aus: Arbeitsbücher zur
psychologischen Schulung: M. Perrez / B. Minsel / H. Wimmer:
Eltern-Verhaltenstraining. Für Eltern, Erzieher und
Erwachsenenbildner; Theoretische Einführung; Otto Müller
Verlag, Salzburg, 1974
Das niedrige Ausmass an Lenkung
Ein niedriges Ausmass an Lenkung ergibt ein grosses Mass
an Handlungs- und Entscheidungsfreiheit beim Kind (S.46).
[Ergänzung: Dabei ist ein intaktes,
demokratisch-aggressionsfreies Vorbild Voraussetzung].
Das Verhalten der Eltern und der Erziehungspersonen mit
einem niedrigen Ausmass an Lenkung der Kinder ist
gekennzeichnet durch
-- selten Anordnungen geben
-- selten Befehle geben
-- selten Kontrollen durchführen
-- Anbieten von Alternativen
-- aktives Mitwirken (S.46).
Den Kindern wird ein grosses Mass an Handlungs- und
Entscheidungsfreiheit gelassen. Die Kinder werden durch
das gemässigte Verhalten der Eltern und Erziehungspersonen
angehalten,
-- selber Verantwortung zu übernehmen
-- selber Entscheide zu Handlungen zu treffen (S.46).
Die Kinder entwickeln dadurch automatisch ein
Verantwortungsgefühl (S.47).
Kinder mit niedrigem Ausmass an Lenkung werden
schöpferisch und verantwortungsbewusst
-- die Kinder haben mehr Ideen
-- die Kinder haben weniger Vorurteile
-- die Kinder integrieren unterlegene Kinder
-- die Kinder haben durch das erlernte Verhalten, selber
zu entscheiden, mehr Entscheidungsfähigkeit und mehr
Einfallsreichtum (S.47).
Ein geringes Ausmass an Lenkung heisst also nicht
Passivität, sondern mehr geistige
Aktivität, welche Handlung in welcher Situation angebracht
ist. Die Erziehungspersonen müssen den Kindern dabei
klare Grenzen setzen und die Grenzen klar aussprechen, um
Unfallgefahren für die Kinder zu vermeiden (S.53).
Das hohe Ausmass an Lenkung: Terror-Eltern
schränken die Kinder ein
Das Verhalten der Eltern und der Erziehungspersonen mit
einem hohen Ausmass an Lenkung der Kinder ist
gekennzeichnet durch
-- Befehle
-- ständige Kontrolle des Verhaltens
-- Verbote
-- genaue Handlungsanweisungen
-- Strafen durch Einsperren (S.46).
Den Kindern wird keine Handlungs- und
Entscheidungsfreiheit gelassen. Die Kinder werden durch
das strenge Verhalten der Eltern und Erziehungspersonen
entsprechend unselbständig:
-- die Kinder lernen nicht, Verantwortung zu übernehmen
-- die Kinder lernen erst spät, selbständig zu handeln
-- die Kinder lernen kaum, selbständig zu arbeiten (S.46).
Die Kinder entwickeln kein Verantwortungsgefühl und
schieben alles an die Vorgesetzten oder an die Erwachsenen
ab (S.47).
Die Kombination von hoher Lenkung mit Gefühlskälte und mit
geringer Zuneigung hat beim Kind schlimmste Folgen:
Widerstand, Ablehnung, oder starke
Minderwertigkeitskomplexe bis zum Trotz, der durch
Wertschätzung bis zu einem gewissen Grad abgemildert
werden kann (S.48).
Der kurze Erfolg der strengen Lenkung - die
Kinder reagieren mit Widerstand
Eine starke Lenkung zwischen Kind und Erziehungsperson hat
nur für einen kurzen Moment Vorteile. Die Eltern dürfen
sich nicht motiviert fühlen, die starke Lenkung immer
anzuwenden, denn dies kann beim Kind schwere
Langzeitfolgen haben (S.49).
Andauernde starke und strenge Lenkung führt beim Kind zu
Trotz, Widerstand oder Gleichgültigkeit, führt in den
Familien zu grossen Spannungen und zur Entfremdung (S.49).
Die terrorisierten Kinder "fallen auf"
-- in Kindergruppen werden die terrorisierten Kinder zu
Befehlshabern und Wichtigtuern und machen sich unbeliebt
-- die terrorisierten Kinder haben weniger Ideen
-- die terrorisierten Kinder entwickeln grosse Vorurteile
gegen Andersdenkende und Unterlegene (S.47).
Die Auswirkungen von gemischten Elternpaaren,
z.B. strenger Vater, schwache Mutter
Auch diese Konstellation ist für das Kind total ungünstig:
-- das Kind entwickelt eine hohe Angstreaktion
-- das Kind akzeptiert andere Kinder dann auch nicht mehr
als Vorbild (S.47).
Es ist besser, wenn beide Eltern stark lenkend sind als
gemischt. Die Kinder werden dann weniger ängstlich (S.47).