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Erziehungsleitsätze für Eltern und Kinder Teil 2:

Das Prinzip Vorbild / Beobachtungslernen / Nachahmung


von Michael Palomino (2006)

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aus: Arbeitsbücher zur psychologischen Schulung: M. Perrez / B. Minsel / H.  Wimmer: Eltern-Verhaltenstraining. Für Eltern, Erzieher und Erwachsenenbildner; Theoretische Einführung; Otto Müller Verlag, Salzburg, 1974



Vorbild

Das Eltern-Vorbild färbt auf die Kinder ab


Das kindliche Verhalten ist weitgehend abhängig vom Verhalten der Erzieher. Das Verhalten ist nicht erblich und kaum eine erworbene Hirnstörung (S. 6).

Das Verhalten der Eltern und Erzieher ist später Modell für die spätere soziale Entwicklung der Kinder. Das Verhalten der Kinder richtet sich nach dem Verhalten der Eltern und Erziehungspersonen (S.43). Der gesamte Lebensstil der Eltern ist entscheidend für die Kinder (S.44).


Das Prinzip des Vorbilds / Beobachtungslernen / Nachahmung

Die Eltern und die Erzieher müssen erkennen, dass sie Vorbilder für Kinder ist:

"Es ist für einen guten Erzieher eine notwendige Bedingungen, dass er gelernt hat, selber ein angemessenes Modell für das Kind zu sein." (S.25).

Die Kinder übernehmen das Rollenverhalten der Eltern und Erzieher in ihr eigenes Beziehungsleben zwischen sich und den anderen Kindern:

"Die Kinder übernehmen automatisch zu einem gewissen Teil das vorgelebte Sozialverhalten in ihren Beziehungen zu Spielgefährten und Schulkameraden." (S.38)



Vorbild / Beobachtungslernen / Nachahmung

-- Lachen lernen mit Verstärker und Lob
-- Sprechen lernen mit Verstärker und Lob
-- Essen lernen mit Verstärker und Lob (S.23).


Positive emotionale Verhaltensweisen als Vorbild


Positive emotionale Verhaltensweisen der Erziehungspersonen werden von Kindern kopiert und variiert (S.24):

-- sozialer Umgang [Freunde besuchen, Leute einladen etc.] (S.45)
höfliches Verhalten, Angstreaktionen,  Einstellungsweisen werden von Kindern kopiert und variiert (S.24)
-- ehrlich sein
-- grosszügig sein
-- das Gesagte und das Tun müssen übereinstimmen, eventuell sogar weniger sagen und den Schwerpunkt auf das Tun verlegen
-- ohne Schlagen Richtlinien festlegen bewirkt, dass Kinder kaum schlagen (S.24)

-- sich nicht von Kindern nervös machen lassen
-- nie gekränkt sein
-- nie erregt sein (S.38)
->> So lernen die Kinder selbst, die Nerven in Stresssituationen zu behalten (S.38)


Wenn Eltern und Erziehungspersonen fähig, sind, Konflikte in aller Ruhe zu lösen, wird dies den Kindern ein Vorbild, so dass die Kinder später auch in Ruhe Konflikte lösen können (S.62).
Wenn die Eltern ein gewaltfreies Leben vorleben, machen es die Kinder meistens nach (S.51).




Studie über die verschiedenen Arbeitsstile in Schulklassen

Vorbild und Arbeitsstil: Demokratische Eltern / Lehrpersonen - demokratisch aktive Kinder

-- das Endziel wird als erstes bekanntgegeben
-- Gruppenentscheidungen zulassen
-- bei Entscheidungen mehrere Lösungen zur Disposition stellen
-- Befehle gibt es nicht (S.28)
-- sachbezogene Kritik anbringen, nie persönlich werden
-- eventuell auch themenfremde Gespräche mit den Kindern zulassen (S.29).

Positive Folgen:
-- die Kinder lernen, selber Entscheidungen zu treffen und lernen selber, die Arbeit einzuteilen
-- die Erziehungsperson wird weniger wichtig bei demokratischem Respekt
-- die Kinder lernen auch unter sich einen demokratischen Umgang
-- wenn die Erziehungsperson abwesend ist, können die Kinder selbständig arbeiten (S.29).

