„Die Epidemie stellte nie ein Infektionsgeschehen von nationaler Tragweite dar.“ Das schreiben Sucharit Bhakdi, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie sowie langjähriger Universitätswissenschaftler in Mainz, und Karina Reiß, Biologin und Professorin an der Universität Kiel, in ihrem gemeinsamen Buch „Corona Fehlalarm?“. Die durch das Sars-CoV-2-Virus ausgelöste Erkrankung gefährde insbesondere ältere Menschen mit mindestens einer ernsten Vorerkrankung, betonen beide. „Je nach Land und Region verlaufen insgesamt 0,02 bis 0,4 Prozent der Infektionen tödlich, vergleichbar mit saisonaler Grippe.“
Bhakdi gehört zu den Wissenschaftlern und Experten wie der Lungenarzt und Epidemiologe Wolfgang Wodarg, die von Beginn an die am 11. März von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgerufene Pandemie kritisch bewerten. Das gilt ebenso für die politisch beschlossenen massiven Beschränkungen des gesellschaftlichen Lebens bis hin zum „Lockdown“. Die sollen angeblich verhindern, dass sich das Virus Sars-Cov 2 und die von ihm laut WHO ausgelöste Krankheit Covid-19 zu schnell ausbreiten.Bhakdi hatte sich Ende März mit einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt und auf die „unabsehbaren sozio-ökonomischen Folgen der drastischen Eindämmungsmaßnahmen“ hingewiesen. Auf seine fünf Fragen zu den Grundlagen für die Maßnahmen wie den Kontaktsperren bekam er keine Antwort aus dem Bundeskanzleramt.
Ins Medienvisier geraten
Für seine Kritik nahmen ihn bereits nach seinen ersten Videos auf der Plattform Youtube selbsternannte „Faktenchecker“ öffentlich-rechtlicher und privater Medien ins Visier. Sie behaupteten unter anderem, dass die Zahlen des Wissenschaftlers falsch seien. Das Ende Juni veröffentlichte Buch von Reiss und Bhakdi bietet nun die Möglichkeit, genauer nachzulesen und nachzuprüfen, wie der Wissenschaftler seine Kritik begründet. Seine Erkenntnisse stützt er auf zahlreiche Studien und Beiträgen anderer Experten, auf die er in zahlreichen Fußnoten hinweist. Der Arzt und Wissenschaftler belegt mit Daten und Fakten, warum die offiziellen Erklärungen zu Sars-Cov 2 und Covid-19 aus seiner Sicht falsch sind.Dazu gehört ein kleines Detail zur Frage, ob der vom Virologen Christian Drosten mitentwickelte PCR-Test tatsächlich so aussagefähig dazu ist, ob jemand mit Sars-Cov 2 infiziert ist, wie dieser behauptet. Bhakdi verweist auf einen Twitter-Eintrag von Drosten vom 13. April, in dem dieser schrieb:
„Klar: Gegen Ende des Verlaufs ist die PCR mal positiv und mal negativ. Da spielt der Zufall mit. Wenn man Patienten 2 x negativ testet und als geheilt entlässt, kann es zu Hause durchaus noch mal zu positiven Testergebnissen kommen. Das ist deswegen noch längst keine Reinfektion.“
Es sei klar, dass der Test fehleranfällig ist, so Reiss und Bhakdi, was auch andere Wissenschaftler inzwischen bestätigten. „Tatsächlich gibt es allerdings keinen Labortest, der 100 Prozent zuverlässig ist“, schreiben die beiden. Das scheint selbst bis zu Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgedrungen zu sein, der kürzlich auf der Plattform Twitter vor den geplanten Massentests in Bayern warnte: „Es wiegt in falscher Sicherheit, erhöht das Risiko falsch-positiver Ergebnisse und belastet die vorhandene Testkapazität.“
Verlässliche Zahlen fehlen
