Literatur: Bücher von
Albert Schweitzer mit medizinischen Angaben über die
Urwald-Medizin
Medizinische Berichte aus Afrika:
1) Zwischen Wasser und Urwald (Edition Haupt, Berne 1921 -
Englisch: On the edge of the primeval forest - Spanisch:
Entre el agua y la selva virgen)
2) Briefe aus Lambarene 1924-1927 (Englisch: Letters from
Lambarene 1924-1927)
3) Aus meinem Leben und Denken 1931 (Englisch: Out of My
Life & Thought - Spanisch: Mi vida y pensamientos)
Weitere Quellen
Quellen für die Zeit von 1924-1927 in Lambarene sind auch
die Hefte des C.H.Beck-Verlags, die vor allem für die
SpenderInnen des Spitals geschrieben wurden:
--
Mitteilungen aus Lambarene. Erstes und
zweites Heft (Frühjahr 1924 - Herbst 1925).
C.H.Beck-Verlag, 164 Seiten
--
Mitteilungen aus Lambarene. Drittes Heft
(Herbst 1925-Sommer 1927). C.H.Beck-Verlag, 74 Seiten
Die Hefte liegen auch in schwedischer, englischer und
holländischer Ausgabe vor, englisch mit dem Titel: "More
from the Primeval Forest"
(Leben+Denken, S.219)
Erster Weltkrieg 1914-1918: Weisse killen
Weisse - Albert Schweitzer wird bis Ende Nov.2014
interniert - und die Afros verstehen das nicht
[Die Weissen haben die Weltmacht - und bekriegen sich
Die Weissen, die doch mit ihren Dampfschiffen,
Telegrafenleitungen und Dampfmaschinen fast die gesamte
Welt beherrschen, knallen sich nun gegenseitig ab. DAS
können die Afros absolut nicht verstehen. Also irgendwas
ist da falsch im Hirn der Weissen mit ihrer Jesus-Fantasie
- es heisst doch in der Fantasie-Bibel: Du sollst nicht
töten!]
5.8.1914
1Wk.: Kriegsausbruch in Europa+Internierungen -
Schwarze schimpfen auf schwarze Soldaten, die einen
weissen Arzt einsperren
Die Regierung in Paris gibt Albert und Helene Schweitzer
auf Lambarene sofort Hausarrest und unterstellt sie
schwarz-französischen Soldaten. Auch ein weiteres
Missionars-Paar (auch Elsässer) auf Lambarene wird in
Hausarrest versetzt. Viele Schwarze protestieren und
beschimpfen nun die schwarzen Soldaten, dass nun Schwarze
einen weissen Arzt einsperren (Leben+Denken, S.157).
1Wk.: Der Holzhandel der Schwarzen ist weg - Inflation
- aber Albert Schweitzer hat einen Vorrat für sein
Spital
Die Schwarzen verlieren den Holzhandel nach Europa - und
die Inflation treibt die Preise hoch (Leben+Denken,
S.157).
Albert Schweitzer hat trotz Kriegszustand genug
Medikamente und Verbandsstoffe für seine Behandlungen auf
Lager, er und sein Urwaldspital haben ein Riesenglück
(Leben+Denken, S.174).
1Wk.: Schwarze Sichtweisen zu sinnlosen
Kriegshandlungen
-- manche Weisse, die am Ogowe-Fluss leben, fallen dann
bei Kriegshandlungen und werden getötet. Die Schwarzen
kommentieren den Krieg als sinnloses "Palaver". Ausserdem
pflegen sie andere Sichtweisen für Kämpfe mit Todesfolge:
-- wenn eine Kriegspartei jemanden tötet, dann muss die
Täterpartei für das Töten eines Menschenlebens bezahlen
-- wenn man Menschen tötet, ohne sie nachher aufzuessen,
so geschieht das Töten aus purer GRAUSAMKEIT
(Leben+Denken, S.157).
ab 6.8.1914
1Wk.: Die weisse Technik-Kultur dreht ins
Negativ-Destruktive
-- die weisse Technik-Kultur ist im Niedergang und die
Leute knallen sich gegenseitig ab. Die Warnungen von
Albert Schweitzer seit 1899 erfüllen sich (Leben+Denken,
S.159).
