7.2.2020: Der Wassertropfengenerator: Elektrischer Strom aus Wassertropfen: Neuartiger
Tropfen-Generator erzeugt nutzbaren Strom schon aus
kleinsten Wassermengen
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<Nadja Podbregar
Klein, aber oho: Forscher haben ein System
konstruiert, das aus fallenden Wassertropfen Strom
erzeugt. Schon ein Tropfen genügt dabei, um 100 kleine
LEDs zum Leuchten zu bringen. Möglich wird dies durch
eine Kombination von Teflon, dem Halbleiter
Indiumzinnoxid und einer Aluminiumelektrode. Trifft
ein Tropfen auf dieses Ensemble, entsteht elektrischer
Strom. Dies eröffne ganz neue Möglichkeiten der
Stromerzeugung, berichten die Forscher im Fachmagazin
„Nature“.
Aus Wasser lässt sich elektrische Energie gewinnen –
das belegen Wasserkraftwerke an Staudämmen,
Laufwasserkraftwerke
oder Gezeitenkraft-Anlagen.
Auch zur Speicherung
von Energie kann man Wasser nutzen. Allerdings benötigen
all diese Systeme größere Wassermengen, um effizient zu
arbeiten. Anders ist dies bei Testsystemen, die auf dem
triboelektrischen
Effekt beruhen: Bei diesen verursacht schon der
Kontakt bestimmter Materialien mit Wasser eine
elektrostatische Aufladung und erzeugt so Strom – wenn
auch in sehr geringen Mengen.
Teflon, ein Halbleiter und ein paar Aluminiumstückchen
Doch es geht auch anders: Forscher unter Leitung von
Zuankai Wang von der City University Hongkong haben nun
einen Generator entwickelt, der aus einzelnen
Wassertropfen elektrischen Strom erzeugt – und dies
tausendfach effizienter als bisherige Ansätze dieser
Art. Ähnlich wie bei den triboelektrischen Systemen
geruht auch ihr Tropfen-Generator auf der Wechselwirkung
der Wassertropfen mit bestimmten Materialien.
Das Gerät besteht aus einer Schicht des Halbleiters
Indiumzinnoxid (ITO), auf die das Polymer
Polytetrafluorethylen (PTFE) aufgetragen ist – besser
bekannt als Teflon. Dieses elektrisch isolierende
Material ist ein sogenannter Elektret, das elektrische
Ladungen speichern oder beispielsweise durch Reibung
ansammeln kann. Ein kleines Aluminiumstück verbindet
beide Schichten und dient als Elektrode.
Sich akkumulierende Ladungen
Fällt nun ein Wassertropfen auf dieses Ensemble,
breitet er sich auf der wasserabweisenden
Teflon-Oberfläche aus und erzeugt dort durch
elektrochemische Wechselwirkungen eine elektrische
Aufladung. Im Gegensatz zu bisherigen
Tropfen-Generatoren geht diese elektrische Energie nicht
nach jedem Tropfen wieder verloren, sondern akkumuliert
sich. „Mit steigender Zahl der auftreffenden
Wassertropfen nimmt die Ladung der Oberfläche zu“,
berichten Wang und sein Team. „Nach rund 16.000 Tropfen
erreicht die Oberflächenladung einen stabilen Wert von
rund 50 Nanocoulomb.“
Nun kommt ein zweiter Prozess zum Tragen: Das sich auf
der Oberfläche ausbreitende Wasser bildet eine Brücke
zwischen der Aluminiumelektrode und der ITO- und
Teflonschicht. Dadurch entsteht ein elektrischer
Stromkreis, durch den die Ladung abfließen kann. Wie die
Forscher erklären, ähnelt die Funktionsweise des Systems
dabei dem eines Feldeffekttransistors. Ihren Angaben
zufolge erreicht der Tropfen-Generator dabei eine
Energiedichte von 50 Watt pro Quadratmeter.
Ein Tropfen bringt 100 LEDs zum Leuchten
In ersten Tests erzeugte ein Prototyp dieses
Tropfen-Generators bereits tausendmal mehr Energie als
herkömmliche Systeme: „Ein Tropfen von 100 Mikrolitern
Leitungswasser, der aus 15 Zentimetern Höhe fällt, kann
eine Spannung von 140 Volt und eine Stromstärke von 270
Mikroampere erzeugen“, berichten Wang und sein Team.
„Diese elektrische Energie reicht aus, um hundert kleine
LEDs zum Leuchten zu bringen.“
Nach Angaben der Forscher lässt sich ihr
Tropfen-Generator nicht nur mit Leitungswasser nutzen,
sondern auch für Meerwasser und Regentropfen. Für den
Einsatz im Regen passten sie die Konstruktion so an.,
dass das Regenwasser zunächst aufgefangen und dann durch
eine Kapillare in kleine, regelmäßig fallende Tröpfchen
geteilt wird. Auf ähnliche Weise kann auch Meerwasser
dosiert werden.
„Indem wir den Durchmesser der Kapillare und die
Fallhöhe justieren, können wir die Größe und
Geschwindigkeit der Tropfen kontrollieren und so auch
die entstehende Energiemenge“, erklären Wang und seine
Kollegen.
Erneuerbare, dezentrale Energie
Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnet diese
Technologie neue Möglichkeiten, die Energie des Wassers
zu nutzen. „Die kinetische Energie des fallenden Wassers
stammt aus der Schwerkraft und kann daher als frei
verfügbar und erneuerbar angesehen werden“, sagt Wang.
„Sie sollte daher besser genutzt werden. Strom aus
Wassertropfen statt aus Erdöl oder Atomkraft könnte die
nachhaltige Entwicklung der Welt voranbringen.“
Gerade für die dezentrale Stromerzeugung sei der
Tropfen-Generator bestens geeignet. Überall fort wo
Regen fällt oder Gewässer vorhanden sind, könnte mit ihm
elektrische Energie gewonnen wreden – selbst am Rumpf
einer Fähre oder auf der Oberfläche eines Regenschirms.
(Nature, 2020; doi:
10.1038/s41586-020-1985-6)