Vorbild und Arbeitsstil: Autoritäre Erziehung durch Eltern / Lehrpersonen und die Auswirkung auf die Kinder

Die autoritären Eltern / Lehrpersonen

-- verbieten selbständiges Denken (S.27) und geben nie das Ziel der Manipulation bekannt (S.28)
-- verbieten den Kindern soziale Kontakte (S.27)
-- die Kinder können nicht selber konstruktiv sein und weiterarbeiten, weil sie dauern Befehle erwarten (S.28)
-- die Kinder werden ich-bezogen und werden Materialisten und aggressiv gegeneinander (S.28).

Autoritäre Erziehung durch Strenge bringt bei den Kindern
-- hohe Ängstlichkeit
-- geringe eigene Aktivität
-- geringe Neugier (S.32).


Vorbild und Arbeitsstil: Apathischer Stil ist am schlimmsten

Der apathische Führungsstil, den Kindern einfach das Material hinzustellen und nur eine knappe oder keine Anleitung zu Arbeiten zu geben, bringt am wenigsten, denn die Kinder wenden sich nach kurzer Zeit anderen Bereichen zu, die sie selber für wichtiger halten und beherrschen (S.30).

Tabelle: Die verschiedenen Arbeitsstile mit Untergebenen

Arbeitsstil

Auswirkungen für die SchülerInnen

demokratisch

Die Lehrperson gibt Hilfe und ist "einer von uns".

autoritär

Die Lehrperson gibt Hilfe und spielt "den Boss".

apathisch / Laisser-faire

keine Hilfe und langweilig

 

(S.30)



Kombination von positivem Vorbild und positiver Verstärkung

Eine Belohnung positiver Nachahmung steigert das positive Verhalten des Kindes erheblich (S.24).

Wenn Väter z.B. positiv verstärkend und nicht bestrafend agieren, übernehmen Buben im Puppenspiel eher die Vaterrolle (S.24).


Kombination von positivem Vorbild mit dem Vorbild von Dritten

Das positive Vorbild kann durch Vorbilder durch Dritte verstärkt werden, in dem man auf andere Vorbilder hinweist (S.25).


Schlechtes Vorbild / negatives Beobachtungslernen / negative Nachahmung

Strafen ergibt wieder strafende Kinder und strafende Eltern

Die Kinder übernehmen das negative Vorbild z.T. in die Verhältnisse in der Schule und Freizeit (S.43).

Aggressive Kinder aus Schlägerfamilien

-- kommandieren wieder andere Kinder und gelten dann als "auffällige Kinder" (S.24)
-- die Kinder werden zornig, undiszipliniert und haltlos wie die Eltern (S.25)
-- im Extremfall schlagen auch Kinder ihre Eltern (S.25).

Die dummen Schlägereltern merken diese Zusammenhänge nicht (S.25).

Wenn der schlagenden Eltern von den Kindern verlangen, nicht zu schlagen, so ist dies psychisch unmöglich, weil die Kinder von den Eltern selbst immer die Prügelei erleben (S.24).

Erwachsene Kinder von Schlägereltern mit Bestrafungsprinzip erziehen ihre Kinder wiederum nach dem Bestrafungsprinzip [wenn keine Analyse erfolgt] (S.24).


Die Kinder kopieren das schlechte Elternverhalten und werden dann von den Mitmenschen abgelehnt

Unhöfliche Vorbilder machen die Kinder für eigene Sozialkontakte unfähig und ängstlich. Wenn unhöfliche Ausdrucksweisen kopiert werden, führt dies innerhalb der Kinderbeziehungen zur Ablehnung oder zu Bestrafungen durch Lehrpersonen. Die Kinder entwickeln dann eine  Gehemmtheit und Scheu. Der soziale Umgang mit Schulkameraden und Schulkameradinnen und auch der höfliche Umgang mit Lehrpersonen kann sich gar nicht entwickeln, weil die Kinder nicht wissen, "wie das geht" (S.43).