-- das Werk "Die Epigonen", das Albert Schweitzer geplant
hatte, hat nun keinen Sinn mehr, aber Albert Schweitzer
schreibt es für sich selbst während des Hausarrests (!)
(Leben+Denken, S.160)
-- dabei hat Albert Schweitzer Angst, dass die Wachen ihm
seine beschriebenen Blätter rauben würden (Leben+Denken,
S.160)
ab September 1914
1Wk.: Der Hausarrest für Albert+Helene Schweitzer lässt
sich nicht aufrechterhalten, ist nicht durchführbar
-- ab ca. 10.8.1914 reklamieren in Lambarene die Weissen
UND die Schwarzen GLEICHZEITIG bei den französischen
Militärbehörden, dass nun der einzige Arzt der Region
eingesperrt sein soll, und das geht doch nicht
-- manche Kranke bitten dringend um eine Behandlung bei
Albert Schweitzer [denn sie sind teilweise über 100e km
mit Familienmitgliedern angereist!]
-- der Bezirkshauptmann der französischen Armee muss
Behandlungen erlauben und weist die Wachen an, die kranken
PatientInnen zu Albert Schweitzer durchzulassen
(Leben+Denken, S.160).
1Wk. während der Internierung: Kontakte nach draussen
dank Robert Kaufmann
Albert Schweitzer kann seine Kommunikation mit der Welt
durch einen Bach-Sänger in Züri -
Robert Kaufmann
- aufrechterhalten, der für Albert Schweitzer die
Verbindung zum Interniertenbüro ("Office des Internés
Civils") in Genf organisiert (Leben+Denken, S.173).
1Wk. während der Internierung: Beginn mit der
Kulturphilosophie mit der Suche nach der Ethik - und
wieso sie verloren ging
Albert Schweitzer hat nun den ganzen Tag frei und nützt
die Zeit ab dem zweiten Tag für die Erarbeitung seiner
Kulturphilosophie:
-- Weisse seien nur Epigonen (dies war die Diskussion in
Berlin im Sommer 1899 im Hause Curtius)
-- die Menschheit geht in Richtung Selbstzerstörung (so
dachte Albert Schweitzer seit seiner Universitätszeit)
-- während des Ersten Weltkriegs gelten Ideale nicht mehr,
der Sinn für Gerechtigkeit und Zweckmässigkeit nimmt ab
(Leben+Denken, S.158)
-- philosophische Hoffnungen für die Zukunft der
Menschheit werden auf das Machbare reduziert
(Leben+Denken, S.158-159)
-- "Realitätspolitik" wird zum kurzsichtigen Nationalismus
-- fortschrittsfeindliche Tendenzen werden gefördert
-- der Glaube an ein hohes Niveau an
Erfindungen+Wissen+Geist+Ethik entpuppt sich als
Aberglaube bzw. alte Kulturen erweisen sich als gescheiter
als die neuen Technik-Kulturen der Weissen (!)
