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aus / from: Jean Herbert: "Asien" ("Asia"). Ausstattung (photos): Heiri Steiner. Beratende Mitarbeit (consultants): Elsa F. Gasser, Huguette Herbert, Gottlieb Duttweiler. Herausgegeben vom Migros-Genossenschaftsbund (edited by Migros cooperative association), Zürich (Zurich), 1957
-- Europas "Zivilisation" basiert auf den Kulturen Asiens und Arabiens
-- der Mensch lebt seit eh und je in einer Bipolarität des Seins, ein Naturgesetz. Der Mensch lebt also wie ein hin- und hergerissenes Pferd.
Die geistigen Bewegungen in Indien und China sind:
Taoismus
Hinduismus
Konfuzianismus
Buddhismus
Zen
Lamaismus
Jainismus
Caodaismus
Shintoismus
Islam
1. Über Wissenschaften und Weisheiten des Ostens
[Europas "Zivilisation" basiert auf den Kulturen Asiens und Arabiens]
Die alten Zivilisationen Asiens, von den Bevölkerungen Phöniziern, Babylonierns, Persiens, bis zu den Bevölkerungen Indiens, Chinas und Japans haben auf allen Gebieten eine Unzahl von Entdeckungen und Erfindungen gemacht, aus denen die europäische "Zivilisation" immer noch Nutzen zieht. Europa hat fast seine gesamte Kultur auf Basis der asiatischen Produkte entwickelt, vor allem auf der Basis der arabischen Kultur 700-1500.
Aus Asien kamen zu uns
-- das Alphabet
-- die Zahlen von eins bis zehn einschliesslich der Null (die Null war im römischen Reich unbekannt)
-- die Algebra und ihre Anwendung auf die Geometrie
-- das Schachspiel
-- die Astronomie mit dem Kompass und der Navigationskunst
-- die Seide
-- das Papier
-- der Alkohol
-- die Pottasche (Kaliumcarbonat aus Holzasche zur Produktion von Seifen, Gläsern etc.)
-- das Ammoniak (zur Düngemittelherstellung, zur Herstellung von Harnstoff für Kunststoffe)
-- die hauptsächlichen Säuren
-- eine Unzahl chemischer Verfahren
-- ärztliche Heilmittel und Methoden
-- in der Landwirtschaft u.a. das Pfropfen der Bäume, das in Babylonien schon zweitausend Jahre vor Christus bekannt war (S.126).
Die "technische Nothilfe" wurde viele Jahrhunderte lang dem Westen vom Osten geleistet, bevor Europa seine technische Entwicklung begann (S.126).
Bipolarität des Seins: Das Naturgesetz
Auf Druck erfolgt Gegendruck, auf Aktio eine sofortige oder verzögerte Reaktio. Die Chinesen nennen diese gegensätzlichen Kräfte Yin und Yang, die Koreaner Li und Ki; für die Hindus sind sie die Götter und Dämonen, bei Juden, Muslimen und Parsen das Prinzip des Guten (Jehova, Allah, Ahura Mazda) und das Prinzip des Bösen (Satan, Iblis, Ahriman); bei den Buddhisten sind sie die Illusion und die Wahrheit (S.1)
[Das Prinzip von "Gut und Böse" ist dabei sehr aggressiv, produziert seine Destruktivitäten mit Verleumdungen und Verhetzungen und hat mit Weisheit nicht viel zu tun. Dabei hat Europa mit dem "Christentum" genau dieses Prinzip übernommen und sich dabei seit 300n.Chr. in Kriege gestürzt, seit 1492 in den 500-jährigen Weltkrieg mit Rassismus genau gegen die Kulturen, von denen Europa die Grundlagen zu seiner weiteren Entwicklung erhalten hatte].