Das Unterbewusstsein der Kinder nimmt das Terror-Verhalten auf und tritt später im Erwachsenenleben wieder hervor und beeinträchtigt so wieder Beziehungen (S.58).


Vorbild: Schlechtes Vormachen - schlechtes Nachmachen

Sind Eltern und Erziehungspersonen nervös und unruhig, werden die Kinder selber nervös und unruhig (S.44).

Sind Eltern und Erziehungspersonen in Konfliktsituationen erregt, werden die Kinder auch erregt (S.44), bis zu Frechheiten (S.58).

Zeigen sich die Eltern und Erziehungspersonen hektisch, werden die Kinder auch hektisch (S.44).

Wenn Eltern auf Kinder keine Rücksicht nehmen, nehmen Kinder auf unterlegene Kinder auch keine Rücksicht (S.47).

Wenn Terror-Eltern mit dem Mittel Verleumdung gegen ihre Kinder arbeiten und mit psychischem Druck, so verleumden die Kinder auch und werden auch psychischen Druck gegen die Eltern anwenden (S.25).

Wenn die Eltern aggressiv sind, können sie von den Kindern nicht ein braves Verhalten verlangen (S.51).



Dieses Verhalten der Eltern und Erziehungspersonen stresst die Kinder also noch mehr (S.44). Einsichten und Rücksichtnehmen werden blockiert, weil die Eltern selber nicht einsichtig oder nicht rücksichtsvoll sind (S.58). Es sind die Eltern und Erziehungspersonen, die den Lebensstil ändern müssen, nicht die Kinder (S.44).


Schlechtes indirektes Vorbild von Eltern und Erziehern untereinander

Das Vorbild gilt auch indirekt, wenn harte Strafen oder Belohnungen nur beobachtet werden (S.25):

-- Eltern / Erzieher streiten miteinander -> wird von Kindern kopiert und variiert
-- Eltern / Erzieher fluchen -> wird von Kindern kopiert und variiert
-- Eltern / Erzieher äussern sich abfällig gegen ihre Kinder
-> wird von Kindern kopiert und gegen die Eltern variiert (S.23).

[Die negativen Erlebnisse werden auch in Träumen verarbeitet und werden somit negativ wiederholt].


Die Übergangssituationen zwischen den Arbeitsstilen und Vorbildern

Wechsel von autoritärem zu demokratischem Führungsstil

Die Katastrophe ergibt sich dann, wenn autoritär geführte Personen demokratisch geführt werden sollen. Es entladen sich Aggressionen und die demokratischen Freiheiten werden missbraucht (S.30).

Wechsel von demokratischem zu autoritärem Führungsstil

Die lebendige Gruppe wird unter der intoleranten autoritären Führung apathisch (S.30).


"Auffällige Kinder": Einzelkinder, die "auffällig" sind

Kinder, die bei demokratischem Stil disziplinäre Schwierigkeiten haben, sind autoritär missbrauchte Kinder. Die unter dem autoritären Führungsstil zurückgestaute Aktivität bricht sich Bahn bzw. das behinderte Bedürfnis nach Selbstbestimmung wird befriedigt (S.30).

Symptome sind:
-- Disziplinschwierigkeiten
-- Streitigkeiten etc.

Die Führung solcher Kinder ist absolut schwierig und braucht Geduld (S.30).

[-- Appell an Eigenverantwortung
-- Korrektur des Verhaltens der Eltern gegenüber dem Kind zu Hause, Erziehungsberatung, Kinderschutz
-- nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern müssen therapiert werden!!!]


Übernahme einer autoritär geführten Gruppe

Wenn eine autoritär geführte Gruppe übernommen wird, so wurde die ganze Gruppe autoritär missbraucht. Dann darf man die demokratischen Freiheiten nur schrittweise einführen, [um die alle Kinder gleichzeitig an ihre Eigenverantwortung zu gewöhnen] (S.30).

[Autoritäre Lehrer und Lehrerinnen gehören in eine demokratische Nachschulung].


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