(Leben+Denken, S.159)
Ende November 1914
Lambarene: Die Internierung für Albert+Helene
Schweitzer wird aufgehoben
-- auf Betreiben eines Herrn Widor wird die Internierung
für Albert+Helene Schweitzer aufgehoben. Sie dürfen nun
auch offiziell wieder Leute heilen
-- in der Freizeit macht Albert an der Kulturanalyse
weiter, z.T. nächtelang mit Gedanken an die Menschen in
den Schützengräben. Der Knackpunkt ist dabei der Vorgang,
warum es möglich ist, ganze Kulturen in den Untergang zu
bringen (Leben+Denken, S.160)
Sommer 1915
Lambarene: Albert Schweitzer hat neue Thesen, wie eine
Kultur verschwindet
Er will nun aber auch wissen, wie man eine Kultur wieder
aufbaut (!) (Leben+Denken, S.160-161)
Die Erkenntnisse von Albert Schweitzer über den
Niedergang von Kulturen: Zuerst geht die Weltanschauung
- dann die Ideale der Kultur - dann die Menschen
-- zuerst kommt eine Katastrophe der Weltanschauung
-- dann zerstört die destruktive Weltanschauung die
Kultur, deren Ideale dann nicht mehr gelten (Leben+Denken,
S.162)
-- Lebensbejahung, Ethik+Fortschrittswille verlieren die
Orientierung (Leben+Denken, S.165)
-- Welten verwandeln sich von ethischen in nicht-ethische
Welt, weil die ethische Welt "nicht wirklich im Denken
begründet war" [die Ethik war nur Fassade]
-- da war edles Denken, enthusiastisches Denken,
Lebensbejahung, Ethik
-- aber dieses Denken war nur oberflächlich, ohne danach
zu leben
-- das Zusammengehören der Elemente ist nur Empfindung,
ohne danach zu handeln (Leben+Denken, S.166):
Zitat:
"Es [das Denken] empfand und erlebte die
Zusammengehörigkeit des Ethischen und der Welt- und
Lebensbejahung mehr, als dass es sie erwies."
(Leben+Denken, S.166)
und:
"Es [das Denken] bekannte sich zu Welt- und
Lebensbejahung und zu Ethik, ohne sich wirklich an sich
und in ihrer innerlichen Verbundenheit ergründet zu
haben." (Leben+Denken, S.166)
Wenn also ein Kultur kaputtgeht, dann war die "edle und
wertvolle Weltanschauung" eher mehr ein Glauben und war
kein reales Handeln und war somit nicht überlebensfähig,
sondern andere Mächte übernehmen den Geist (Leben+Denken,
S.166).
Die Erkenntnisse von Albert Schweitzer über den
Neuaufbau einer Kultur: Ideale+Ethik mit Fortschritt
oder Verneinung von Fortschritt
-- man muss die Ideale neu aufbauen
-- es muss eine Ethik aufgebaut werden, die die Welt und
das Leben vor Gewalt schützt = "Welt- und Lebensbejahung"
Beispiele: Aufgeklärte Technik-Kultur
-- das kann eine fortschrittliche Kultur sein, die die
Weiterentwicklung zulässt [und eine gewaltfreie Politik
macht] (Leben+Denken, S.162)
-- Europa entwickelte den Fortschrittswillen im Alten
Griechenland, dann kam ein Stillstand, das Mittelalter
war durch Jesus-Fantasie-Kirche mit
kirchlich-lebensfeindlicher Repression geprägt, und
gleichzeitig meinten die Rom-Gott-Fantasie-Christen, das
Fantasie-"Übersinnliche" sei der "Sinn des Lebens"
(Leben+Denken, S.163)
-- die Renaissance sagte sich von den
kirchlich-lebensverneinenden Dogmen los, entwickelte
eine neue Ethik und eine "geistig-ethische Welt", die
Leute wollen selbst eine "wirkende Kraft in der Welt
werden" und so werden neue Ideale entwickelt, die dann
die Welt umgestalten (Leben+Denken, S.164)
-- so wird die neuzeitliche Kultur begründet
(Leben+Denken, S.164).
Ebensolche ethisch-fortschrittlichen Kulturen sind:
-- die Zarathustra-Kultur (die dann vom
Mohammed-Fantasie-Islam vernichtet wird: Lebensbejahung,
Ethik und Fortschrittswille verlieren die Orientierung)
-- das chinesische Denken bei Konfuzius (Kung-Tse),
Meng-Tse, Mi-Tse etc. (die dann durch den englischen
Kolonialismus fast total zum Verfall gebracht wird - die
Lebensbejahung, die Ethik und der Fortschrittswille
verlieren die Orientierung [die Mafia der East India
Company aus London lässt in Indien Drogen anbauen, die
dann in China verkauft werden, um China zu zerstören,
dies fliegt erst mit dem Buch von Coleman "Das Komitee
der 300" auf].
