Literatur:
-- Claudia Fliss & Claudia Igney (Hrsg.): Handbuch
Rituelle Gewalt. Erkennen - Hilfe für Betroffene -
Interdisziplinäre Kooperation. Pabst-Verlag, Lengerich
(NRW) - mit
Studienergebnissen des US-amerikanischen Spezialisten
David Finkelhor
-- NZZ am Sonntag: Verprügelt und vernachlässigt:
Warum Kinder mit ihren Eltern brechen; NZZ am Sonntag,
23.8.2020, S.1
Die kriminellen Täter
von ritueller Gewalt
-- die Täter von ritueller Gewalt sind sadistisch und
grausam [web01]
-- die Täter von ritueller Gewalt haben
ihre Taktiken, die Opfer zu misshandeln mit
Schmerzen, mit Angstmache, mit erniedrigenden
Praktiken (Urin, Kot etc.) [web01]
-- die Täter von ritueller Gewalt
organisieren sich in Gruppen, "Sekten",
"Satans-Gruppen", gruppenähnlichen Strukturen, wobei sie
in keinem Register auftauchen, um juristisch nicht
verfolgbar zu sein [web01]
-- die Täter von ritueller Gewalt sind Frauen und Männer
gleichermassen, und der Missbrauch findet normalerweise
in Gruppen statt, im "Gruppen-Setting" [web01]
-- oft haben gewisse Familien eine Tradition von
ritueller Gewalt, und die Kinder sind zuerst Opfer, und
als Erwachsene sind sie dann wieder Täter gegen ihre
eigenen Kinder [web01]
Die Opfer von ritueller Gewalt
-- die Opfer sollen ihren freien Willen verlieren
[web01]
-- die Opfer sollen sich mit dem Destruktiven
identifizieren und sich dem Willen der Gruppe
unterwerfen [web01]
Die Opfer bei der Beratungsstelle: Die
Hilfe zum Überleben
-- die Opfer, die den Ausstieg schaffen und zu
AussteigerInnen werden, schaffen es dann eventuell auch
zur Beratungsstelle [web01]
-- die Opfer werden zu Traumapatienten
und leiden unter lebenslangen Folgen wie Trigger und
Flashbacks [web01]
-- die Traumapatienten berichten über die Gruppen,
"Sekten", "Satans-Gruppen", die da heimlich
existieren [web01]
-- die Traumapatienten berichten über absurd
anmutende Vorgänge, die für "normale Menschen" kaum
glaubhaft sind, "normale Menschen" glauben die
Opferberichte oft nicht [web01]
-- Beratungsstellen und therapeutische
Einrichtungen wissen durch die Traumapatienten über die
Gruppen, "Sekten", "Satans-Gruppen" Bescheid [web01]
-- die Therapeuten und Therapeutinnen erleben die
Wahrheit durch die Traumapatienten, die im emotionalen,
seelischen und körperlichen Bereich verstümmelt sind
[web01]
-- der Austausch findet unter vertrauten TherapeutInnen
untereinander oder unter Supervision statt [web01]
-- die Opfer können froh sein, wenn die Trigger und
Flashbacks verschwinden und die erlebte Gewalt
Erinnerung bleibt [web01].
<Dennoch bleibt:
- Die Gewalt geht weiter im Kult, in der
Herkunftsfamilie, oft auch an Kindern und
Verwandten, die noch im Kult sind und als
Druckmittel gegen AussteigerInnen verwendet werden.
- Mord verjährt nicht! Es bleibt die innere
Auseinandersetzung um die Frage: Kann und soll ich
doch noch Anzeige erstatten?
- Fast immer gibt es kompromittierende Bilder, die
weiterhin in Umlauf sind - etwa als
online-Kinderpornos.
- Es gibt meist auch Bilder oder Filme, auf denen
die Aussteigerin Gewalt gegen andere - also reale
Straftaten - ausübt. Dass dies unter Zwang bzw.
infolge der Konditionierung geschieht, sieht ein
außenstehender Betrachter nicht oder zumindest nicht
ohne spezifisches Fachwissen. Diese Dokumente dienen
der Erpressung zum Schweigen ..."> [web01]
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23.8.2020: Systematische Gewalt+Terror
gegen Kinder = rituelle Gewalt - das Kind kann aber
erst ab 18 Jahren flüchten:
aus: NZZ am Sonntag: Verprügelt und vernachlässigt:
Warum Kinder mit ihren Eltern brechen
Kommentar: Der Artikel VERHEIMLICHT den Begriff
"rituelle Gewalt", ansonsten ist alles richtig.
