elterliche Gewalt oder Wertorientierungen) einen Einfluss auf aggressives Verhalten der Probanden hatte: „26 % der Varianz der Gesamt-Gewalttätigkeit in der Problemgruppe” ließen sich darauf zurückführen.

Zwar wurde von den genannten Autoren nur die (audio)visuelle Mediengewalt untersucht, aber bekanntlich besteht der Fernsehkonsum von Kindern und Jugendlichen zu einem großen Teil aus Sendungen, in denen aggressive Musik eine große oder gar dominierende Rolle spielt. Und auch wer gewalthaltige Videospiele gerne spielt, dürfte aggressiver Musik meist nicht abgeneigt sein.

Die „Love Parade“ wurde von der Polizeigewerkschaft die „größte Drogenparty der Welt” genannt

Gewaltmusikkonsum geht stets mit einem Anstieg der Kriminalität einher: Das begann beim Jazz in New Orleans und später in Chicago, setze sich fort bei Rock’n’Roll und Beat in den 1950er und 60er Jahren, und später mit dem Rap. Auch der Konsum illegaler Drogen gelangte erst durch das Vorbild von Gewaltmusikern und ihrer Musik zu weiter Verbreitung, und nirgends sind illegale Drogen so leicht zu bekommen wie in Diskotheken und (natürlich gewaltmusikbeschallten) „Partys”, wie 2002 eine Eurobarometer-Umfrage feststellte.

Eine 2001 von der TU Berlin durchgeführte Untersuchung deckte auf, dass über achtzig Prozent der Besucher von Technoveranstaltungen regelmäßig illegale Drogen einnehmen.

Die berüchtigte „Love Parade” wurde denn auch von einem Sprecher der Polizeigewerkschaft als „größte Drogenparty der Welt” bezeichnet, mit einem Umsatz illegaler Drogen von schätzungsweise 25 Mio. Euro; d.h. bei einer Million Teilnehmern hätte jeder im Durchschnitt 25 Euro dafür ausgegeben.

Auch hier wird der Drogenkonsum in der Regel erst durch das mit dieser Musik verbundene Umfeld angeregt. Die gewaltmusikfreundlichen Behörden schauen und hören bei solchen Veranstaltungen lieber nicht genau hin – was bekanntlich in Fall der Love Parade 2010 zur Katastrophe geführt hat.

Techno kann das vernünftige Denken ausschalten

Gerade Technomusik vermag wie keine andere durch ihre tranceerzeugende Wirkung das vernünftige Denken auszuschalten. Eine von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Auftrag gegebene Studie bietet ein interessantes Detail: Der Drogenkonsum wird stärker davon bestimmt, wie häufig und wie lange ausgegangen wird, als davon, ob die Freunde Drogen nehmen.

Das ist um so bemerkenswerter als der „peer group” im allgemeinen ein besonders großer Einfluss auf das Verhalten eines (jugendlichen) Individuums zukommt. Demnach wäre also zu erwarten, dass Menschen mit einem überdurchschnittlichen Drogenkonsum auch Freunde mit einem überdurchschnittlichen Drogenkonsum haben, und dass Drogenabstinenzler auch Freunde haben, die Drogenabstinenzler sind.

Bei den Technomusikanhängern gibt es diesen Zusammenhang aber nicht. Stattdessen sind die Ausgehgewohnheiten der entscheidende Faktor. Und wohin gehen Anhänger von Technomusik, wenn sie ausgehen? Zu Veranstaltungen bzw. in Diskotheken oder Clubs mit Technomusik.

Besonders aussagekräftig ist eine niederländische Studie von 2008 (Selfhout et al.): 931 Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 18 Jahren wurden im Abstand von zwei Jahren zweimal über ihre Musikvorlieben und im vorangegangenen Jahr begangene Straftaten wie Diebstähle, Vandalismus und Schlägereien befragt.

Die Autoren werteten die Ergebnisse speziell für die Anhänger von Heavy Metal und HipHop aus und fanden in beiden Fällen hochsignifikante Effektstärken. Dass der Musikgeschmack nicht etwa Folge oder lediglich zufällige Begleiterscheinung der Delinquenz ist, wurde durch eine Gegenprobe bestätigt: Die Effektstärken für Delinquenz zum ersten und Musikgeschmack zum zweiten Befragungszeitpunkt lagen im zufälligen Bereich.

Die Autoren kontrollierten das Ergebnis auch noch auf weitere Faktoren, die nach landläufiger Meinung im Zusammenhang mit Delinquenz stehen: Alter, ethnische Herkunft und Schulbildung. Hier wurden aber keine (!) Effekte gefunden. Dies entkräftet die übliche Gegenargumentation, dass Zusammenhänge zwischen Musikgeschmack und Kriminalität auf solchen Drittvariablen beruhen würden.