Kultur ohne Entwicklung in Indien
-- das kann eine negative Kultur wie in Indien sein, die
jeden Fortschritt als "Torheit" ablehnt, [aber
gleichzeitig gewaltfreie Politik macht] mit einem ewigen
Rückzug ins Innerliche - sowie mit einer
Interessenlosigkeit für die Gesamtheit der Menschheit -
und mit einer Tatenlosigkeit im Sein - und mit dem
einfachsten Abwarten des Nicht-mehr-Seins - und mit der
Erwartung, schlussendlich über den Göttern zu stehen
(Leben+Denken, S.162).
-- so denken die Brahmanen, und nun sollen in Indien
alle Leute wie die Brahmanen werden [ein falsches Ideal]
(Leben+Denken, S.163).
Kultur ohne Entwicklung der Ureinwohner
-- Albert Schweitzer meint, die Ureinwohnerkulturen
("Primitive und Halbprimitive") leben auch einfach so
dahin ohne Fortschrittswille (Leben+Denken, S.163).
Ein Niedergang einer Kultur ist eine Folge der
fortschreitenden Entkräftung der Weltanschauung mit der
ethischen Welt- und Lebensbejahung (Leben+Denken, S.166).
Die Forschung, wie eine neue Kultur entsteht
ab Sommer 1915
-- Albert Schweitzer hält innerlich an der ethischen Welt-
und Lebensbejahung fest (Leben+Denken, S.167)
-- wie eine neue Kultur entsteht, ist für Albert
Schweitzer aber noch unklar (Leben+Denken, S.167-168)
-- alles, was er an Ethik studiert hat, ist unbrauchbar
für die Aufgabe, eine neue Kultur entstehen zu lassen,
also das war "unerforschtes Land" und somit Pionierarbeit:
"Zu meiner Überraschung musste ich also
feststellen, dass die Zentralprovinz der Philosophie, in
die mich das Nachdenken über Kultur und Weltanschauung
geführt hatte, eigentlich unerforschtes Land war."
(Leben+Denken, S.168)
Der Geist von Albert Schweitzer sucht nun nach neuen
Worten und Begriffen (Leben+Denken, S.168).
Der Schlüssel für ein friedliches Leben:
"Ehrfurcht vor dem Leben"
September 1915 (in Gabun Trockenzeit)
Eine Flussfahrt bringt die Lösung: Der Schlüsselbegriff
für eine ganzheitliche Kultur: Ehrfurcht vor dem Leben
Albert und Helene Schweitzer sind am Kap Lopez am Meer zur
Erholung von Helene. Da kommt eine Nachricht, eine
Jesus-Fantasie-Missionarin - Frau Pelot - sollte behandelt
werden, 200km weit weg flussaufwärts in N'Gômô. Ein
Dampfer mit Schleppkahn steht bereit (Leben+Denken,
S.168), Albert Schweitzer steigt noch schnell auf den
Schleppkahn (Leben+Denken, S.169). Ein schwarzer Freund
aus Lambarene - Emil Ogouma - ist mit an Bord auf dem
Schleppkahn, sonst alles unbekannte Schwarze, die den
Albert bei sich mitessen lassen, denn in der Eile konnte
Schweitzer für sich für die Fahrt keine Lebensmittel mehr
kaufen (Leben+Denken, S.168).