Abschrift:
<Anja Burri
Kinder, die als Erwachsene jeglichen Kontakt zu den
Eltern einstellen; das ist weit verbreitet, wie eine
Umfrage unter Psychologen zeigt.
Sie werden als Kinder vernachlässigt, kontrolliert oder
verprügelt - und entscheiden sich als Erwachsene, den
Kontakt zu den Eltern abzubrechen. Diese totale
Funkstille in der Familie ist ein grosses Tabuthema in
unserer Gesellschaft. Doch das Phänomen Kontaktabbruch
tritt häufig auf, wie eine Umfrage der Föderation der
Schweizer Psychologinnen und Psychologen im Auftrag der
"NZZ am Sonntag" ergibt. Über 86 Prozent der rund 600
befragten Psychologen gaben an, dass sie in ihrem
Praxisalltag Klienten sehen, die entweder den Kontakt zu
ihren Elteern abgebrochen haben oder sich damit
befassen. Drei Viertel der Psychologinnen betreuen pro
Monat eine bis fünf Personen mit solchen
Fragestellungen. Die grösste Gruppe ist zwischen 31 und
40 Jahre alt, doch es gibt auch unter 20-Jährige sowie
über 60-Jährige. Für Deutschland liegen Schätzungen von
Soziologen vor, die von rund 100.000 betroffenen
Familien ausgehen.
Die Gründe für den endgultigen Kontaktabbruch sind
vielfältig. Zu den offensichtlichen zählen alkoholkranke
oder psychisch kranke Eltern sowie sexueller
Missbrauch oder körperliche Gewalt
in der Kindheit. Weniger sichtbare Motive sind gemäss
Experten Lieblosigkeit, emotionale Kälte und
Vernachlässigung, aber auch das Gefühl,
erdrückt zu werden, sei es aufgrund von Überbehütung
oder durch permanente Kontrolle.
Welche Schicksale stehen hinter solchen Fällen? Zwei
Frauen erzählen, wie sie den Kontaktabbruch zu ihren
Eltern erlebt haben und wie es zu diesem drastischen
Schritt kommen konnte. [S.1]
[Beispiel Zoé: Rituelle Gewalt mit
systematischer Gewalt und Diskriminierung]
[Die Familie als Kriegsschauplatz - posttraumatische
Belastungsstörung]: Wie ein Soldat aus dem Krieg
Zoé ist seit Jahren daran, die Beziehung zu ihren Eltern
zu verarbeiten. Manchmal verfoglt die Familiengeschichte
sie in ihren Träumen, sie gibt ihr das Gefühl, ein
schlechter Mensch zu sein. Nicht immer ist Zoé, die im
Sozialbereich arbeitet, voll arbeitsfähig. Die Ärzte
haben bei ihr eine komplexe posttraumatische
Belastungsstörung diagnostiziert. "Ich habe dasselbe wie
Soldaten, die aus einem Krieg zurückkommen", sagt sie.
Der Kontaktabbruch sei die einzige Lösung, selber gesund
zu werden.
[Die Tochter wird einfach weggebracht]
Die Familie als Kriegsschauplatz? Zoés Geschichte steht
für die erste, offensichtliche Kategorie von
Kontaktabbrüchen: Ihre Mutter wurde als Kind schwer
misshandelt. Als Zoé die Erstgeborene, auf die Welt kam,
ging es der Mutter oft schlecht. Immer wieder brachten
die Eltern die Tochter einfach weg, zu Verwandten, zu
einer Pflegefamilie, einmal gab der Vater Zoé auf der
Gemeindeverwaltung ab.
[Die Tochter wird laufend abgewertet]
Doch auch zu Aussenstehenden sollte das Kind keine
engen, guten Beziehungen haben: Zu Zoés Erinnerungen
gehören die Aussagen der Mutter über sie, die Tochter:
"Was für ein mühsames, blödes Kind",
später sagte sie manchmal zu
Bekannten:
"Zoé macht extra schlechte Noten in der
Schule, um mich zu ärgern."
[Geschlagen von Vater und
Mutter gleichzeitig]
Schläge kriegte sie von beiden Eltern. Meistens wusste
sie nicht, weshalb. Weil die blauen Flecken fehlten,
reagierten die Behörden nicht.Schlimmer sei sowieso
anderes gewesen, sagt Zoé:
"Manchmal drohte mir meine Mutter mit
Selbstmord, wenn ich ihre Regeln nicht befolgte. Und sie
sagte, ich sei schuld, wenn ihr krankes Herz aufhöre zu
schlagen."