Der Mensch als hin und hergerissenes Pferd
"Auf der Ebene der geistigen Übung, um die man in Asien stets bemüht ist, stellt das kraftvoll ausschreitende Pferd den Menschen in seiner Entwicklung dar. Zwei Kräfte suchen es an sich zu ziehen: die eine Kraft, dunkel und tief im Erdreich versinkend, wagt nicht, ihr Antlitz zu zeigen und sucht mit aller Gewalt das Tier zurückzuhalten. Die andere, hell, mit unverhülltem Antlitz und schon über dem Pferde befindlich, zieht es zu sich heran und mit sich fort, ohne auch nur den Zügel straffen zu müssen." (S.1)
Asien in den 1950er Jahren: auch hin und hergerissen
Man könnt e aber ebensogut sagen, dieses Pferd stelle ziemlich genau das Asien des 20. Jahrhunderts dar, hin und her gerissen zwischen der eigenen Tradition und dem Wunsche, es dem reichen und mächtigen Okzident gleichzutun, hin und her gerissen auch zwischen den geistigen Werten, die bis jetzt noch den höchsten Rang bei ihm einnahmen, und der Verlockung des Materialismus (S.1).
2. Die geistigen Bewegungen in Indien und China
Taoismus
"Der Taoismus wurde in China im 6.Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung von Laotse gepredigt. Er bevorzugt moralische Sinnsprüche, die zugleich edel, einfach und praktischer Natur sind und in einem lapidaren Stil äusserst abstrakte philosophisch Vorstellungen zum Ausdruck bringen." (S.207)
Hinduismus
"Die Ursprünge des Hinduismus und der Lehren seiner heiligen Schriften verlieren sich in vorgeschichtlicher Zeit. Die hinduistische Religion lässt sich, Natur und Leben in ihrer Vielfalt umfassend, so wenig wie die westliche Wissenschaft auf eine Formel bringen. [...] Für den Hindu sind die heiligen Texte, Götterbilder und Riten nur wertvolle und praktische Mittel, um dorthin zu gelangen, wo alles das überflüssig wird. Von grosser Bedeutung sind für ihn das Beispiel und Zeugnis der Weisen seiner Zeit, jener, die den Vorzug genossen, die Wahrheit, oder Gott, zu schauen, und die es verstehen, die Massen zur Nachfolge zu bewegen." (S.192)
Konfuzianismus
"Der Konfuzianismus ist keine eigentliche Religion, sondern die Lehre der grossen Weisen des chinesischen Altertums, die Gesetze des Kosmos, die soziale Ordnung, die Kunst des Herrschens und die Moral betreffend. Er hat bis in unsere Tage einen überragenden Einfluss auf das chinesische Denken ausgeübt. Es war vor allem Konfuzius, der im 6. und 5.Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung diesem Denken Ausdruck verliehen hat." (S.205)
Buddhismus
"Zuerst eine blosse, kaum ketzerische Abart des vielgestaltigen Hinduismus, löste der Buddhismus sich allmählich von seinem Stamm los, um eine unabhängige Religion zu werden, die in friedlicher Weise fast den ganzen Fernen Osten erobert hat. Obgleich er seit langem fast ganz aus Indien verschwunden ist, zählt er dort heute [1957] ungefähr ebensoviele Gläubige wie alle christlichen Kirchen zusammengenommen.
Als eine Religion, die zugleich hochintellektuell und streng asketisch ist, bildet er einen Faktor des Friedens und der Liebe für alle Wesen; man unterschätzt seine Bedeutung für den Zusammenhalt eines grossen Teiles Asiens." (S.199)
Zen
"Zuerst in China und später in Japan hat sich seit dem 6. Jahrhundert eine besonders strenge buddhistische Gruppe entwickelt, das Zen, das im moralischen, sozialen und künstlerischen Leben dieser Länder tiefe Spuren hinterlassen hat. Die in das Zen Eingeweihten müssen alle menschlichen Tätigkeiten, einschliesslich des Sportes und der Spiele, wie das Bogenschiessen und die Kunst des Blumenordnens, als ebensoviele Übungen zur Erreichung eines geistigen Zieles betrachten." (S.202)
Lamaismus
"Der Lamaismus stellt eine besondere Form des Buddhismus dar, die dieser in Tibet und in der Mongolei angenommen hat. Seine zahlreichen Mönche, die Lamas, welche oft okkulte Kräfte besitzen, haben in diesen beiden Ländern einen beherrschenden Einfluss, sogar auf politischem Gebiet, ausgeübt." (S.204)