Der Musikgeschmack kann also mit hoher Wahrscheinlichkeit – soweit überhaupt durch eine Studie ermittelbar – als Ursache oder zumindest gewichtige Mitursache der Delinquenz angesehen werden.

Erosion des Rechtsbewusstseins

Aber nicht nur der Anstieg von Gewalt- und Drogenkriminalität hat mit Gewaltmusik zu tun. Die gesamte „Erosion des Rechtsbewusstseins”, wie der Jurist Mark Schneider einmal die zunehmende Akzeptanz kriminellen Verhaltens genannt hat, geht auf den mit Gewaltmusik verbundenen Werteverfall zurück.

Das heißt, auch die Tatsache, dass Delikte wie Steuerhinterziehung und Sozialbetrug heute so alltäglich gewordenen sind, hat damit zu tun, dass die Mehrzahl der heutigen Bevölkerung mit Gewaltmusik sozialisiert wurde; einer Musik, die rücksichtslosen Egoismus und Gesetzesübertretungen ausdrücklich befürwortet: „Legal, illegal, scheißegal” hieß es bei der Rockgruppe Slime und später bei Ferris MC.

Der „Outlaw”, der Gesetzlose, ist die „Essenz dessen, was Rock’n’Roll ausmacht”, wie es Rick Rubin, der Produzent des Country-Sängers Johnny Cash, formulierte. Auf der Jacke einer Schülerin der 10. Klasse sah ich eine Textzeile der Rockgruppe Mando Diao: „It feels so good to be an outlaw in your perfect world” – „Es fühlt sich so gut an, in eurer perfekten Welt ein Gesetzloser zu sein”. Die Lehrer der Waldorfschule, an der ich damals als Eurythmiebegleiter tätig war, schien das nicht zu stören.

  • Zahlreiche Fälle sind dokumentiert, bei denen Straftaten direkt auf Gewaltmusikkonsum zurückzuführen waren.
  • Legendär ist das Beispiel von Sektenführer Charles Manson, der sich durch die Beatles zu den von ihm beauftragten Massenmorden inspiriert fühlte.
  • Ein 14jähriger Jugendlicher sah sich durch das Maskottchen „Eddie” der Rockgruppe Iron Maiden zu einem dreifachen Mord getrieben.
  • In den USA verloren 1992 zwei Polizisten das Augenlicht, nachdem ihnen mit einer „twelve gauge”-Flinte, wie sie in Ice-Ts „Cop Killer” („Polizistenmörder”) beschrieben wird, ins Gesicht geschossen worden war.
  • 1994 ermordeten Jugendliche in Milwaukee einen Polizisten und gaben der Musik des Rappers Tupac (ein Vergewaltiger, Räuber, Drogenhändler und Gewalttäter) die Schuld dafür.
  • Im Jahr 2005 hatte in der Schweiz ein 17jähriger mit sechs weiteren Jugendlichen ein 17jähriges Mädchen vergewaltigt; der Haupttäter hatte außerdem zwei 15jährige Mädchen zur Prostitution gezwungen. Der Anwalt eines der Mädchen gab dem deutschen Rapper Bushido eine Mitschuld, da die Täter unter dem Einfluss seiner sexuell expliziten und frauenverachtenden Texte gestanden hätten.

Viele weitere Beispiele ließen sich ergänzen.

Entzug von Gewaltmusik führt zum Rückgang der Kriminalität

Wenn der Konsum von Gewaltmusik zu Kriminalität führt, so sollte der Entzug von Gewaltmusik einen Rückgang von Kriminalität bewirken. Tatsächlich ist auch dies mehrfach belegt:

  • So ging das aggressive Verhalten von Patienten auf einer forensischen klinischen Abteilung in den USA zurück, nachdem man ihnen den Gewaltmusiksender MTV entzogen hatte.
  • In mehreren Städten führte die Umstellung vorhandener Zwangsbeschallung in Bahnhöfen und U-Bahnhöfen von populärer auf klassische Musik zu einem Rückgang von Vandalismus und zu einer Vertreibung der Drogenszene; die gleiche Maßnahme bewirkte in amerikanischen Einkaufszentren einen Rückgang der Ladendiebstähle.
  • Als für das Münchner Oktoberfest 2005 eine Reduzierung der Musiklautstärke und gemäßigtere Musik bis 18.00 Uhr angeordnet wurde, führte bereits diese halbherzige Maßnahme zu einem Rückgang der Straftaten um 23 Prozent.
  • In Waldkirch konnte man den fastnächtlichen Gewalttourismus aus dem benachbarten Freiburg eindämmen, indem man Techno durch weniger aggressive Musik ersetzte.

Der Einwand, dass der Zusammenhang zwischen Gewaltmusik und Kriminalität keine Ursächlichkeit der Musik belegen würde, ist also aus der Luft gegriffen.