[Ewige Diskriminierung]
Oder sie sprach tage- und wochenlang kein einziges Wort
mit dem Kind, sperrte es ins Zimmer ein. Der Vater stand
häufig einfach daneben. Er hielt seiner Frau
bedingungslos die Treue. Auch zwischen Zoé und ihren
wenig jüngeren Bruder treib die Mutter einen Keil, der
bis heute wirkt: Die Tochter war schlecht, der Sohn fast
ein Gott.
"Ich hatte eine Familie, war aber allein",
sagt Zoé. "Alles, was ich machte, war falsch. Es war mir
nicht möglich, die Erwartungen zu erfüllen. Ich hatte
das Gefühl, gar nicht richtig zu leben, oft flüchtete
ich innerlich in eine Phantasiewelt."
[Schadenersatz: 15.000 Franken
Genugtuung]
Heute ist das anders. Zoé lebt mit ihrem Partner
zusammen, sie träumt von eigenen und von Pflegekindern.
Kürzlich hat sie bei ihrem Kanton ein Opferhilfegesuch
gestellt und 15.000 Franken Genugtuung für die als Kind
erlittenen Integritätsschäden gefordert. Zoé erhält zwar
kein Geld, ihre Kindheit liegt längst hinter der
Verjährungsfrist. Doch darum sei es ihr auch nicht
gegangen, sondern um etwas viel Wichtigeres:
"Ich will, dass Kinder, die psychische Gewalt
erleiden, in der Statistik erscheinen."
Zu oft bleibe solches Leid
unentdeckt, selbst das nächste Umfeld wolle so etwas
nicht wahrhaben. Deshalb war deas Gesuch ein weiterer
Schritt vorwärts.
"Mir geht es heute gut, und ich möchte jetzt
einfach nur mein Leben geniessen", sagt Zoé.
Sexueller Missbrauch
in der Kindheit 11.12.2023: provoziert bei 45%
Alkoholismus und bei 35% Selbstverletzung:
Studie mit Schweizer Beteiligung: Häusliche
Gewalt und sexueller Missbrauch belasten stärker
als bisher angenommen
https://www.blick.ch/life/wissen/studie-mit-schweizer-beteiligung-haeusliche-gewalt-und-sexueller-missbrauch-belasten-staerker-als-bisher-angenommen-id19232032.html
Daten:
-- Frauen
als Opfer von häuslicher Gewalt in der
Partnerschaft: Risiko von Depressionen +63%,
Risiko für
Schwangerschaftsabbrüche+Fehlgeburten +35%
-- 20% der Mädchen und 10% der
Buben erleben sexuelle Gewalt in der Kindheit,
Folgen im Erwachsenenalter sind Alkoholismus (45%)
und Selbstverletzung (35%)
Fototexte:
-- Häusliche Gewalt hat massivere Auswirkungen auf
die Gesundheit von Betroffenen als bisher
angenommen.
-- Laut der Studie haben Frauen, die Gewalt in der
Partnerschaft erlebt haben, ein um 63 Prozent
höheres Risiko, an einer schweren depressiven
Störung zu erkranken.
-- Das Risiko für Schwangerschaftsabbrüche und
Fehlgeburten ist bei Frauen, die häusliche Gewalt
erlebt haben, um 35 Prozent erhöht.
Der Artikel:
Häusliche Gewalt und sexueller Missbrauch in der
Kindheit können enorm gravierende Auswirkungen auf die
Gesundheit von Betroffenen haben. Das untermauert eine
neue Studie mit Schweizer Beteiligung, die im
Fachblatt «Nature Medicine» veröffentlicht wurde.
Die gesundheitliche Belastung durch häusliche Gewalt
oder sexuellen Missbrauch in der Kindheit könnten
weitreichender sein als bisher angenommen. Darauf
deutet eine am Montag im Fachblatt «Nature Medicine»
publizierte Studie mit Schweizer Beteiligung hin.
Laut der Studie haben Frauen, die Gewalt in der
Partnerschaft erlebt haben, ein um 63 Prozent höheres
Risiko, an einer schweren depressiven Störung zu
erkranken. Das Risiko für Schwangerschaftsabbrüche und
Fehlgeburten ist bei Frauen, die häusliche Gewalt
erlebt haben, um 35 Prozent erhöht.
20 Prozent der jungen Frauen erleben sexuellen
Missbrauch
Sexueller Missbrauch in der Kindheit wurde in der
Studie mit einem erhöhten Risiko für Alkoholmissbrauch
(45 Prozent) und Selbstverletzung (35 Prozent) in
Verbindung gebracht.