Doch das kümmert Spahn anscheinend nicht weiter, ebenso jene Politiker nicht, die wie er an den Beschränkungen – zwar gelockert – festhalten. Unberührt lässt es anscheinend gleichfalls jene in den Medien nicht, die mit den täglich gemeldeten positiven Testergebnissen weiter Angst vor dem Virus machen. Eine auch von Bhakdi frühzeitig geforderte repräsentative Test-Studie als Bevölkerungsstichprobe gab es nie. Sie wurde vom verantwortlichen Robert-Koch-Institut (RKI) nie in Auftrag gegeben, wie selbst der Virologe Hendrik Streeck verwundert feststellte.„Je mehr getestet wird, desto mehr ‚Corona-Infizierte‘ bekommen wir“, erklären Reiss und Bhakdi. Dann werde von einer „Laborpandemie“ gesprochen, die aber nicht die reale Lage beschreibe:
„Halten wir fest, wir haben keine verlässlichen Zahlen über die Anzahl an Sars-Cov-2-Infizierten in diesem Land und auch die Chance verpasst (Heinsberg-Studie ausgenommen), verlässliche Daten zu generieren. Klar ist, dass die Anzahl um ein Vielfaches höher sein musste als die vom RKI präsentierten Zahlen.“
Die beiden Autoren setzen sich auch mit der Zahl derjenigen auseinander, die „in Zusammenhang mit Covid-19-Erkrankungen“ sterben, wie die offizielle RKI-Definition dafür lautet. Etwas über 9.000 sogenannte Corona-Toten gibt es den RKI-Angaben nach bisher in der Bundesrepublik. Das Berliner Institut hatte lange Zeit davon abgeraten, diese Verstorbenen zu obduzieren, angeblich wegen der Gefahr für die Mediziner.
Nicht gewollte Erkenntnisse
Reiss und Bhakdi verweisen auf den Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel, der sich nicht daran hielt und alle angeblichen Opfer des Virus in der Hansestadt untersuchte:
„Er stellte fest, dass kein einziger Verstorbener zuvor gesund gewesen war. Alle hatten mindestens eine, die meisten mehrere Vorerkrankungen – jeder zweite litt unter koronaren Herzerkrankungen. Dazu kamen Bluthochdruck, Arteriosklerose, Diabetes oder Fettleibigkeit, Krebs, Lungen- oder Nierenleiden oder Leberzirrhose.“
Doch nur in Hamburg seien solche Untersuchungen vorgenommen worden, so die Autoren. Sie bedauern, dass das verantwortliche und tonangebende Berliner RKI, das dem Bundesgesundheitsministerium unter Spahn untersteht und vom Tiermediziner Lothar Wieler geleitet wird, keine Transparenz an den Tag legte und legt. Das sei nicht nur bei der Frage der Fall, ob Menschen an oder mit dem neuen Corona-Virus sterben.
Vergleich mit Grippe-Viren
Reiss und Bhakdi machen deshalb auf das aufmerksam, was der Epidemiologe John P. A. Ioannidis von der Stanford Universität in den USA dazu feststellte:
„Für Deutschland kam er Anfang Mai zu dem Ergebnis, dass das Risiko, an Covid-19 zu versterben, für eine Person unter 65 Jahren so hoch war wie bei einer täglichen Autofahrt von 32 km. Selbst für Personen über 80 Jahre war das Risiko relativ gering. In Deutschland lag die Zahl bei 7 pro 10.000 Menschen.“
Reiss und Bhakdi vergleichen die Gefährlichkeit des neuen Corona-Virus und von Covid-19 mit der jener Viren, die Grippe bzw. Influenza auslösen. In Folge der Grippe-Wellen sterben jährlich Tausende: 2017/18 waren laut RKI geschätzt „25.100 Menschen in Deutschland durch Influenza gestorben“. RKI-Chef Wieler erklärte damals: „Das ist die höchste Zahl an Todesfällen in den vergangenen 30 Jahren.“
„Trotz dieser schweren Grippewelle gab es – vernünftigerweise – keine Ausgangsbeschränkungen und Eingriffe in die Freiheitsrechte der Menschen, die das soziale/ökonomische Leben maximal gefährdet hätten“, erinnern die beiden Wissenschaftler in ihrem Buch. „Deutschland hat wie in allen vergangenen Jahren die Epidemie gut überstanden.“
Kein hochgefährliches „Killervirus“
Mit Blick auf die bekannten Daten zu den Sterbefällen „in Zusammenhang mit Covid-19-Erkrankungen“ kommen sie zu dem Schluss: „Die Sterblichkeit ist mit einer klassischen mittelschweren Grippewelle durchaus vergleichbar.“ Das würden die Informationen aus anderen Ländern ebenso wie die Analysen internationaler Experten bestätigen.