Die Fahrt flussaufwärts geht mühsam bei Niedrigwasser
zwischen Sandbänken hindurch. Albert Schweitzer ist an
Deck des Schleppkahns mit Stift und Papier und sucht immer
nach der Lösung für die Entstehung einer Kultur. Am Abend
des dritten Tages fährt der Dampfer mit dem Lastkahn durch
eine Herde Nilpferde, und da kommt Albert Schweitzer der
entscheidende Begriff für eine ganzheitliche Kultur in den
Sinn:
"Ehrfurcht vor dem Leben." (Leben+Denken,
S.169)
Dies gilt für die positiven Kulturen mit Weltbejahung, mit
Lebensbejahung, mit Ethik, mit Kulturidealen
(Leben+Denken, S.169).
Ende 1915ca.
Schlussendlich formuliert Albert Schweitzer die
positiv-ganzheitliche Kultur
Vom Bewusstsein aus kommt der Mensch zur denkenden
Weltanschauung.
Mit dem Bewusstsein denken heisst, ETWAS denken. Die
Menschen mit Ehrfurcht vor dem Leben sind in folgendem
Zustand (Leben+Denken, S.169):
"Ich bin Leben, das leben will, in mitten von
Leben, das Leben will." (Leben+Denken, S.169-170)
Die Selbstreflexion und die Kontrolle des Verhältnisses
zur Umwelt ist der
-- "Wille zum Leben inmitten von Willen zum
Leben"
-- "geheimnisvolle Gehobenheit des Willens
zum Leben" = Lust
-- "Angst vor der Vernichtung+der
geheimnisvollen Beeinträchtigung des Willens zum
Leben"=Scherz (Leben+Denken, S.170).
Den Willen zum Leben bejahen heisst:
-- eine im instinktiven Denken vollzogene Tat wird nun
bewusst realisiert
-- die eigene Existenz ist ein "unergründliches Geheimnis"
(Leben+Denken, S.170).
Zitat Albert Schweitzer:
"Lebensbejahung
ist die geistige Tat, in der er [der Mensch / die
Menschin] aufhört dahinzuleben und anfängt, sich seinem
Leben (Leben+Denken, S.170) mit Ehrfurcht hinzugeben, um
es auf seinen wahren Wert zu bringen." (Leben+Denken,
S.171)
oder:
"Lebensbejahung ist Vertiefung,
Verinnerlichung und Steigerung des Willens zum Leben."
(Leben+Denken, S.171)
Der lebensbejahende Mensch ist ein "denkend gewordener
Mensch"
-- und bringt anderem Leben dieselbe Ehrfurcht entgegen
wie sich selbst
-- und kann sich in anderes "Leben hineinversetzen, mit
Liebe, Hingabe, Mitleiden, Mitfreude, Mitstreben, und mit
Solidarität" (Leben+Denken, S.171).
Die Sittlichkeit (Grundprinzip) der Lebensbejahung
Beschäftigungen und Arbeitsarten sind:
-- Leben erhalten / fördern / entwickeln / auf seinen
höchsten Wert bringen (Leben+Denken, S.171).
Zu vermeidende Tätigkeiten sind:
-- Leben vernichten / schädigen / entwickelbares Leben
niederhalten (Leben+Denken, S.171).
Die ganzheitliche Ethik
Die Ethik weltweit bis 1915
Die Ethik hat sich bis 1915 nur mit dem Verhalten von
Mensch zu Mensch beschäftigt, die Tierwelt und
Pflanzenwelt kommen bei ethischen Überlegungen nicht vor
(Leben+Denken, S.171).
Die ganzheitliche Ethik von Albert Schweitzer ab 1915:
Die helfende Hingabe
Die Ethik ab Albert Schweitzer fordert, auch das Verhalten
von Menschen gegenüber Tieren und Pflanzen mit einem
gewaltfreien Miteinander zu regeln (Leben+Denken, S.171).