«Auch wenn unser Verständnis aufgrund der
Datenknappheit nach wie vor begrenzt ist, sind diese
gesundheitlichen Auswirkungen grösser und umfassender
als bisher berichtet», schrieben die Autorinnen und
Autoren in der Studie. Die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler plädieren dafür, diese Umstände ernst
zu nehmen.
Weltweit habe eine von drei Frauen, die jemals in
einer Partnerschaft war, im Laufe ihres Lebens
häusliche Gewalt erlebt, hiess es in der Studie. Zudem
hätten weltweit rund 20 Prozent der jungen Frauen und
10 Prozent der jungen Männer in ihrer Kindheit
irgendeine Form von sexuellem Missbrauch erfahren.
«Weitere Anstrengungen zur Gewaltprävention und
evidenzbasierte Ansätze, die die Heilung fördern und
den Zugang zur Versorgung sicherstellen, sind
notwendig», hiess es in der Studie.
Wissenschaftliche Literatur überprüft
Für die Untersuchung hat das internationale
Forschungsteam unter Leitung der University of
Washington (USA) systematisch die seit 1970
veröffentlichte wissenschaftliche Literatur überprüft.
Beteiligt an der Forschung war auch Flavia Bustero
(62) von der Fondation Botnar in Basel. Das
Forschungsteam fand 229 Studien zum Thema, die sie
analysierten.
Um genauere Aussagen treffen zu können, sei weitere
Forschung zum Thema notwendig, so die Forschenden.
Während ihrer anfänglichen Literaturrecherche
identifizierten sie auch zusätzliche potenzielle
Gesundheitsauswirkungen, darunter eine Verbindung von
häuslicher Gewalt mit mütterlichen
Bluthochdruck-Erkrankungen, die jedoch aufgrund
mangelnder Evidenz nicht in die Metaanalyse
aufgenommen werden konnten. (SDA)
Meldungen
Rituelle Gewalt mit
Folter in Münsingen (Kanton Bern, Schweiz) am
2.5.2024: - z.B. in der Psychiatrie - ganz hart wie
in dunklen Zeiten der 1960er Jahre!
Patient in Berner Psychiatrie sechs Tage
festgebunden
https://www.nau.ch/news/schweiz/patient-in-berner-psychiatrie-sechs-tage-festgebunden-66755491
Ein Patient wurde in einer Berner Psychiatrie sechs
Tage lang festgebunden. Mit der Massnahme hat er
Verständnis, nicht aber mit der Dauer.
In einer Berner Psychiatrie wurde
ein Patient sechs Tage lang festgebunden.
Anschliessend kam er fast direkt
wieder in die Freiheit.
Allgemein nehmen Zwangsmassnahmen
in Schweizer Psychiatrien zu.
Psychiatrische Kliniken werden aufgesucht, damit es
einem anschliessend besser geht. Doch nicht immer ist
das auch der Fall, wie SRF Investigativ berichtet. Bei
Chrigu sind es die Zwangsmassnahmen, die schädlich
sind.
Im August 2023 weist sich der 18-Jährige selber ins
Psychiatriezentrum Münsingen in Bern ein. Er trinkt
viel, nimmt Drogen, tendiert zu Gewaltausbrüchen, hat
schon einen Raubüberfall verübt. Er hat eine akute
psychotische Störung, Symptome von Schizophrenie,
leidet an Verfolgungswahn und hört Stimmen.
Münsingen
Hier, im Psychiatriezentrum Münsingen, wies sich
Chrigu selbst ein, anschliessend galt er wegen seiner
Aggressivität als zwangseingewiesen. - keystone
In der Klinik artet es aus, als Chrigu auf ein
Medikament warten muss, er wird wütend und aggressiv.
Ein Pfleger schickt ihn nach draussen. Zuerst mit
einem Holzbrett, dann mit einem Stein schlägt Chrigu
auf die Glastüre ein und verschafft sich Zutritt zum
Gebäude.
In den Unterlagen der Klinik steht, Glassplitter seien
auf die Pflegenden und Patienten gefallen. Sie hätten
sich verängstigt in Zimmern eingesperrt. Schliesslich
wird Chrigu von der Polizei ins Zimmer gebracht und
mit Gurten am Bett angebunden. Zudem erhält er
Medikamente.
Diese beiden Zwangsmassnahmen sind nur erlaubt, wenn
eine Person zwangseingewiesen wird. Im Fall von Chrigu
wurde ein Rückbehalt ausgestellt. Damit galt er ab dem
Tag der Eskalation als zwangseingewiesen. Dadurch
waren die Fixierung und Zwangsmedikation rechtens.