„Das Entscheidende ist, dass sich Sars-CoV-2 in keinem Land der Welt als ‚Killervirus‘ herausgestellt hat, so wie es von den Medien deklariert wurde.“
Das Buch von Reiss und Bhakdi macht einschließlich von Tabellen und Grafiken nachvollziehbar, warum sie die Pandemie, die die Welt gefangen hält, so einschätzen. Sie machen ebenso auf dahinterstehende Interessen aufmerksam und erinnern an das Beispiel der „Schweinegrippe“ 2009 samt der Rolle von WHO und RKI bei der damals ausgerufenen Pandemie.
Totalversagen der etablierten Medien
An den lückenhaften Darstellungen und Deutungen zur damaligen Situation beteiligen sich hierzulande wie international die etablierten Medien. Sie tun es derzeit wieder mit einer Einseitigkeit, die alle Regeln des Journalismus ignoriert. Das ist ebenfalls Thema im Buch von Reiss und Bhakdi, die den öffentlichen Medien in der Bundesrepublik ein „totales Versagen“ bescheinigen.
„Ungefiltert wurden Horrorbilder und Horrorzahlen transportiert – morgens, mittags, abends. Ständig wird darüber berichtet, dass jemand warnt, Herr Drosten, Herr Wieler, Herr Spahn, Frau Merkel – warum hat nicht mal jemand kritisch hinterfragt oder recherchiert, ob diese Warnungen berechtigt waren? Anstatt zu erklären, dass die meisten Menschen in diesem Land sich keine Sorge machen müssten, wurde ständig Angst geschürt.“
Die etablierten Medien, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, hätten keine offene Diskussion über verschieden Sichten über Ursachen und Wege des Umgangs mit der Pandemie ermöglicht. Stattdessen sei die Bevölkerung mit Aussagen der immer gleichen Experten Zahlenspielen in Angst versetzt und gehalten worden. Kritiker wie der Lungenarzt Wodarg, Bhakdi selbst und andere seien zudem diffamiert und diskreditiert worden. Dabei seien auch Aussagen verfälscht worden, wie die Autoren selbst erlebten.
Ratschlag aus Großbritannien
Sie zitieren in ihrem Buch dazu den britischen Virologen John Oxford, der Ende März dieses Jahres den Ratschlag gab, „weniger Zeit mit Fernsehnachrichten zu verbringen, die sensationell und nicht sehr gut sind.“ Oxford sagte auch:
„Ich persönlich halte diesen Covid-Ausbruch für eine schlimme winterliche Grippeepidemie. In diesem Fall hatten wir im letzten Jahr 8.000 Todesfälle in den Risikogruppen, d.h. über 65 Prozent Menschen mit Herzkrankheiten usw. Ich glaube nicht, dass dieser aktuelle Covid diese Zahl überschreiten wird. Wir leiden unter einer Medienepidemie!“Das Buch von Reiss und Bhakdi kann helfen, die von Oxford benannte Medienepidemie, die auch eine politisch beförderte Panikepidemie ist, besser zu verstehen. Die Diagnose der Ursachen für ihren Ausbruch ist wichtig für die Therapie. Insofern kann das Buch der beiden anerkannten Wissenschaftler eine Art Arznei gegen die fortgesetzte Angstmache von regierender Politik und etablierten Medien bieten.
Auf jeden Fall ist es lesenswert, nicht nur, weil das 159-seitige Taschenbuch nicht als dicker wissenschaftlicher Wälzer daherkommt. Und es bietet Stoff für Diskussion aufgrund von Daten, Fakten und sachlichen Informationen, ohne dass die Sichten oder Schlussfolgerungen der Autoren geteilt werden müssen.>