Zitat Albert Schweitzer:
"Ethisch ist er [der Mensch / die Menschin]
nur, wenn ihm [ihr] das Leben als solches, das der
Pflanze und des Tieres wie das des Menschen [der
Menschin], heilig ist und er [sie] sich dem Leben, das
in Not ist, helfend hingibt."
und: Die Verantwortung gegenüber allem, was lebt, ist
grenzenlos
und: Die Ethik zwischen Menschen ist nur EIN Teil der
gesamten Ethik, aber ein besonderer Teil: Zitat Albert
Schweitzer:
"Die Ethik des Verhaltens von Mensch zu Mensch
ist nicht etwas für sich, sondern nur ein Besonderes,
das sich aus jenem Allgemeinen ergibt." (Leben+Denken,
S.171)
Die Zerstörung von Leben - der Fleischkonsum
= wenn ein stärkerer Lebenswille einen schwächeren
Lebenswillen zerstört (Leben+Denken, S.171)
-- Tierhaltung und Fleischkonsum zerstören laufend Leben,
das ist ein Leben auf der Basis von zerstörtem Leben
(Leben+Denken, S.171-172)
Zitat Albert Schweitzer:
"Dies [die Solidarität mit anderem Leben] kann
er [der Mensch / die Menschin] aber nicht vollständig
durchführen, weil auch der Mensch unter das rätselhafte
und grausige Gesetz gestellt ist, auf (Leben+Denken,
S.171) Kosten anderen Lebens leben zu müssen und durch
Vernichtung und Schädigung von Leben fort und fort
schuldig zu werden." (Leben+Denken, S.172)
Das Leben ethischer Wesen - die real gelebte "Ehrfurcht
vor dem Leben"
Ethische Wesen machen das Möglichste
-- um anderen nicht zu schaden
-- um sich mit Humanität zu bewähren
-- um andere von Leid zu erlösen (Leben+Denken, S.172).
DAS ist real gelebte Ehrfurcht vor dem Leben mit Ethik und
Lebensbejahung. Dies betrifft alle Verhältnisse zwischen
Mensch / Menschin - Mensch / Menschin
Mensch / Menschin - Tier
Mensch / Menschin - Pflanzenwelt (Leben+Denken, S.172)
All diese Verhältnisse werden untersucht. Wer danach lebt,
hat "die denkende Welt- und Lebensbejahung", was gemäss
Albert Schweitzer "die geistig-ethische Vollendung des
Menschen" darstellt (Leben+Denken, S.172).
Dieser starke, ethische Geist ist widerstandsfähig:
-- der "geistlose Kulturdünkel" kann ihm nichts mehr
anhaben
-- der Wahrheit ins Auge zu schauen wird normal: Also:
-- der Fortschritt von Wissen+Können ist
nicht nur eine positive Entwicklung, sondern kann sich
auch immer ins Negative verkehren: Die "wahre Kultur" wird
nicht leichter
damit, sondern schwerer
-- man erkennt die Wechselbeziehung zwischen
Geistigem+Materiellem
-- Armut ist inakzeptabel (Leben+Denken,
S.172).
-- so kommt die "wahre Kultur" auf
(Leben+Denken, S.173).
1915-1917
Lambarene: Albert Schweitzer entwickelt die Struktur
seiner Kulturphilosophie
Die Kapitel sind die folgenden: Zitat:
"1. Von der gegenwärtigen Kulturlosigkeit und
ihren Ursachen
2. Auseinandersetzung der Idee der Ehrfurcht vor dem
Leben mit den bisherigen Versuchen der europäischen
Philosophie, die Weltanschauung ethischer Welt- und
Lebensbejahung zu begründen
3. Darstellung der Weltanschauung der Ehrfurcht vor dem
Leben
4. Vom Kulturstaat."
Fehlende Bücher für die Ausarbeitung bekommt Schweitzer
vom Zoologieprofessor J. Strohl und von dessen Ehefrau aus
Zürich zugeschickt (Leben+Denken, S.173).
