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Südkoreanische Schlägertypen - Schlägertypen aus Südkorea

Meldungen

präsentiert von Michael Palomino



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25.5.2011: Schlägerlehrer sind in Sürkorea normal - aber die Schüler stellen die Schlägerlehrer nun im Internet an den Pranger - Stockschläge, Schläge mit Bambusrohren, Stahlrohren, und andere Foltermethoden

aus: Spiegel online: Pädagogik in Südkorea: Schüleraufstandim Land der Prügelpauker; 25.5.2011;
http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,757959,00.html

<Aus Seoul berichten Fabian Kretschmer und Malte E. Kollenberg

Ein Lehrer tritt auf ein Kind ein, das schon am Boden liegt, ein anderer schlägt mit einem Stock auf einen Jugendlichen ein: Prügel vom Pädagogen gehörten in Südkorea lange zum Unterricht. Doch die Schüler wehren sich - und stellen die Übergriffe ins Web.

Es sieht zunächst aus wie eine ganz normale Szene im Unterricht einer sechsten Klasse: Eine Tafel, davor der Lehrer mit einem seiner Schützlinge. Die Klasse folgt aufmerksam. Dann fängt der Lehrer an, das Kind neben ihm zu beschimpfen. "Du lügst, du Bastard!", brüllt er, holt aus und schlägt dem Jungen mit der flachen Hand ins Gesicht. Er reißt den Schüler nieder und tritt mehrmals wie in Rage auf ihn ein.

[Schlägerlehrer sind bis heute in Korea normal - der Schlagstock darf bis 1,5 cm dick sein]

Prügelnde Lehrer taugen in Südkorea eigentlich nicht zur Skandalgeschichte. Wer zu spät zum Unterricht kommt, mit seinem Sitznachbarn quatscht, sein Schulbuch vergisst oder sich lediglich in seiner Note verschlechtert, muss mit körperlicher Züchtigung rechnen. Dies geschieht in aller Regel mit einem Stock. Dessen Maße legt eine Richtlinie der Regierung fest: nicht dicker als 1,5 Zentimeter sollte er sein. Bis zu zehn Schläge sind erlaubt.

Lange gehörte derlei rabiate Pädagogik in Südkorea zur Schule wie die Pausenglocke - doch die Brutalität der Szene in der sechsten Klasse hat das Land aufgeschreckt. Immer wieder werden Lehrer von Schülern mit dem Handy dabei gefilmt, wie sie brutal gegen Jugendliche vorgehen. Die Videos landen auf YouTube im Internet. Meist werden sie von koreanischen Medien innerhalb weniger Tage aufgegriffen und thematisiert.

Schläge mit Baseballschlägern und Stahlrohren - [bis heute sind Prügelstrafen nur in 3 Provinzen verboten, in 9 Provinzen immer noch erlaubt - und andere Folter]

2008 gab es einen landesweiten Aufschrei als ein Lehrer mit einem Bambusstock auf einen sich am Boden in Deckung kauernden Schüler einschlug. Im Juli 2010 folgten die Prügel in der sechsten Klasse.

Der mittlerweile suspendierte Lehrer war unter seinen Schülern berüchtigt für seine harte Hand. "Jang-Pung" lautete sein Spitzname in Anlehnung an einen gleichnamigen Taekwondo-Schlag. Als Reaktion auf den Vorfall verbot die Seouler Schulbehörde im letzten Sommer jegliche Art von körperlichen Strafen in Schulen. Zwei weitere Provinzen sind dem Vorbild gefolgt. In den restlichen neun Provinzen des Landes sind Prügelstrafen jedoch weiterhin legal und in Grund- und Oberschulen an der Tagesordnung.

"In unserer Schule haben die Lehrer auch Baseballschläger und Stahlrohre benutzt, keiner hat sich darum geschert", erinnert sich Kang Dea-hun. Der Student sitzt mit Freunden in einem Seouler Café, über ihre gemeinsame Schulzeit sind sie unterschiedlicher Meinung. "Andere Methoden als Schlagen verstehen die Schüler doch nicht", wirft die Studentin Kim Mi-seon ein. Sofort regt sich heftiger Widerstand in der Gruppe. Jung Min-yeong entgegnet: "Ich bekomme heute noch Albträume, wenn ich an meine Grundschullehrer denke. Einmal musste ich mich bei heißer Mittagssonne im Schulhof auf den Bauch legen, bis meine Haut vollkommen verbrannt war."