Psychiatrie
Bei der Fixierung wird ein Patient mit Gurten an
Händen, Füssen und über die Brust an ein Bett
gebunden. (Symbolbild) - keystone
Sechs Tage lang war er festgebunden und bekam
Medikamente. Einzig, um begleitet zur Toilette zu
gehen, wurden die Gurte gelöst. An Tag 6 wurde die
Fixierung beendet – und an Tag 7 wurde Chrigu
entlassen.
Entlassung nach Fixierung entbehrt «jeglicher Logik»
Die Klinik erklärt dies in der Akte damit, dass es
keinen Therapieauftrag mehr gegeben habe. Auch habe
keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung bestanden.
Für Rechtsanwalt Jürg Gassmann entbehrt sich die
Freilassung nach tagelanger Fixierung aber «jeglicher
Logik».
Chrigu beschreibt seinen Klinikaufenthalt als
traumatisch: «Ich ging freiwillig in die Klinik, damit
es mir besser geht.» Doch die lange Fixierung habe ihn
«kaputt gemacht». Er sei geschädigter rausgekommen,
als er in die Klinik reingegangen sei.
Gegen die Fixierung hat er nichts, er sehe ein, dass
sie wegen seiner Aggressivität unumgänglich gewesen
sei. Die Dauer sei aber viel zu lange gewesen. Und
auch die Medikamente hätten es schlimmer gemacht: «Ich
konnte mich nicht mehr artikulieren.»
Zwangsmassnahmen nehmen zu
Chrigu ist nicht der Einzige: Rund jeder zehnte
Patient in einer psychiatrischen Klinik erfährt
mindestens eine Zwangsmassnahme. Dazu zählen
Isolation, Fixierung und Verabreichung von
Medikamenten gegen den eigenen Willen.
Und auch bei Zwangseinweisungen gibt es einen
zunehmenden Trend. Ladina aus Zürich beispielsweise
wurde während einer akuten psychischen Krise
zwangseingewiesen.
Ihre Gedanken wurden immer negativer und destruktiver.
Ihr Vater brachte sie in ein Spital, der Arzt schätzt
sie als suizidgefährdet ein. Er weist sie in eine
psychiatrische Klinik ein. Sie habe kein
Mitspracherecht gehabt, keine Kontrolle, sagt Ladina.
Gegen den stationären Klinikaufenthalt an sich hatte
sie nichts. Sie hätte aber lieber zuerst mit ihrer
Therapeutin Rücksprache genommen. So hätte man
gemeinsam entscheiden können, was das Beste für sie
sei.
In der Klinik war sie dann sechs Tage, wurde aber
«mehrheitlich ignoriert», wie sie erzählt. Ausser
Visiten hätte es keine Gespräche gegeben.
Und so hinterlässt die fürsorgerische Unterbringung
bis heute Spuren: Ladina hat Angst vor geschlossenen
Räumen. Sie müsse immer wissen, dass sie wieder
rauskomme, dass sie nicht eingesperrt sei.
Nackt ausgezogen und Haare abgeschnitten
Noch extremer ist der Fall von Nadia, die mit 23
Jahren freiwillig in die Luzerner Psychiatrie geht.
Sie leidet an Depression, einer Borderlinestörung und
einer instabilen Persönlichkeitsstörung. Weil in der
Klinik zu allem immer Nein gesagt wurde, sei sie immer
wütender und verzweifelter geworden. Es habe in einem
Suizidversuch gegipfelt, erzählt sie.
Nach dem Spitalaufenthalt kam sie zurück in die Klinik
und sofort in ein Isolationszimmer – gegen ihren
Willen. Ihr sei die Kleidung ausgezogen worden und nur
mit BH bekleidet habe man sie zurückgelassen.
In ihrer Akte steht, sie habe dann versucht, sich mit
den Haaren zu strangulieren. «Um Aufmerksamkeit zu
bekommen», sagt sie.
Anschliessend werden ihr die Haare abgeschnitten, der
BH ausgezogen und man fixiert sie auf dem Bett. Sie
kann sich aber losreissen. Nun kommt sie in ein
normales Zimmer und wird 1:1 betreut, was eigentlich
die erste Massnahme ist. Ein Tag später wird sie
entlassen.
Rechtsanwalt: Haare abschneiden ist nie erlaubt
Rechtsanwalt Gassmann kritisiert das Vorgehen der
Klinik: Es habe die Rechtsgrundlage gefehlt, da Nadia
freiwillig dort war und es keinen Rückbehalt gab.
Zudem sei es nie erlaubt, die Haare der Patienten
abzuschneiden – auch nicht bei zwangseingewiesenen.