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Archetypisch-neue Träume:

Das archetypische "Jesus"-Kind ist ein Baby-Traum


von Michael Palomino (2006)

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aus:
-- Ernst Aeppli: Der Traum und seine Bedeutung. Eugen Rentsch-Verlag, Zürich 1943; Taschenbuchausgabe: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München 1984
-- Ingrid Olbricht: Die Brust. Organ und Symbol weiblicher Identität; Kreuz-Verlag 1985; Rohwolt-Verlag (rororo) 1989


Das Neue Testament der Bibel besteht aus Träumen, denen dogmatische Zusätze eingefügt wurden. Ohne die dogmatischen Zusätze sind die Bibelgeschichten tiefste Menschheitsgeschichte (Aeppli, S.349).


Das Wunderkind als "Überbringer"

Das Wunderkind im Traum, das eventuell sogar aus seinem Tod wiedererwacht, ist ohne Geschlecht. Die Deuter und Erzähler nehmen an, es sei ein ein Bub. Ein solches Baby im Traum bringt heilende Einigung:

"Es gibt manche Träume, in denen das tot geglaubte Kind wieder zum Leben erwacht (Aeppli, S.212-213). Solches geschieht allerdings nur in grossen, bedeutsamen Träumen. Dieses 'Kind' ist weder Knabe noch Mädchen; doch vermuten die meisten Erzähler solcher grossen Träume, (selbst noch eingespannt in den Gegensatz der Geschlechter), es sei ein Knabe. Das Kind ist aber als ein geistiges Wesen jenseits dieses Gegensatzes hineinversetzt in die Natur und bringt so heilende Einigung. In manchen Träumen sind es mehrere Kinder. Da ist diese Einung in der Seele des Träumers noch nicht vollzogen, da gehen die schöpferischen Kräfte noch auseinander." (Aeppli, S.213)


Das Kind im Traum will die Wandlung der Menschen

Gemäss C.G. Jung liegt bei solchen Kinderträumen, die zu einem neuen Lebenswandel anregen, eine Konfliktsituation vor, die eine Umkehr erfordert:

"In einer Untersuchung des Archetypus vom Kinde bemerkt Jung zur Deutung derartiger Träume: 'In der Psychologie des Individuums handelt es sich in einem solchen Moment immer um eine leidensvolle Konfliktsituation.' Die Begegnung mit diesem Kinde [...] vermag den Menschen zu wandeln, wenn er diesem seinem Werdenden beispringt." (Aeppli, S.212)

[Eigentlich handelt es sich dabei um Kindsmissbrauch im Traum, um die Erwachsenen auf neue Lebensinhalte aufmerksam zu machen. Die geldgierigen Erwachsenen merken es aber meist erst, wenn Kinder im Leben gefährdet sind, und so bleibt kein anderes Mittel übrig, als mit Kindern zu argumentieren].


Das Kind als Figur des "Erlösers" - der "Jesus" als Baby-Traum

Das Unterbewusstsein zeigt dann die Figur des Kindes eine neue Lebensmöglichkeit auf, die gemäss Jung "erlösende Wirkung" hat:

"Wenn im Traume des Erwachsenen das unbekannte, das göttliche Kind auftaucht, dann steigt aus dem Schoss des Unbewussten eine neue Lebensmöglichkeit in das konfliktschwere  Bewusstsein. Deshalb kann Jung feststellen: 'Indem das Symbol des <Kindes> das Bewusstsein fasziniert und ergreift, tritt die erlösende Wirkung ins Bewusstsein über und vollführt jene Abtrennung von der Konfliktsituation, deren das Bewusstsein nicht fähig war. Das Symbol ist die Antizipation einer erst werdenden Bewusstseinslage." (Aeppli, S.213)

Dieses Kind im Traum als Überbringer einer neuen Lebensmöglichkeit ist eines der natürlichsten Erlebnisse der Menschheit, und als ein solcher Kindertraum ist auch die Weihnachtsgeschichte mit ihrem "Jesus" zu verstehen:

"Das unbekannte 'göttliche Kind' wird in Zeiten, da ein Neues [ein neues Lebenselement] aus der Seele aufbricht, ein Werdendes [ein neues Lebenselement] unter Schmerzen sich in der Seele des Menschen Raum schafft, öfters geträumt. Das Kind als der Bringer eines neuen Heils, einer tieferen Lebenseinstellung, ist eines der urtümlichsten Erlebnisse der Menschheit im Westen wie im Osten.