Ein weiterer Einwand, nämlich dass das Hören aggressiver Musik Aggressionen abbauen helfe, die sogenannte Katharsishypothese, ist ebenso leicht zu widerlegen: Bei der massenhaften Verbreitung und dem massenhaften Konsum dieser Musik müsste die Gewalt in unserer Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten drastisch abgenommen haben.

Bekanntlich ist aber das Gegenteil der Fall, und gerade die Konsumenten aggressiver Musik sind besonders gewalttätig. Tatsächlich gilt die Katharsishypothese in der Aggressionsforschung schon lange als überholt: In den zahlreichen Studien zu den Auswirkungen medialer Gewalt findet sich „kein Hinweis auf das Zutreffen der Katharsistheorie. Sie ist falsch” (Manfred Spitzer).

Anderson/Gentile/Buckley haben das in ihren Studien zu Videospielgewalt bekräftigt und überzeugend argumentiert, dass eine Katharsis (der Begriff stammt bekanntlich aus der antiken Tragödientheorie) Furcht und Mitleid voraussetzt, während die medialen Gewaltinhalte meist auf Identifikation mit dem Gewalttäter angelegt sind und aus diesem Grund geradezu das Gegenteil einer Katharsis bewirken.

Die Fortsetzung mit Teil 3 und 4 folgt.

Zitierte Literatur:

Anderson, Craig A. u. Gentile, Douglas A. u. Buckley, Katherine E.: Violent Video Game Effects on Children and Adolescents, Oxford 2007.
Denselow, Robin: When the music’s Over. The Story of Political Pop, London und Boston 1989.
Figdor, Helmuth u. Röbke, Peter: Das Musizieren und die Gefühle. Instrumentalpädagogik und Psychoanalyse im Dialog, Mainz u.a. 2008.
Hopf, Werner H.: „Mediengewalt, Lebenswelt und Persönlichkeit – eine Problemgruppenanalyse bei Jugendlichen“; in: Zeitschrift für Medienpsychologie 16/2004/3, S. 99-115.
Larson, Bob: Larson’s Book of Rock, Wheaton/Ill ²1988.
Rockwell, John: Trommelfeuer. Rocktexte und ihre Wirkungen, Asslar 1983, 71990.
Roe, Keith: „The School and Music in Adolescent Socialization“; in Lull, James: Listener’s Communicative Uses of Popular Music, S. 140-174.
– ders. (Hg.): Popular Music and Communication, Newbury Park/Calif. u.a. 1987, S. 212-30.
Rötter, Günter: „Musik und Emotion“; in: Motte-Haber, Helga: u. ders. (Hg.): Musikpsychologie, Laaber 2005 = Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft 3, S. 268-338.
Schneider, Mark: Vandalismus. Erscheinungsformen, Ursachen und Prävention zerstörerischen Verhaltens sowie Auswirkungen des Vandalismus auf die Entstehung krimineller Milieus, Diss. Würzburg 2001, Aachen 2002.
Schwind, Hans-Dieter: Kriminologie. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen = Grundlagen 28, Heidelberg 1986, 132003.
Selfhout, Maarten H. W. et al., „Heavy Metal and Hip-Hop Style Preferences and Externalizing Problem Behavior. A Two-Wave Longitudinal Study“, in: Youth & Society 39/2008/4, S. 435-52.
Spitzer, Manfred: Vorsicht Bildschirm! Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft = Transfer ins Leben 1, Stuttgart, Düsseldorf u. Leipzig 2005.
Schumann, Siegfried: „Mit der Persönlichkeit der Bürger wandelt sich die Republik“; in: Psychologie Heute, Okt. 2005, S. 28-31.
Tame, David: Die geheime Macht der Musik. Die Transformation des Selbst und der Gesellschaft durch musikalische Energie, Zürich 1991 (orig.: The Secret Power of Music, o.O. 1984).

Zur vertiefenden Lektüre:

Miehling, Klaus: Gewaltmusik – Musikgewalt. Populäre Musik und die Folgen, Würzburg 2006. Kompakt und aktualisiert als Gewaltmusik – Populäre Musik und Werteverfall sowie Lautsprecher aus! Zwangsbeschallung contra akustische Selbstbestimmung, Berlin 2010.

Dr. Klaus Miehling (geb. 1963 in Stuttgart) promovierte 1993 an der Universität Freiburg i.Br. in Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Historischen Hilfswissenschaften. Er ist sowohl Autor von verschiedenen Büchern wie „Gewaltmusik – Musikgewalt“ als auch Komponist. Er lebt als freiberuflicher Musiker und Musikwissenschaftler in Freiburg im Breisgau. Der Artikel wurde 2009 geschrieben und im Dezember 2018 aktualisiert.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Meinung des Verlags oder die Meinung anderer Autoren dieser Seiten wiedergeben. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Klaus Miehling.>

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