Jainismus
"Die japanische Religion entstand zur gleichen Zeit wie der Buddhismus, doch sie ist noch in Indien vorhanden, aus dem sie nie abgewandert war, Die Jainas sind die grossen Apostel der Gewaltlosigkeit." (S.207)
Caodaismus
"Eine neue Religion ist vor kurzem in Cochinchina [Südvietnam und Ost-Kambodscha] aufgetaucht und zählt bereits mehrere Millionen Anhänger: der Caodaismus. Unter seinen Propheten befinden sich neben Buddha und Christus - Pasteur und Victor Hugo." (S.203)
Shintoismus
"Der Shintoismus, wesentliche nationale Religion Japans, ist so alt wie das Land selber; er verbindet aufs engste Kultur und Religion, Regierungsform und Kult der Gottheiten." (S.206)
Islam
[Der Islam ist eine Variation des "Christentums" in Asien]. Zu Beginn des 7.Jahrhunderts
- [der offiziellen Zeitschreibung, andere Wissenschaftler geben an, dass 300 Jahre fehlen und der Islam gleich nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches beginnt] -
begann Mohammed in Arabien den Islam zu predigen. Durch [Toleranz mit Diskriminierung und] "Heilige Kriege" haben seine Nachfolger in wenigen Jahrhunderten ihr Reich über die ganze alte Welt, vom Atlantik bis zum Pazifik, ausgedehnt, und noch in unseren Tagen gewinnt der Islam beständig an Boden. In Asien ist seine Herrschaft von der Türkei bis Pakistan und Indonesien unbestritten; bedeutende Gruppen vertreten ihn auch in der USSR, in Indien, China, Indochina und sogar auf den Philippinen. (S.189) [Der Islam breitet sich seit den 1960er Jahren durch Algerier und Marokkaner in Frankreich und durch türkische Gastarbeiterfamilien in Deutschland aus, seit den 1980er Jahren auch durch Flüchtlingsfamilien aus islamischen Diktaturstaaten in den "USA"].
[Der Islam ist insofern rückständig und religiös diktatorisch, weil bis heute die Trennung von Regierung und Religion nicht vollzogen ist. So können z.B. in islamischen Ländern meist nur muslimische Menschen heiraten, und die meisten Muslime finden das richtig so. Die Säkularisierung des Islam hat bis heute kaum stattgefunden, und somit ist der Rassismusvorwurf gegenüber dem Islam mehr als berechtigt. Eine Neu-Strukturierung im Namen der Menschenrechte wäre im Islam wünschenswert. Das Problem ist - wie bei jeder Änderung in einer Glaubensgemeinschaft - dass niemand den Anfang macht, denn wer etwas verändert, gilt bei konservativen Islamisten sofort nicht mehr als "islamisch"...].
3. Zitate und Worte
China: Lao Tse
Schaffen, nicht besitzen
Wirken, nicht gewinnen
Überwachsen, nicht überwältigen.
(Lao Tse, S.208)
Der Ursprung der Dinge ändert sich nicht. (Lao Tse, S.8)
Der Mutige ist nicht gewalttätig. (Laotse, S.141)
Lao-Tse, von Feng Wo übersetzt
"Mutig ist, wer wahrhaft liebt,
Grossmütig, wer einfach lebt,
Und wer nicht hoch zu sein begehrt,
Der wird von aller Welt verehrt." (S.438)
Quelle: Howard Fast: "The Immigrants" 1977
übersetzt: Die Einwanderer. Roman von rororo, Rowohlt Verlag, Hamburg 1983.
Tschu-Li u.a.
Der Geist, der allen Dingen Leben verleiht, ist die Liebe.
(Tschu-Li, S.164)
Die Meditation ist der Weg, der zum Frieden und Glück führt.
(Pai Tchang, S.142)
Der Weise sucht, was in ihm selber ist,
der kleine Mensch, was ausserhalb seiner ist. (Konfuzius, S.205)
Es gab einmal einen japanischen Bogenschützen, dem es nie gelingen wollte, seinen Pfeil zurückzuhalten, den er immer zu früh abschoss. Eines Tages nahm seine Frau ihr geliebtes Kind auf den Arm und stellte sich in die Schussbahn. Da war er wohl gezwungen, den Pfeil zurückzuhalten. Und er wurde ein berühmter Bogenschütze. (Mitsukuri, S.202)
Fr.Schuou
Der Mensch einer anderen Rasse
ist wie ein vergessener Aspekt unserer selbst
und dadurch ein vergessener Spiegel Gottes.