Wer das nicht begreift, möge sich überlegen, was vom Bilde jenes göttlichen Kindes in der Krippe des armseligen Stalles an Wirkung ausgegangen ist und bei der Wiedererzählung der Weihnachtsgeschichte die Menschen immer wieder tief beeindruckt.

Wir wiesen schon auf die Rolle des unbekannten Kindes hin. Manchmal wird dessen Armut, seine Verlassenheit, sein wunderbares Auftauchen betont. Oder es geht als ein kleiner Führer dem Träumer auf unbekanntem Wege voran, es nimmt uns bei der Hand, es steht einsam da und wartet auf unsere Bereitschaft, es anzunehmen. So liegt in einem Traum ein wunderbar schönes Kind auf Stroh am Boden. Es möchte sich erheben, schlägt aber, wieder zurückfallend, sein kleines, reifes Haupt am Boden auf.

Der Träumer unterlegt ihm eines seiner eigenen Kleidungsstücke. Das Kind lächelt ihm zu, und er erfährt, was in all diesen Träumen vom göttlichen Kinde erfahren wird: Es ist hilflos und klein, und gleichzeitig ist der dunkle Raum (in dessen Schatten hier eine fiebernde Frau liegt) (Aeppli, S.211), vom hellen Lichte dieses Kindes erfüllt. Es ist das Kleinste und das Grösste zugleich." (Aeppli, S.212)


Darstellung des Jesus am Kreuz: Das Blut aus der Brust ist Lebenssaft

Gemäss der Darstellung der Bibel wird Jesus am Kreuz an der Brust verletzt. Blut fliesst heraus. Jemand hält einen Kelch hin und fängt das Blut auf (Olbricht, S.174).

Interpretation: Der Kelch ist Symbol für die allgemeine Mutterbrust der Welt. Das Blut symbolisiert die Nahrung, die Jesus aus seiner Brust der Menschheit gibt, ein neuer Lebenssaft als körperliche, seelische und geistige Nahrung in einem (Olbricht, S.174).


Der Tote spricht noch im Traum

Auch die "Wiederauferstehung" lässt sich als Traubild klar deuten. Tote tauchen in Träumen oft noch als Redner auf, so dass dann im realen Gespräch erst die wirkliche Verabschidung erfolgt.

 

Todestraum: Der Tote spricht noch im Traum

Vorkommnis

Traumbild

Deutung

Eine geliebte Person ist gestorben und für die Angehörigen lebt die Person weiter, auch nach Todesanzeigen und Begräbnis etc. (Aeppli, S.356).

Die hinterbliebene Person sieht im Traum, wie die gestorbene Person am Rand des Gartens, am Waldrand oder in einem leeren Zimmer lebend auf einer schlichten Schlafstelle liegt. Die träumende Person spricht den liegenden an. Der real Tote spricht im Traum und erzählt, er sei von Kindern, von Gesinde oder von mitleidigen Bauersfrauen genährt worden (Aeppli, S.356).

Der Tote im Traum spricht von nährenden Kräften, die nicht zum Bewusstsein gehören. Nach einem solchen Traum erzählt die hinterbliebene Person allen, dass der Tote im Traum lebendig war. Der Bekanntenkreis übernimmt nun die Aufgabe, der träumenden Person klar zu machen, dass der Tote wirklich tot ist (Aeppli, S.356). In der Seele des Angehörigen aber war die gestorbene Person noch nicht gestorben, aber nun folgt die Belehrung (Aeppli, S.357).


[Ein solcher Traum könnte bei "Jesus" eine Rolle spielen, bei den Szenen nach seiner Kreuzigung, wo er "wieder auferstanden" sein soll: Da war er im Traum noch nicht gestorben].

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