Den Schülern bleibt zum Nachdenken kaum Zeit

Laut Umfragen erleiden 70 Prozent aller koreanischen Oberschüler körperliche Strafen durch Lehrer. Und rund die Hälfte aller Schüler halten solche Methoden für richtig. Zitiert werden will keiner, doch fragt man unter jungen Koreanern, hört man immer wieder einen Grund: Sie würden lieber vom Lehrer geschlagen, wenn sie etwas falsch machen, als dass ihre Eltern von dem Fehlverhalten erführen.

Traditionell ist das koreanische Bildungssystem äußerst strikt und rigide. Die Prügelstrafe ist ein Überbleibsel der Militärdiktatur, die das Land bis 1987 bestimmte. "Es war eine militarisierte Gesellschaft. Abweichende Meinungen wurden nicht toleriert. Züchtigung und Prügel waren damals einfach an der Tagesordnung", erklärt die Psychologin Jeong Yong-seon, von der Studentenberatung der Hanguk University for Foreign Studies.

Sie beobachtet einen gesellschaftlichen Wandel in den letzten Jahren. Die junge Elterngeneration spreche sich immer deutlicher gegen die Prügelstrafe aus. So entwickele sich in der koreanischen Gesellschaft langsam ein Unrechtsbewusstsein. Nicht Lehrer oder Eltern oder Schüler könnten alleinig verantwortlich gemacht werden. "Da müssen nun alle Seiten dazulernen", glaubt Jeong Yong-seon.

Zum Nachdenken bleibt zumindest den Schülern kaum Zeit. Oberstufenschüler kommen in aller Regel nicht vor zehn Uhr abends nach Hause, viele gehen sogar dann noch in ein Hakwon, ein privates Nachhilfeinstitut, um weiterzubüffeln. Sie haben oft einen Tagesplan wie ein Manager, alles wird einem Ziel untergeordnet: Den Eingangsprüfungen an den Top-Universitäten Südkoreas.

Die sogenannten SKY-Universitäten in Seoul, die Seoul-National-Universität, die Universität Korea und die Yonsei-Universität, sind die Kaderschmieden Südkoreas. Wer es in eine der drei schafft, kann sich seinen Job später aussuchen. Doch die Plätze sind heiß begehrt, die Konkurrenz ist groß. Genommen werden nur die Besten. Dafür lassen sich Schüler bereitwillig drillen. Das Ergebnis zeigte die jüngste Pisa-Studie: Südkorea kam auf einen Spitzenplatz, weit vor europäischen Ländern. Um dorthin zu kommen, sind für viele alle Mittel Recht - und sei es Prügel vom Lehrer.

"Wir haben nicht genug Disziplinarmaßnahmen"

Doch nicht zuletzt durch das Schock-Video im Internet bekommen jetzt Experten mehr Aufmerksamkeit, die schon lange bemängeln, dass die Entwicklung der Persönlichkeit in Schulen zu sehr unter dem Eintrichtern von Fachwissen leidet. Schüler hätten einen Mangel an sozialer Kompetenz, auch fehle es ihnen an Kreativität.

Doch die Anhänger eigentlich längst überholter Methoden sind mächtig in Südkorea. "Die Schüler ohne körperliche Strafen zu kontrollieren ist in Korea momentan unmöglich", meint etwa Jung Un-soo von der größten Lehrergewerkschaft des Landes. Die Lehrer haben im Schnitt 35,3 Schüler pro Klasse; einer der höchsten Werte unter den OECD Ländern. Seiner Ansicht nach sind Prügelstrafen in der Schulerziehung unabdingbar: "Wir haben nicht genug Disziplinarmaßnahmen, um jegliche Formen von körperlichen Strafen zu ersetzen."

Die Seouler Schulbehörde sieht das entschieden anders: "Prügelstrafen sind barbarisch, unmenschlich und werden oftmals lediglich von Lehrern missbraucht, um ihre eigene Wut an den Schülern auszulassen", sagt der Pressesprecher Cho Shin im Interview mit einer koreanischen Tageszeitung. "Noch schlimmer ist, dass die Kinder dadurch Gewalt im Alltag als selbstverständlich hinnehmen", so Cho Shin weiter. Genau wie er denken mittlerweile immer mehr Koreaner.

In Seoul scheint die offizielle Ächtung der Prügelstrafe zu wirken: "Seit dem Verbot werden die Schüler immer aufmüpfiger und aggressiver", sagt Gewerkschaftler Jung. Aufmüpfige Schüler könnten nun für die Wende sorgen. Laut Jung entgegnen die Schüler heutzutage schon bei kleineren Konfrontationen mit der simplen Drohung: "Soll ich jetzt mein Handy raus holen?"



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