Albert Schweitzer hat dabei die Vorstellung, für ein
"Zeitalter des Friedens" zu arbeiten (Leben+Denken, S.174)
April 1925ca.: Erkenntnis von Albert
Schweitzer: Die Grundlage einer Kultur ist das HANDWERK
- und nicht das Lesen und Schreiben
Albert Schweitzer sieht, dass die Grundlage einer Kultur
das Handwerk ist, das die Menschen zur regelmässigen
Arbeit und zur Zuverlässigkeit erzieht. DAS fehlt in
Afrika. Also eine Kultur beginnt mit dem Handwerk, nicht
mit Lesen und Schreiben (Briefe aus Lambarene, S.589).
Ohne gute Handwerker ist keine Grundlage für ein
kulturelles Leben da, das zeigt sich in Lambarene ganz
klar. Die Schwarzen in Gabun lernen Lesen und Schreiben,
aber kein Werken (Briefe, S.589), und os können sie zwar
verkaufen und schreiben, aber sie können keine soliden
Bauten errichten. Albert Schweitzer schlussfolgert:
Staatskunde gemäss Albert Schweitzer:
Intellekt und Handfertigkeit müssen ZUSAMMEN
ausgebildet werden, das ist die "gesunde Basis
für den Aufstieg". (Briefe aus Lambarene, S.590)
"Hätte ich etwas zu sagen, so dürfte mir kein
Schwarzer Lesen und Schreiben lernen, ohne zugleich
Lehrling in einem Handwerk zu sein. Keine Ausbildung des
Intellekts ohne gleichzeitige Ausbildung der
Handfertigkeit! Nur so wird eine gesunde Basis für den
Aufstieg geschaffen." (Briefe aus Lambarene, S.590)
Staatskunde gemäss Albert Schweitzer:
Staatskunde: Strassen und Eisenbahn in fremden
Kontinenten nützen nichts, weil die Gehirne der
Urbevölkerung damit nicht geschult werden
Wenn Ausländer Strassen oder Eisenbahnen bauen, ist damit
noch nichts verändert. "Tüchtig" werden die Schwarzen
durch Menschenrechte und Handwerk. Auf dieser Basis kommt
die Kultur. Also:
--> Holzhauer --> Säger in Sägemühlen -->
Schreiner und Zimmermänner bauen mit den gesägten Hölzern
die Häuser.
Wenn das nicht so entwickelt wird, dann bleibt die
Bevölkerung bei ihren Bambushütten und etwas Geld mit ein
paar Konsumgütern stecken, die Mentalität ändert sich dann
aber nicht (Briefe aus Lambarene, S.590). Albert Steiner
Zitat:
"Wie lächerlich kommt es mir vor, wenn ich
lese, dass Afrika der Kultur erschlossen wird, weil eine
Eisenbahn jetzt bis dahin geht, das Automobil bis
dorthin vordringt und ein Flugzeugdienst von da nach da
eingerichtet werden soll. Damit ist gar nichts erreicht.
"Inwieweit werden die Schwarzen tüchtige Menschen?" Dies
ist das einzige, worauf es ankommt. Tüchtig werden sie
durch religiöse und sittliche Unterweisung und durch das
Handwerk. Alles andere hat erst einen Sinn, wenn dieser
Grund gelegt ist.
Und von allen Handfertigkeiten ist die des Sägers
wiederum die wichtigste. Der Säger schafft aus den
Stämmen Bretter und Balken, aus denen wohnliche Häuser
gebaut werden können. Ehe es Sägemühlen gab, haben
unsere Voreltern Balken und Bretter von Hand gesägt. Und
wenn die Schwarzen nicht denselben Weg gehen, so bleiben
sie eben Wilde, mag einer oder der andere als Schreiber
auch das Geld verdienen, um seinem Weibe seidene
Strümpfe und Schühlein mit hohen Absätzen aus Europa
kommen zu lassen. Beide samt ihren Nachkommen werden sie
ja weiter in Bambushütten wohnen." (Briefe aus
Lambarene, S.590)
Säger können manuell zu zweit arbeiten, pro Tag 10 Bretter
oder Balken anfertigen (Briefe aus Lambarene, S.590-591).