(Fr. Schuou, S.23)
Hsiuh-Tcheu i Tcheu T'Eou Tch'an
Man hebt ein Staubkorn auf,
und die Erde in ihrer ganzen Grösse ist darin enthalten;
eine Blüte erschliesst sich, und mit ihr erblüht das ganze Weltall.
(Hsiuh-Tcheu i Tcheu T'Eou Tch'an, S.24)
Beduinen
Stellt eure Zelte in gehörigem Abstand auf;
nähert eure Herzen einander.
(Sprichwort der Beduinen, S.55)
Kural
Hinter dem Pflug schreitet die Welt.
(Kural, S.58)
Buddhismus
Brüder, wenn einer Mir dienen will, so diene er den Kranken.
(Buddha, S.117)
Das Mondlicht spiegelt sich im Tümpel, ohne darin eine Spur zu hinterlassen;
die Schatten des Bambus fegen die Stufen, ohne Staub aufzuwirbeln.
(Gedicht des Zen-Buddhismus, S.78)
Der Reis ist Buddha selbst.
(Japanisches Sprichwort, S.60)
Der lebendige Atem des Geistes im Rhythmus der Dinge.
(Okakura Kakuzo, S.151)
Gott lässt den vollkommenen Menschen Tragödien erleben.
(D.T. Suzuki, S.132)
[weil die vollkommenen Menschen die Tragödien sehen und sich der Tragödien bewusst sind, die blockierten Menschen aber nicht].
Mit einem Zipfel seines Gewandes trocknet der Bauer sich das Gesicht ab.
Mairegen fällt auf das Reisfeld.
(Hai-Kai, kleines japanisches Gedicht, S.86)
Khalil Gibran
Arbeit ist sichtbar gewordene Liebe.
(Khalil Gibran, S.68)
Indien
Derjenige, der isst, wird von dem verzehrt, was er isst.
(Weisheit aus den Veden, S.95)
Getreide verkaufen ist Handel,
es wucherisch aufkaufen ist Mord.
(Indisches Sprichwort, S.84)
Der wirklich starke Mensch ist derjenige, der es wagt, mit Gott allein zu bleiben.
(T.L.Vaswani, S.198)
Achtet gut darauf, dass ihr euch nicht von eurem Magen in Besitz nehmen lasst.
(Ananda Mayi, S.94)
Der Körper ist nur ein Gefäss, aber er dient dem Göttlichen als Wohnung.
(Ramakrischna, S.116)
Die von der Vernunft bestätigten Wahrheiten sind nicht die einzigen.
(Ghazzali, S.123)
Der Unwissende ist wie ein öder Sumpf. Er ist;
mehr lässt sich von ihm nicht sagen.
(Kural, S.124)
Könnten unsere Ohren doch das Rechte vernehmen,
und könnten wir doch in Frieden leben.
(Devi-Upanishad, S.129)
Die Welt ist des Hasses müde.
(Gandhi, S.130)
Lerne die Freude kennen, und du wirst Gott kennenlernen.
(Aurobindo, S.142)
Ein Meisterwerk orientalischer Kunst muss in der Einsamkeit betrachtet werden, in der Abgeschlossenheit unseres Ich, in Augenblicken, in denen man in eine lange und tiefe Meditation eingehen kann, in denen man auch so wenig wie möglich durch die Konventionen des materiellen Lebens beschwert ist.
(Aurobindo, S.181)
Arabischer Raum
Es gibt keinen Gott ausser Gott.
(Koran, S.184)
Wenn Ihr uns Christus bringt, dann zeigt ihn uns nicht als zivilisierten Europäer,
sondern als asiatischen Asketen,
dessen Vermögen die Kommunion und dessen Reichtum das Gebet ist.
(Keschab Tschunder Sen, S.187)
Die Nächte in der Wüste sind so schön und heilig, dass die Engel Gott bitten, vom Himmel hinabsteigen zu dürfen, um sie auf die Erde zu verbringen.
(Arabisches Sprichwort, S.9)
Der Tod ist uns näher als das Augenlid.
(Arabisches Sprichwort, S.38)
Die wahre Ehre liegt im Nomadenleben.
(Emir Abd-el-Kader, S.55)
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