Afrikas Regierungen merken die Wichtigkeit der
Sägereien nicht und so bleibt die Bevölkerung
in Bambushütten (Briefe aus Lambarene, S.591). Zitat
Albert Schweitzer:
"Um Balken und Bretter aus einem Baumstamm zu
sägen, legt man diesen über eine zwei Meter tiefe und
vier Meter lange Grube. Mit einer langen geraden Säge
wird er dann von zwei Sägern in Angriff genommen, von
denen der eine auf dem Baume, der andere in der Grube
steht. Der Weg der Säge ist durch sich entsprechende
Striche auf der Ober- und Unterseite des Baumstamms
(Briefe, S.590) vorgezeichnet. Die Kunst besteht darin,
genau senkrecht zu sägen und oben und unten im Striche
zu bleiben. Dies erfordert einige Übung. Zwei gut
aufeinander eingearbeitete Säger bringen am Tage etwa 10
Bretter oder Balken fertig.
Dieses für hier wertvollste Handwerk wird als zu einfach
und zu anstrengend am wenigsten geachtet. Darum leben
die Leute in elenden Hütten, wo sie in Häusern aus
Mahagoni wohnen könnten! Ich selber aber finde nicht
einmal zwei Säger zum Zerlegen einiger dicker Balken in
dünnere!" (Briefe aus Lambarene, S.591)
-- der weisse Kolonialist zerstört so die afrikanische
Gesellschaft durch Lockvogelpolitik in die "Ferne"
(Zwischen Wasser+Urwald, S.424)
-- man müsste die Leute in den Dörfern lassen und DORT
Handwerker ausbilden (Zwischen Wasser+Urwald, S.423-424)
-- man müsste konsequent Pflanzungen anlegen und den
Hausbau verbessern (Zwischen Wasser+Urwald, S.424)
Die Gefahr der Sklaverei
Die Regierung vergibt "Konzessionen" an grosse
Gesellschaften über grosse Gebiete
-- solche "Konzessionen" an grosse Gesellschaften können
zu Sklaverei ausarten wie im belgischen Kongo, oder es
kann erzieherische Wirkung haben wie am Oberlauf des Ogowe
in Gabun im Gebiet der "Gesellschaft des oberen Ogowe"
(Zwischen Wasser+Urwald, S.426)
-- ein Staat muss Leute haben, die die Truppen ernähren
und unterhalten (Zwischen Wasser+Urwald, S.426)
-- frische Nahrung und Urwaldwege bei dünner Besiedelung
und langen Distanzen sind schwere Aufgaben für Afrika
(Zwischen Wasser+Urwald, S.427)
Der Vergleich mit Kamerun
-- in Kamerun wurde ein Strassennetz durch den Urwald
gebaut
-- Frauen müssen Fronarbeit zum Wegeunterhalt leisten
-- man sieht, das Strassennetz nützt der Urbevölkerung nur
bedingt, bringt aber neue Sklaverei (Zwischen
Wasser+Urwald, S.428)
Albert Schweitzer fordert die Erhaltung
der Eingeborenenbevölkerung
-- Albert Schweitzer fordert: Die Erhaltung der
Eingeborenenbevölkerung muss erste Priorität haben
(Zwischen Wasser+Urwald, S.428)
-- Bildung für Schwarze fängt mit der Landwirtschaft und
mit Handwerk an, einige sollen auch Sprachen und Handel
können, diese hochgebildeten Regierungsbeamten sind aber
dann entwurzelt und anfällig für Alkohol und hohe
Kriminalität, und sie legen ihre schwarze
Verschwendungssucht nicht ab und bleiben trotz hohem Lohn
dann weiterhin arm
-- die Entwicklung der Gesellschaft und die Ethik ist also
mit Bildung allein nicht gelöst (Zwischen Wasser+Urwald,
S.428).